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Ford setzt auf das Weltauto-Konzept

Jürgen Rees
Jürgen Rees Ehem. Redakteur Technik & Wissen

Ford ächzt in Europa unter einer Fülle von Problemen: Milliardenverluste, Überkapazitäten, Umsatzrückgang, Rabattschlachten und der Marktstart für ein wichtiges Modell verschoben. 15 neue Modelle und das Weltauto-Konzept sollen es richten.

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Im Gegensatz zu den florierenden Geschäften in Nordamerika fährt Ford im Europageschäft Milliardenverluste ein. Jetzt geht Ford in die Modelloffensive. Quelle: dpa

Alle reden von den Problemen und Sorgen bei Opel. Zu Recht. Doch ein wenig geht dabei jedoch der Konkurrent Ford unter. Die Statthalter des US-Konzerns, Deutschland-Chef Bernhard Mattes und Europa-Boss Stephen Odell, sind gerade nicht zu beneiden.  Beide kämpfen sie mit einer Fülle schlechter Nachrichten. In Europa hat Ford 2012 einen Verlust von mehr als 1,5 Milliarden Dollar angehäuft, der Absatz ist um 13 Prozent eingebrochen.

Die Krise auf den Märkten in Italien, Spanien und England, wo Ford traditionell stark ist im Geschäft mit Privatkunden, hinterlässt tiefe Spuren. In Deutschland ist die Lage nicht besser: Der Marktanteil sank von mehr als sieben Prozent auf nur noch 6,7 Prozent. Keine Frage: Der Markt ist für alle schwierig. Bevor sich die Schulden-Misere ausbreitete, wurden in ganz Europa in Spitzenzeiten rund 16 Millionen Autos verkauft. 2012 waren es dann noch zwölf Millionen Neuwagen - so wenige wie seit 1995 nicht mehr.

Und viele Experten fürchten, dass auch 2013 nicht besser wird: Im Januar sackten die Neuzulassungen gar auf einen historischen Tiefstand seit Beginn der statistischen Aufzeichnungen ab. Auf dem europäischen Markt werden nach Einschätzung von Fachleuten im kommenden Jahr voraussichtlich so wenige Autos verkauft wie seit zwanzig Jahren nicht - und zugleich rund ein Viertel weniger als im Rekordjahr 2007. Ford Europa könnte dann am Ende des Jahres ein Minus von zwei Milliarden Euro beklagen.

Zu viel. Deshalb hat die Europatochter des US-Konzerns einen harten Sanierungsplan vorgelegt. Denn ihr Chef Odell hält die Schwäche in Europa nicht für ein rein konjunkturelles Phänomen - er glaubt, dass die Probleme strukturell und von dauerhafter Natur sind. In Europa werden demnach zu viele Autos produziert. Deshalb machen die Amerikaner in Europa drei Werke dicht, im belgischen Genk sowie die beiden britischen Fabriken in Southampton und Dagenham. Rund 5.700 Ford-Beschäftigte sind davon betroffen.

Die Werksschließung hat nicht nur für die Beschäftigten unangenehme Folgen: Ausgerechnet bei einem der wichtigsten Modelle im Angebot der Kölner, verschiebt sich dadurch der Marktstart deutlich nach hinten auf Mitte bis Ende des Jahres 2014. Als Fusion wird das Modell zwar bereits in den USA verkauft. Doch der neue Mondeo sollte im belgischen Genk gebaut werden.

Die "One Ford-Strategie"

Der Standort Genk aber wird Ende 2014 geschlossen. Bis dahin läuft dort noch der aktuelle Mondeo vom Band, der sich damit viel länger als geplant gegen teilweise deutlich neuere Konkurrenten wie den Mazda 6, VW Passat oder den Opel Insignia behaupten muss. Künftig soll der Mondeo im spanischen Ford-Werk in Valencia gebaut werden.

Als wenn das noch nicht reichen würde, stöhnen die Ford-Chefs über die Rabattschlacht auf den deutschen und anderen europäischen Märkten. Rabatte von 20 Prozent sind eher die Regel als die Ausnahme. Da bleibt vor allem bei kleineren Autos wie dem KA, dem Fiesta oder auch dem Focus für die Händler eine deutlich geringere Gewinnmarge. Und die Marktanteile werden teuer erkauft. Vielleicht liegt es daran, dass Odell erst wieder für 2015 schwarze Zahlen für Ford Europa erwartet.

Trotzdem machen die Ford-Chefs Mattes und Odell auf Zuversicht: Sie verweisen auf die Modelloffensive in den nächsten fünf Jahren. 15 neue Fahrzeuge soll es geben, unter anderem auch eine Neuauflage des Klassikers Mustang. Noch im März starte zudem der gefragte und erneuerte SUV Kuga neu, im Herbst folgt der kleinere SUV Ecosport, der Ford Transit ist erneuert, das Nischenmodell B-Max auf dem Markt und der Fiesta aufgefrischt.

Voranbringen soll Ford auch ein neues altes Konzept: Nicht nur beim Mondeo, sondern auch beim nächsten Fiesta verfolgen die Ford-Manager einem Traum, den sie "One Ford-Strategie" nennen: Ein Auto, das sich in gleicher Form auf allen Kontinenten erfolgreich verkaufen lässt. Je mehr Gleichteile für Autos in unterschiedlichen Märkten eingekauft werden können, desto billiger werden sie. Und zwar so viel billiger, dass die Ford-Manager selbst große Risiken eingehen: Selbst kleine Fehler können plötzlich riesige Auswirkungen haben, wie vor zwei Jahren, als Toyota acht Millionen Autos zurückrufen musste.

Ob die "One Ford-Strategie" dieses Mal aufgeht? Schon der erste Mondeo, der von 1993 bis 2000 produziert wurde, war ein Weltauto. Weil er allen gefallen wollte, sah er enorm langweilig aus.

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