Autozoom

Ganz Smart zum Gipfelkreuz

Franz W. Rother Chefredakteur Edison

Pedelecs, Fahrräder mit elektrischer Trittunterstützung, finden nun auch in Deutschland rasante Verbreitung. Mit Smart und BMW steigen die ersten Autohersteller in das Geschäft mit der einspurigen Elektromobilität ein. Ein Selbstversuch mit dem neuen Smart e-Bike im Montafon.

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Das Pedelec e-Bike von Smart mit einem 250 Watt starken Elektromotor von BionX in der Hinterradnabe. Quelle: PR

Der Plan sah auf dem Papier für einen versierten, halbwegs trainierten Mountainbiker verlockend aus, schien in der zur Verfügung stehenden Zeit auch locker zu schaffen: Start kurz nach Mittag in Partenen, auf der Silvretta-Hochalpenstraße rauf bis zur Biehlerhöhe und zum Koppsee und anschließend über Feldwege zurück zum Ausgangsort. In drei Stunden sollte die gut 35 Kilometer lange Strecke zu schaffen sein, ging es mir durch den Kopf, als ich Terrain und Strecke am Computer mit Hilfe von Google Earth sondierte.

Zumal für die Tour ein Fahrrad der besonderen Art zur Verfügung stand: Das nagelneue Smart e-Bike mit einem 250 Watt starken Elektromotor von BionX in der Hinterradnabe und einer Lithium-Ionen-Batterie im Alu-Rahmen, deren 423 Wattstunden für 100 Kilometer Fahrstrecke reichen soll. Ein Jahr Arbeit und jede Menge Gehirnschmalz steckt in dem schicken Hochleistungs-Pedelec (Pedal Electric Cycle), das Ingenieure von Smart zusammen mit den Spezialisten der renommierten E-Bike-Manufaktur Grace aus Berlin entwickelt haben und das in diesen Tagen zum Preis von 2849 Euro in den Handel kommt.

Eine kleine Alpentour sollte damit zu schaffen sein. Der Himmel ist finster, die Straße nass von einem Regenschauer. Egal. Zusammen mit dem Daimler-Elektronikspezialisten und Hobby-Rennradler Jochen Eck nehme ich die Tour in Angriff.

Bei 20 km/h kommt Freude auf

Die ersten Kilometer durch das Dorf und aus Partenen hinaus in die Berge verlaufen einigermaßen flach. Das gibt Zeit, die technischen Details des Pedelec zu inspizieren und zu diskutieren. Das Smart e-Bike in Crystal White, so der erste Eindruck, schmeichelt mit seiner gefälligen Form und dem kunstvoll in den Rahmen integrierten Akku nicht nur dem Auge, sondern weiß mit pfiffigen Details und einer hochwertigen Ausstattung zu begeistern.

Die hydraulischen, gut dosierbaren wie kräftig zupackenden Scheibenbremsen von Magura schätze ich auch an meinem Moutainbike. Etwas exotischer erscheint da zunächst der Carbon-Zahnriemen, der statt der traditionellen Kette die Pedalkräfte vom Tretlager auf das Hinterrad überträgt, ölfrei, geräuscharm, effektiv. Da gibt es nichts zu meckern. Auch nicht über das serienmäßige LED-Tagfahrlicht oder den Sitzkomfort.

Als die Steigung etwas hinter dem Schlagbaum, der die Zufahrt zur mautpflichtigen Silvretta-Höhenstraße regelt, heftiger wird, schalte ich per Knopfdruck den Elektromotor an und die vierstufige Trittunterstützung hinzu. Schon geht es spürbar leichter bergan, in Stufe zwei steigt die Geschwindigkeit schnell auf 20 km/h – da kommt Freude auf. Jochen Eck mahnt mich jedoch, mit den eigenen und den Kräften der Batterie hauszuhalten: „Sonst kommen wir den Berg nicht rauf.“

Bei dem Berg kommt man schnell aus der Puste

Nach zwei Stunden ist Franz Rother endlich auf der Bielerhöhe. Der Akku des e-Bike ist am Ende seiner Kräfte. Quelle: Privat

In der Tat: Wir haben noch ein ordentliches Stück Strecke vor uns: Bis zur Bielerhöhe sind es zwar nur drei Kilometer Luftlinie, doch auf der Straße trennen uns noch 30 Kehren und 700 Höhenmeter von unserem Zwischenziel 2032 Meter über dem Meeresspiegel. Und das mit einem Fahrrad, das 26,1 Kilo auf die Waage stemmt – mein eigenes Mountainbike wiegt nicht einmal halb so viel. Tatsächlich habe ich die nächste Stunde nur wenig Freude an der grandiosen Bergkulisse des Montafon – die Alpenpasstraßen fordert vollen Einsatz. Vielleicht hätte ich doch etwas kräftiger frühstücken sollen.

Steigungen von bis zu 14 Prozent zeigen mir und auch dem Pedelec gewisse Grenzen auf: Die Dreigang-Nabenschaltung von SRAM, die zusammen mit dem Elektromotor in der voluminösen Nabe des Hinterrades steckt, mag im Flachland und in den Mittelgebirgen gute Übersetzung bieten, ist aber bei alpinen Verhältnissen überfordert. Nutzbar ist beim Aufstieg am Berg eigentlich nur der zweite Gang. Und wer meint, gemütlich mit 10 km/h den Berg hinaufschleichen zu müssen, kommt schnell aus der Puste: „Es mag jetzt komisch klingen: Aber mit 16 km/h fährt es sich einfacher“, ruft mir Mitfahrer Eck zu, in dessen Windschatten ich zu bleiben versuche. Er hat gut reden. Aber tatsächlich arbeitet die Trittunterstützung erst jenseits von 16 km/h optimal.

Also Zähne zusammen beißen, fester treten, schneller fahren. Und tatsächlich: der künstliche Rückenwind, für den der Elektromotor sorgt, wird kräftiger. Geschwind geht es nun die letzten Kehren hinauf, der Passhöhe entgegen. Oben wird das Gelände auch flacher – die Atmung und die Ladeanzeige des Akkus aber auch. Als ich nach zwei Stunden endlich die Bielerhöhe erreiche und beim Blick über den Silvretta-Stausee kräftig durchschnaufe, ist der Akku des e-Bike am Ende seiner Kräfte.

Das Pedelec ist für knapp 3000 Euro zu haben

Aber von nun an geht es bergab. Und auf den kommenden fünf Kilometern habe ich reichlich Gelegenheit, beim Bremsen über die Vorderradbremse die Batterie wieder aufzuladen. Und bremsen muss ich häufig – die steife Vorderradgabel gibt bei der Bergabfahrt jede Unebenheit im Boden erbarmungslos an die Handgelenke weiter. Dagegen hilft nur eins: Runter mit dem Tempo! Auch Sprünge mit dem Pedelec sollte man aus dem Grund tunlichst vermeiden.

Wer also das Smart-Rad partout im Gelände einsetzen möchte, sollte auf die geplante Version mit Federgabel warten. Wer aber beispielsweise als Pendler mit dem Rad überwiegend auf Asphalt unterwegs ist, für den Weg zur Arbeitsstätte die Anschaffung eines Pedelec überlegt und sich ein Fahrrad für knapp 3000 Euro leisten kann, sollte im Smart-Center unbedingt eine Testfahrt mit dem e-Bike arrangieren.

Wer mehr Dampf, sorry: Watt braucht: Smart-Tuner Brabus kommt demnächst mit einer Version, die mit einem 500-Watt-Motor bis zu 45 Kilometer in der Stunde schnell ist. Bis zum zweisitzigen, vierrädrigen Smart fortwo electric – Topspeed 125 km/h – ist es von da nur noch ein kleiner Schritt. Nicht unbedingt für die Menschheit, aber für Großstadtbewohner mit einem Faible für Elektromobilität und einer Ladestation in der Tiefgarage. Für alle anderen gilt: Rein mechanisch radeln ist auch schön.

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