BMW arbeitet im Verbund mit Mercedes und Audi, an einer Schwarmintelligenz auf vier Rädern. Gemeinsam haben die drei Premiumhersteller dazu den Kartendienst Nokia Here, erstanden. Jedes mit Sensoren ausgestattete Fahrzeug kann Daten über Straßen und Verkehrsverhältnisse sammeln und diese per Funk an einen zentralen Rechner weitergeben. Dort laufen die Daten von Millionen Autos zusammen und werden zu ständig aktualisierten, hochpräzisen Karten verarbeitet. So können zum Beispiel gefährliche Hindernisse wie ein wenige Minuten vorher abgegangener Felsbrocken an den Auto-Schwarm übermittelt und der Wagen gewarnt werden.
Das Problem: Um die riesigen Datenmengen in der nötigen Geschwindigkeit zu übertragen, braucht Deutschland einen besseren Mobilfunkstandard. „5G brauchen wir mindestens“, sagte Fröhlich in Las Vegas. Optische Systeme allein – als das Zusammenspiel aus Sensorik und Kameras – genügten nicht für vollautomatisiertes Fahren, betonte Fröhlich. Der kalifornische E-Auto-Hersteller Tesla etwa hat ein entsprechendes System aber bereits im Einsatz. BMW würde eine solche Technik nicht zur automatischen Steuerung „auf die Kunden loslassen“, sagte Fröhlich.
Die Netzqualität ist aber nicht das einzige Problem. Fröhlich sorgt sich um die Datenhoheit und den Datenschutz. „Früher hatten wir verschiedene Datenschichten im Auto. Das Infotainmentsystem beispielsweise war eine und sie war nicht sicherheitsrelevant. Heute aber müssen wir Möglichkeiten schaffen, ein Navigationssystem auf die Bremsen zugreifen zu lassen, wenn dies eine Notbremsung einleiten können soll. Die Schichten lösen sich auf. Es entsteht eine viel größere Durchlässigkeit für Daten.“
BMW fordert Standards für autonome Autos
Nach Geschmack des Ingenieurs müsse noch viel mehr über Sicherheitsstandards im Auto gesprochen werden. Dass es beispielsweise erlaubt sei, dass Versicherungsunternehmen während der Fahrt Zugriff auf wichtige Schnittstellen im Auto bekämen, halte er für falsch. „Da müssen wir die gesetzlichen Regelungen überdenken“, sagte Fröhlich. Der BMW-Manager zeigt sich insgesamt enttäuscht von der Gesetzgebung. „Ich habe keinen großen Optimismus, was die Reaktionszeit der deutschen Behörden auf den technologischen Fortschritt angeht“, so Fröhlich.
Andernorts ist zwar der rechtliche Rahmen schneller gegeben, doch in den USA etwa fürchten die Autohersteller Haftungsrisiken. Sollte ein Fahrzeug im Autopilot-Modus einen Unfall verursachen, ist mit millionenschweren Schadenersatzklagen zu rechnen. „Da überlegt sich der Autohersteller natürlich zweimal, ob er eine solche Funktion frei gibt“, so Fröhlich. Er forderte deshalb einen Stand der Technik zu definieren. Halten die Hersteller diesen ein, sollten sie vor Klagen geschützt sein.
Die Trends der CES 2016
Das vernetzte Zuhause ist noch nicht breit im Alltag angekommen - aber in Las Vegas werden wieder Hunderte Geräte zu sehen sein, die sich miteinander und mit dem Internet verbinden lassen. So will Samsung einen Kühlschrank mit einem riesigen Display vorstellen, wie vom Blog „The Verge“ aufgespürte Werbebanner zeigen. Ein Problem bleibt oft die Kommunikation zwischen Technik verschiedener Anbieter - einheitliche Standards wie in anderen Elektro-Bereichen gibt es nicht. Das Problem soll gelöst werden durch die direkte Kooperation der Hersteller, offene Schnittstellen sowie Onlinedienste, die im „Internet der Dinge“ als eine Art Vermittler auftreten.
Für die Nutzer oft unsichtbar, werten Computer in der Cloud eine Vielzahl von Daten aus, um sich besser an ihre Bedürfnisse anzupassen. Das Ergebnis sollen zum Beispiel schlaue Messenger-Dienste sein, die Fragen beantworten oder kleine Aufgaben wie eine Restaurant-Reservierung erfüllen können. Facebook experimentiert damit in dem Dienst „M“ in seinem Messenger, Google soll auch daran arbeiten. Einige Geräte auf der CES werden auf Amazons Sprach-Assistenten Alexa zurückgreifen.
Vor einem Jahr sorgte Intel-Chef Brian Krzanich für Aufsehen auf der CES mit kleinen Fluggeräten, die auch beweglichen Hindernissen ausweichen können. Inzwischen können das immer mehr Drohnen. Das chinesische Branchen-Schwergewicht DJI testet ein Geofencing-System, dass die Drohnen automatisch von für sie verbotenen Zonen zum Beispiel um Flughäfen fernhalten soll.
Hartnäckig halten sich Gerüchte, Apple könnte beim nächsten iPhone ganz auf einen klassischen Ohrhörer-Stecker verzichten und dafür auf seinen digitalen Lightning-Anschluss setzen. Außerdem breitet sich in immer mehr Geräten der neue USB-C-Anschluss aus, über den Daten und auch Ladestrom übertragen werden können.
Die Autohersteller bewegen sich in einer Zeit des Umbruchs. IT-Konzerne wie Apple, Google oder Startups wie Tesla drängen in ihre angestammten Geschäftsfelder. „Die Wertschöpfung verlagert sich von der Hardware auf Dienstleistungen, daher entwickelt sich auch BMW immer weiter zum Dienstleister für Mobilität.“ Was die Münchener an neuen personalisierten Diensten rund um das vernetzte Fahrzeug gerade eben auf der CES vorstellen, ist damit nicht unbedingt als Zusatzgeschäft, sondern als der Versuch zu werten, die erarbeitete Marktposition zu halten.
Druck entsteht nicht nur durch die Wettbewerber, er kommt auch von den Kunden selbst. Sie wollen ihre Smartphones inklusive ihrer Bedienoberfläche und Inhalten wie Musik, Video oder Soziale-Medien-Dienste mit einem Tastendruck auf den Touchscreen im Auto nutzen.
„Wir möchten den Kunden entgegenkommen, ohne dass dabei Daten ungewollt an Dritte abfließen“, erklärt Fröhlich die Position von BMW. Das „Betriebssystem“ wie Fröhlich das komplexe Gefüge aus zig verschiedenen Steuerungseinheiten im Auto umschreibt, soll in Hand des Herstellers bleiben. Auch wenn Autos bereits das Lenken übernehmen, soll der Kunde im übertragenen Sinne derjenige sein, der das Steuer in der Hand behält.