Borgward favorisiert derzeit aber wohl das SKD-Konzept. Dabei werden die Exemplare des BX7 so aus China angeliefert, dass nur noch eine begrenzte Zahl von Teilen eingebaut werden muss – inklusive der Anpassungen an europäische Vorschriften. Im ersten Schritt sollen so 50 bis 100 Arbeitsplätze entstehen. Wird später auf eine CKD-Fertigung umgestellt, könnten nochmals so viele Arbeitsplätze entstehen.
Im Falle von Borgward würden die Teile aus dem Stammwerk in Peking nach Bremen verschifft. Betriebswirtschaftlich macht das auf den ersten Blick wenig Sinn – wohl aber aus Marketing-Sicht: Mit der Endmontage in der Bundesrepublik kann Borgward den BX7 mit dem Label „Made in Germany“ vermarkten. Experten zufolge werden dabei rund 200 Arbeitsplätze entstehen, wenn in dem neuen Werk 10.000 Fahrzeuge pro Jahr endmontiert werden.
Was Marken erfolgreich macht
Der Marketingfachmann Hermann H. Wala hat 2012 das Buch geschrieben: „Meine Marke. Was Unternehmen authentisch, unverwechselbar und langfristig erfolgreich macht“. Die Kernthesen im raschen Überblick.
Die Marke ist zu wichtig, um die allein der Marketingabteilung zu überlassen. Auch die Geschäftsleitung muss sie mitentwickeln und gegenüber Geschäftspartnern nach außen hin glaubwürdig verkörpern.
Authentische Werte sind Leitlinien, keine Parolen. Unternehmen werden auch an ihrem sozialen Engagement gemessen.
Wer die Aufmerksamkeit der ohnehin übersättigten Konsumenten gewinnen will, muss sie emotional berühren. Kundenherzen gewinnt man nicht mit faktischen Produkteigenschaften, sondern durch das Erfüllen von Träumen.
Eine gute Geschichte bewirkt mehr als die allermeisten Verkaufsargumente. Sie gräbt sich in Kundengedächtnis ein und schafft Identifikation.
Vertrauen in ein Unternehmen und seine Marke(n) ist die beste Form der Kundenbindung. Man gewinnt es durch Transparenz und Offenheit.
Spannend bleiben und gleichzeitig Kontinuität wahren – diesen Spagat schaffen erfolgreiche Marken. Dehnungen müssen zu ihr passen. Innovativ sein bedeutet, Kundenbedürfnisse immer besser zu erfüllen.
Positionierung ist ein Wettstreit der Wahrnehmungen, kein Wettstreit der Produkte. Einen Logenplatz im Kundentop erobert, wer es schafft, seiner Marke für die Zielgruppe begehrenswerte Differenzierungslinien zu verleihen.
Auch die Zulieferer-Kette nimmt langsam Formen an: Ende November unterzeichnete Borgward einen Vertrag mit dem französischen Zulieferer Faurecia mit dem Ziel, ein gemeinsames Joint-Venture zu gründen. Das neue Unternehmen Borgward Faurecia Auto Systems soll Autositze entwickeln und im chinesischen Tianjin, etwa 120 Kilometer von Peking entfernt, zu produzieren. Zum einem späteren Zeitpunkt ist zudem beabsichtigt, Sitze für in Europa gefertigte Borgward-Modelle zu liefern, wie der Autobauer mitteilte. Langfristiges Ziel sei zudem, dass Faurecia das gesamte Cockpit für Borgward entwickelt.
„Voraussetzungen für Borgward-Erfolg sind grundsätzlich da“
Während Borgward in Europa noch an den Comeback-Plänen arbeitet, ist die Produktion in China schon im vollen Gang. Das 2015 vorgestellte Konzept sah vor, zunächst Marktanteile in China zu gewinnen und von dort aus in die Welt zu expandieren.
Borgward-Chef Walker kennt sich in China gut aus, er hatte zuvor das China-Geschäft von Daimler verantwortet. Im November präsentierte er auf der Automesse in Guangzhou mit dem BX5 das zweite Modell der Marke. Im Pekinger Werk wird derzeit aber nur der größere BX7 gebaut, von dem Walker eine „fünfstellige Zahl“ noch in diesem Jahr absetzen will. Das deckt sich grob mit der Prognose der Experten von IHS Automotive: Die Branchenanalysten gehen davon aus, dass Borgward in diesem Jahr rund 10.000 Autos fertigen wird. 2017 sollen dann knapp 30.000 Fahrzeuge vom Band rollen.
„Die Voraussetzungen für einen Borgward-Erfolg in China sind grundsätzlich da“, sagt Stephan Weiler, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens ROI China. SUV sind im Reich der Mitte inzwischen fast so stark gefragt wie hierzulande, „Made in Germany“ hat einen guten Ruf. Auch wenn die Marke aus Bremen in China wohl nicht einmal ausgewiesenen Autofans ein Begriff ist, sieht der Experte die deutsche Herkunft der Marke eine tragfähige Basis für den Aufbau eines passenden Images. „Gutes Marketing und guter Vertrieb sind für einen Erfolg in China zunehmend wichtiger als die Technik der Fahrzeuge“, so Weiler.
In Europa dürfte das anders sein. Dort müssen dann auch bei Technik und Verarbeitung überzeugen. Und nicht nur mit einem vermeintlich großen Namen. Immerhin: Trotz der über 50-jährigen Pause kennt mehr als jeder zweite Deutsche die Marke Borgward. Wie aus einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Puls aus dem vergangenen Jahr nach Bekanntwerden der Comeback-Pläne hervorgeht, haben knapp 57 Prozent der Teilnehmer schon von der Marke gehört. Bei den Über-50-Jährigen liegt die Quote sogar bei fast 80 Prozent, bei den Unter-30-Jährigen allerdings nur bei 26,6 Prozent. Befragt nach den Marktchancen von Borgward, bezeichneten 29 Prozent der Befragten diese als „sehr gut“ oder „gut“.
Diesen Marken vertrauen die Deutschen
Das größte Markenvertrauen genießt dm: 78 Prozent der insgesamt 1000 Befragten sagen, dass sie von den 90 abgefragten Marken dm am meisten vertrauen. Das ist eine Steigerung von plus 15 Prozentpunkten gegenüber 2014. Und auch bei der Brand Experience – also der positiven Markenwahrnehmung - ist die Drogerie Nummer eins mit 73 Prozent.
Quelle: Brand Experience + Trust Monitor 2015 von Sasserath Munzinger Plus und UDG United Digital Group
Platz zwei belegt die Drogerie-Kette Rossmann: 65 Prozent gaben an, Rossmann sei die Marke, der sie am meisten vertrauen. Dabei konnte Rossmann neun Prozentpunkte gegenüber 2014 zulegen. Und sogar 69 Prozent sagten, sie hätten eine positive Markenwahrnehmung von Rossmann. Dadurch landet die Kette im Bereich Brand Experience ebenfalls auf Platz 2.
Bei Miele gaben 54 Prozent gaben an, die Marke Miele positiv wahrzunehmen – sei es in den (sozialen) Medien, ihrem privaten Umfeld vertrauen oder der eigenen Waschküche. 62 Prozent nannten Miele eine vertrauenswürdige Marke.
Im vergangenen Jahr belegte Nivea noch den ersten Platz im Brand Experience + Trust Monitor. Dieses Jahr reicht es mit einem Wert von 61 Prozent nur für Platz vier. Bei der positiven Markenwahrnehmung schafft es Nivea mit ebenfalls 61 Prozent auf den dritten Platz.
58 Prozent der Befragten gaben an, Sony für vertrauenswürdig zu halten. Das heißt: Platz fünf im Bereich "Trust". Eine positive Markenwahrnehmung hatten allerdings nur 48 Prozent - das reicht nur für Platz 14.
Platz sechs im Bereich Trust geht an Samsung. Diese Marke wird von 55 Prozent der Befragten als vertrauenswürdig genannt. Sogar 59 Prozent nahmen Samsung positiv wahr.
Haribo landet auf Platz sieben. 55 Prozent finden, man könne der Marke vertrauen. Ein positives Image hat Haribo auch: Platz sechs (57 Prozent).
Armaturen der Marke Hansgrohe erscheinen ebenfalls vertrauenerweckend: Platz acht in der Kategorie Trust.
Der Discounter wird von 53 Prozent der Befragten als vertrauenswürdig bewertet. Das genügt im Bereich Trust für Platz neun. Eine positive Markenwahrnehmung von Lidl hatten sogar 57 Prozent. Damit landet Lidl im Bereich positiver Markenwahrnehmung sogar auf Platz sieben.
Edeka finden 53 Prozent der Befragten vertrauenswürdig, 50 Prozent haben ein positives Markenimage de Lebensmittelhändlers. Das bedeutet in beiden Kategorien Platz 10.
Rewe vertrauen 53 Prozent der Befragten (Platz 11). Eine positive Markenwahrnehmung von Rewe haben 50 Prozent der Befragten (Platz neun).
Vertrauen in Aldi Nord und Aldi Süd haben 51 Prozent der Befragten. Etwas weniger nehmen Aldi auch positiv wahr: 49 Prozent. In beiden Fällen ist das Platz 12 in der jeweiligen Kategorie.
Der Marke Henkel vertrauen 51 Prozent der Befragten. Platz 13 in der Kategorie Trust.
51 Prozent vertrauen der Marke Amazon, die auf Platz 14 landet. Eine positive Markenwahrnehmung haben allerdings 59 Prozent. Das bedeutet Platz fünf in der Kategorie Markenwahrnehmung.
Platz 15 im Bereich Vertrauen geht an Bahlsen. 50 Prozent der Befragten vertrauen der Marke. 49 Prozent nehmen Bahlsen als Marke positiv wahr, was für den 11. Platz in der Kategorie Markenwahrnehmung reicht.
Das heißt aber noch lange nicht, dass sie bei einer konkreten Kaufentscheidung auch an Borgward denken. Oder ob ein anfangs sicher lückenhaftes Händlernetz doch vom Kauf abhält. Ähnliches gilt in China, wo der Zusammenhang mit der vermeintlichen Historie des in Fernost nie etablierten Markennamens nur schwer herzustellen sein wird. Denn genau dort müssen sich die neuen Borgwards verkaufen, damit der Plan mit der Expansion nach Europa aufgehen kann. Ob sich – wie von der Unternehmensführung stets verbreitet – wirklich große Käufergruppen erschließen lassen, wird sich erst noch zeigen.
Der Erfolg in China wird entscheidend sein – für die Zentrale in Stuttgart und das Werk in Bremen.