Bosch Unschuldig trotz Millionenzahlung – das passt schlecht zusammen

Bosch hat VW die Software geliefert, die die millionenfache Manipulation von Diesel-Autos ermöglichte. Nun hat sich Bosch in den USA mit Zivilklägern verglichen. Von einer möglichen Schuld will der weltgrößte Autozulieferer aber nach wie vor nichts wissen.

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Bosch im Dieselskandal Quelle: dpa

327,5 Millionen US-Dollar – so viel Geld wird Bosch Zivilklägern in den USA im Wege eines Vergleichs bezahlen. Damit will der weltgrößte Autozulieferer, der Volkswagen die Software für die Skandal-Diesel lieferte, den überwiegenden Teil der anhängigen Zivilgerichtsverfahren im Zusammenhang mit in den USA verkauften Dieselfahrzeugen der Marken Volkswagen, Audi und Porsche zu den Akten legen.

Die Einigung würde auch die Forderungen von Gebrauchtwagenhändlern beilegen. Die Vergleichsunterlagen sind nun bei einem Gericht in San Francisco eingereicht worden. Damit der Vergleich gültig wird, bedarf es aber noch der Zustimmung des Gerichts. Das könnte sich bis Mai hinziehen.

Allein: Schuld will Bosch trotz des Vergleichs nicht auf sich nehmen. „Mit der Vergleichsvereinbarung erkennt Bosch weder den von den Klägern vorgetragenen Sachverhalt an, noch räumt Bosch Schuld ein“, teilte der Konzern mit.

Das passt nicht zusammen. Doch jetzt einfach nur zu sagen, dass Bosch nicht unschuldig sein kann, nur weil der Zulieferer Millionen zahlt, wäre zu einfach.

Schauen wir auf die Fakten: Dass die Stuttgarter seit 2005 die betrügerische Motorensteuerung für Millionen von VW-Fahrzeugen geliefert haben, ist unzweifelhaft. Fraglich ist aber, ob Volkswagen rechtlich für die illegalen Programmbestandteile allein verantwortlich war – oder ob Bosch als Mitwisser, vielleicht gar als Urheber des Betrugs, agierte.

Die Staatsanwälte ermitteln – gegen Unbekannt

Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft hat im Fall Bosch ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Beihilfe zum Betrug eröffnet. Bis heute ermitteln die Staatsanwälte jedoch gegen Unbekannt. Doch nur, weil die Mühlen der Justiz in Deutschland sehr langsam mahlen, heißt das nicht, dass Bosch am Ende ungeschoren davon kommt – dass dies nicht der Fall ist, zeigt schon der aktuelle Vergleich in den USA. Und auch dem Bosch-Chef scheint es langsam zu dämmern: „Nach sorgfältiger Abwägung aller Gesichtspunkte haben wir uns in diesem Fall dazu entschieden, eine Vergleichsvereinbarung abzuschließen“, sagte Volkmar Denner.

In seiner „sorgfältigen Abwägung“ wird er vermutlich auch folgendes berücksichtigt haben: Schon im August hat die WirtschaftsWoche berichtet, dass Bosch die Programme, die den Schadstoffausstoß der Autos im Zulassungstest schönten, im engen Schulterschluss mit VW weiterentwickelt und sie millionenfach auf die VW-Motorsteuergeräte aufgespielt hat. Schon damals fragten wir: Kann dem Stuttgarter Konzern tatsächlich entgangen sein, dass eindeutig illegale Programmzeilen in die Software einflossen?

Ein Ingenieur, der tiefe Einblicke in die Abläufe der Entwicklungsarbeit bei Bosch hat, war schon damals der Meinung, das er das für „absolut ausgeschlossen“ hielte: „Die Softwareentwickler von VW und Bosch arbeiten Hand in Hand. Über jede Veränderung wird zwischen Bosch und seinen Kunden Rücksprache gehalten.“

Für Bosch könnte das dicke Ende daher noch kommen: Strafrechtliche Ermittlungen auch in den USA laufen weiter. Und irgendwie hat auch Bosch bereits eingeräumt, dass die Sache noch lange kein Ende hat – denn schon zuvor hatte Bosch 750 Millionen Euro für rechtliche Risiken zurückgelegt.

Im Vergleich zu Volkswagen kommt Bosch jedoch vorerst noch glimpflich davon: Die Wolfsburger haben sich in den USA und Kanada bereits auf straf- und zivilrechtliche Vergleiche in Höhe von insgesamt rund 25 Milliarden US-Dollar geeinigt.
Der aktuelle Bosch-Vergleich wirkt dagegen fast wie Peanuts. Doch klar ist spätestens seit heute auch: Die Diesel-Skandal-Schlinge, sie zieht sich auch um Bosch herum langsam zu.

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