BrandIndex

Viele Vorschusslorbeeren für Tesla

Holger Geißler
Holger Geißler Psychologe, Werbepsychologe

Die Verbraucher zeigen sich unbeeindruckt davon, dass Tesla mit dem neuen Auto „Model 3“ Lieferschwierigkeiten bekommen könnte. Die Meldungen über das Elektroauto bewerten sie positiv – und sie mögen die Marke generell. Auch wenn die meisten noch keinen Tesla auf der Straße gesehen haben dürften.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Das Tesla Model 3 kommt frühestens 2017 – die Verbraucher sind jetzt schon gespannt. Quelle: dpa

276.000 Vorbestellungen in nur drei Tagen, über 325.000 bislang – beeindruckende Zahlen, die danach klingt, als sei der kalifornische Elektroautobauer Tesla im Massenmarkt angekommen. Das neue Model 3, das frühestens 2017 ausgeliefert wird, soll rund 31.000 Euro kosten – ein durchaus konkurrenzfähiger Preis.

Die Nachricht des großen Interesses am neuen Elektroauto wurde schnell ergänzt mit Hinweisen darüber, dass Tesla die versprochenen Stückzahlen im versprochenen Lieferzeitraum zum versprochenen Preis nicht wird halten können. Die Süddeutsche Zeitung vermutet höhere Preise und schreibt: „Bislang ist das Unternehmen nicht nur ein innovativer Auto- und Batterienbauer, sondern auch eine gut funktionierende Geldverbrennungsanlage.“ Das Handelsblatt zitiert Brian Johnson, Autoexperte der britischen Bank Barclays, der vor einer „Atmosphäre wie am Schwarzen Freitag“ warnt und auf eine mögliche Blase hinweist.

Ausgerechnet Norwegen

So skeptisch mancher Experte ist – die Verbraucher nehmen die aktuellen Meldungen über Tesla positiv wahr. Betrachten wir im Buzz des YouGov-Markenmonitors BrandIndex die Daten der vergangenen Woche, führt Tesla derzeit mit großem Abstand vor allen anderen. Keine Automarke ist in Deutschland derzeit unter den jeweiligen Kennern der Marke so positiv im Gespräch wie der kalifornische Elektroautobauer.

So will Tesla den Massenmarkt elektrisieren
Tesla-CEO Elon Musk stellt das Model 3 vor Quelle: AP
Das Model 3 feierte seine Premiere im Tesla Motors Design Studio im kalifornischen Hawthorne. Quelle: AP
Tesla Model 3 Quelle: PR
Tesla Model 3 Quelle: PR
Einige Kunden warteten schon einen Tag vor der Präsentation vor den firmeneigenen Shops: Quelle: dpa
Tesla Model 3 Quelle: PR
Elon Musk im Jahr 2010 anlässlich des Tesla-Börsengangs an die Nasdaq Quelle: AP

Dass ein hochwertiges, elektrisch betriebenes Auto zu einem Preis eines gut ausgestatteten VW Passats verkauft werden soll, scheint die Verbraucher zu interessieren: 19 Prozent aller Deutschen haben aktuell etwas über Tesla wahrgenommen. Das sind mehr Nennungen als etwa BMW (die gerade mit viel Bohei Geburtstag feierten), Audi und Opel erreichen.

Im Heimatland USA ist das ähnlich: Verbraucher, die die Marke kennen, bewerten die Nachrichten als sehr positiv, keine andere Marke ist in der Wahrnehmung der Verbraucher noch stärker im öffentlichen Gespräch. Ausgerechnet in Norwegen aber, wo Tesla wegen der staatlichen Subventionen für Elektrofahrzeuge schon weit verbreitet ist, hat es Tesla derzeit schwer. Über mehrere Wochen war der Buzz sogar im negativen Bereich. Mitverantwortlich dafür könnten wohl Pläne der Regierung sein, Subventionen zu kürzen beziehungsweise Steuern für Elektroautos zu erhöhen. Und dann ist in Norwegen kürzlich auch noch ein Tesla S-Modell in die Schlagzeilen geraten, weil es beim Ladevorgang Feuer fing.

Die Tesla-Chronik

Noch so jung – und schon eine Marke

Doch trotz punktueller Rückschläge und prognostizierter Produktionsschwierigkeiten: Tesla hat sich bereits als Marke etabliert. In den USA erreicht Tesla im Index unter den Kennern der Marke derzeit +14 Punkte. Der Index fasst mehrere Kategorien wie Qualitätswahrnehmung oder Arbeitgeberimage zusammen und ist daher die aussagekräftigste Beschreibung der Beliebtheit einer Marke. +14 Punkte sind noch nicht spitze – Toyota und Honda liegen bei +41 beziehungsweise +39. Doch beliebter als die traditionsreiche Automarke Dodge ist Tesla schon.

Auch in Deutschland hat Tesla eine gute Ausgangslage. Unter den Markenkennern werden im Index aktuell schon +14 Punkte erreicht.

Tesla als Wette auf die Zukunft

In den USA wie in Deutschland hat Tesla bisher dieselben Stärken und Schwächen. Der Marke wird ein guter allgemeiner Eindruck bescheinigt, eine solide Qualität und, vor allem: Tesla erscheint als attraktiver und damit sicher auch zukunftsfähiger Arbeitgeber.

Der Tesla-Chef Elon Musk inszeniere die elektrische Mobilität als Lifestyle, schreibt das Handelsblatt – das Model 3 sei nicht nur ein Auto, sondern ein Statement. Ein Statement, mit dem viele Verbraucher anscheinend etwas anfangen können: In den USA liegt Tesla bei der Beliebtheit als Arbeitgeber gleichauf mit den beliebten Marken Honda und Ford. In Deutschland erscheinen den Kennern der jeweiligen Automarken nur BMW, Mercedes Audi und Porsche als noch attraktivere Arbeitgeber.

Ein Minus verzeichnet Tesla – man kann es sich denken – derzeit noch beim Preis-Leistungs-Verhältnis. Elektroautos gelten als teuer, und sie sind es in der Regel ja auch, zumindest was die Anschaffungskosten im Vergleich zu Modellen mit Verbrennungsmotor angeht. In den USA bewerten die Markenkenner das Preis-Leistungs-Verhältnis von Tesla mit -6 Punkten. In Deutschland liegt die Marke in dieser Kategorie mit -1 Punkt ebenfalls im negativen Bereich.

Was Tesla seit 2003 auf die Räder gestellt hat
"Model 3" Quelle: REUTERS
2003: Der BeginnZwei Teams um den US-Ingenieur Martin Eberhard und den Milliardär Elon Musk entwerfen das Konzept eines Elektrofahrzeugs, das die Massen mobilisieren soll – Tesla wird geboren. Basis bildet der tzero von AC Propulsion. Neben Musk stecken auch die Google-Gründer Sergey Brin und Larry Page und der eBay-Gründer Jeff Skoll Geld in das Projekt. Quelle: Presse
2006: Premiere des RoadsterDrei Jahre arbeitet Tesla am ersten Modell, im Juli 2006 stellt das Unternehmen den Roadster vor. Der zweisitzige Sportwagen auf der Basis des britischen Leichtgewicht-Roadster Lotus Elise verfügt über einen 292 PS starken Elektromotor, der seine Energie aus 6.831 Lithium-Ionen-Notebook-Akkus bezieht. Der Roadster, zu jener Zeit das erste autobahntaugliche rein elektrische Serienfahrzeug, kam mit einer Akkuladung bis zu 340 Kilometer weit. Dank des enormen Drehmoments der Elektromotoren war der Roadster zudem in der Lage, konventionelle Sportwagen wie Ferrari und Porsche an der Ampel in die Schranken zu weisen. Die Kleinserienproduktion begann nach mehreren Verzögerungen am 17. März 2008. Quelle: tmn
2007: Eberhard gehtIm August 2007 tritt der damalige CEO Martin Eberhard zurück, im Dezember 2007 verlässt er das Unternehmen komplett. Am Ende landet der Streit mit Elon Musk (Bild) fast vor Gericht – bis eine außergerichtliche Einigung erzielt werden kann. Quelle: REUTERS
2009: Der Einstieg der KonzerneMusks finanzielle Mittel alleine reichen zum Wachstum nicht mehr aus. Mit Daimler und Toyota steigen zwei große Autokonzerne bei Tesla ein. Das Unternehmen schreibt weiterhin Millionenverluste. Im Januar 2010 erhält Tesla vom US-Energieministerium einen Kredit über 450 Millionen Dollar. Das Geld investiert das Unternehmen in den Aufbau einer eigenen Fertigung. Quelle: REUTERS
2009: Premiere des Model SLange war der Bau einer eigenen Limousine unter dem Codenamen „WhiteStar“ geplant. Auf der IAA in Frankfurt feiert das Model S, eine 5-sitzige Limousine die Premiere. Bis das Model S in den Verkauf kommt, vergehen aber noch drei Jahre. Quelle: imago images
2010: Der IPOMusk wagt den Börsengang. Mit einem Ausgabepreis von 17 Dollar geht der Elektroautohersteller in den Handel – und macht den Gründer wieder reich. Über Nacht erreicht erreichen die Anteile von Musk einen Wert von 650 Millionen Dollar, obwohl das Unternehmen bis zu diesem Zeitpunkt noch nie Gewinne gemacht hat. Quelle: REUTERS

Tesla bald wohl häufiger zu sehen auf deutschen Straßen

Doch das Preis-Leistungs-Verhältnis ist nur eines von vielen Kriterien. Audi zum Beispiel – in dieser Kategorie mit null Punkten dicht dran an Tesla – erregt zurzeit trotzdem großes Kaufinteresse. Keine andere Marke wird zurzeit von allen Deutschen häufiger auf die Frage genannt, welche Marke sie bei einem Autokauf am ehesten wählen würden.

Auch Tesla schneidet hier schon gar nicht schlecht ab und wird häufiger genannt als Land Rover, Volvo oder Smart. Diese Autos sieht man auf deutschen Straßen gar nicht mal so selten. Bleibt für Tesla zu hoffen, dass das Unternehmen die hohen Erwartungen und das große Interesse potenzieller Käufer auch bedienen kann. Aktuell lebt die Marke noch von den Erwartungen die auf Tesla projiziert werden. Dass die Wahrheit aber auf der Straße liegt, zeigen die Werte aus Norwegen.



© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%