Die Autozulieferer stehen vor einer Übernahmewelle. Die Konsolidierung werde weltweit an Dynamik gewinnen, schreibt die Commerzbank in ihrem aktuellen Branchenbericht. Der „Branchenbericht Autozulieferer“ wurde innerhalb der Commerzbank für institutionelle Kunden und Firmenkundenbetreuer im März 2016 erstellt und jetzt vorgestellt. Megatrends wie strengere Emissions-Vorschriften und die Digitalisierung verlangen nicht nur von Autobauern sondern auch von Zulieferern hohe Investitionen in Forschung und Entwicklung.
„Nicht jeder Zulieferer verfügt über die notwendigen finanziellen oder personellen Ressourcen“, sagt Edith Weymayr, Bereichsvorständin Commerzbank-Mittelstandsbank. „Besonders für kleine und mittlere Unternehmen sind der Aufbau von Netzwerken sowie das Eingehen von Kooperationen enorm wichtig. So können Synergien realisiert, Kosten gespart, und Risiken minimiert werden.“
Das werde aber nicht für jedes Unternehmen beziehungsweise Geschäftsmodell möglich sein. In letzter Konsequenz bedeute dies eine Konsolidierung des Marktes. Für 2016 erwartet die Commerzbank für die Autozuliefererbranche in Deutschland eine moderate Steigerung der Produktion von zwei Prozent, weltweit von vier Prozent.
Die weltweit größten Autozulieferer
Faurecia (Frankreich)
Umsatz 2016: 18,711 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 18,770 Milliarden Euro
Veränderung: -0,3 Prozent
Hauptprodukte: Sitze und Innenausstattung
Quelle: Berylls Strategy Advisors, Stand: Juni 2017
Michelin (Frankreich)
Umsatz 2016: 20,907 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 21,199 Milliarden Euro
Veränderung: -1,4 Prozent
Hauptprodukte: Reifen
Bridgestone-Firestone (Japan)
Umsatz 2016: 22,485 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 24,094 Milliarden Euro
Veränderung: -6,7 Prozent
Hauptprodukte: Reifen
Aisin (Japan)
Umsatz 2016: 27,977 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 24,133 Milliarden Euro
Veränderung: +15,9 Prozent
Hauptprodukte: Getriebe, Bremssysteme, Karosserie- und Motorenteile
Hyundai Mobis (Südkorea)
Umsatz 2016: 30,227 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 28,096 Milliarden Euro
Veränderung: +7,6 Prozent
Hauptprodukte: Cockpit-, Frontend- und Chassismodule
ZF Friedrichshafen (Deutschland)
Umsatz 2016: 32,353 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 27,113 Milliarden Euro
Veränderung: +19,3 Prozent
Hauptprodukte: Fahrwerks- und Antriebssysteme, Elektronik/Software
Magna (Kanada)
Umsatz 2016: 34,587 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 29,408 Milliarden Euro
Veränderung: +17,6 Prozent
Hauptprodukte: Karosserie & Fahrwerksysteme, Exterieur-Ausstattungen
Denso (Japan)
Umsatz 2016: 36,301 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 34,299 Milliarden Euro
Veränderung: +5,8 Prozent
Hauptprodukte: Klimasysteme, Motorsteuerung, Human-Machine-Interface
Continental (Deutschland)
Umsatz 2016: 40,550 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 39,232 Milliarden Euro
Veränderung: +3,4 Prozent
Hauptprodukte: Brems-, Fahrwerk- und Sicherheitssysteme, Reifen
Bosch (Deutschland)
Umsatz 2016: 43.936 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 41,657 Milliarden Euro
Veränderung: +5,5 Prozent
Hauptprodukte: Antriebs-, Sicherheits- und Komfortsysteme
Um in den nächsten Jahren mit den Anforderungen der Autobauer Schritt halten zu können, sind laut der Commerzbank hohe Investitionen in Technologien die Folge. Dazu kommt, dass derzeit viele Antriebsarten – Benziner, Diesel, Hybride, batterieelektrische Fahrzeuge und Brennstoffzellenautos – parallel entwickelt werden müssen.
Hoher Druck zur Emissionsreduktion
„Starke Klimaveränderungen, die Beschlüsse des Pariser Weltklimagipfels, Luftverschmutzungen wie in Peking, und nicht zuletzt der Dieselskandal werden den Druck zur Emissionsreduktion nochmals erhöhen“, sagt Thomas Gronemeier, Analyst für die Automobilindustrie und Co-Autor der Studie. Die beiden Megatrends CO2-Reduktion und Digitalisierung werde es jedoch nicht kostenlos geben. „Daher stellt sich die Frage, wofür der Autokäufer im Jahre 2020 sein Geld investieren wird.“
Dann steht zumindest bei den kleineren Fahrzeugklassen zur Debatte, ob es noch einen Dieselmotor geben wird. Die Bau- und Entwicklungskosten werden mit der aufwändigeren Technologie zur Abgasreinigung so weit steigen, dass sich der Diesel bei preiswerteren Autos nicht mehr rechnet. Dagegen sei der Diesel für größere und schwerere Autos im Hinblick auf die CO2-Reduktion in der EU vorerst kaum verzichtbar, so die Studie.
Der Anteil der Elektroautos wird sich laut den Commerzbank-Experten bis 2020 deutlich erhöhen. „Einen signifikanten Markt für reine Elektroautos sehe ich aber nicht vor 2025“, so Co-Autor Olaf Labitzke. Dann erst trügen verbesserte und günstigere Batteriesysteme sowie der Ausbau des Ladestationen-Netzes positiv zum Absatz bei.
Traditionelle Zulieferer punkten bei Messsystemen
Neben reinen Elektroautos (EV) im stadtnahen Bereich werden Hybride vorerst die realistischste Alternative sein. Für die nächsten Jahre sei dies ein positives Szenario für die Zulieferer, weil so Geschäftspotenzial hinzukommt, anstatt dass Teile ersetzt werden oder ganz wegfallen.
Zum Teil kompensiert werden könnten die wegfallenden klassischen Geschäftsmodelle durch neue Angebote im Bereich der Telematik und Kommunikation – zumindest bei den großen Systemanbietern, die sich die Investitionen leisten können. Bei allen Daten, die das Auto und die internen Messsysteme selbst betreffen, dürften die traditionellen Zulieferer weiterhin führend sein.
Anders sehe es bei den Kommunikationssystemen aus, bei denen der Datenaustausch mit der Umgebung des Autos sowie mit den Smartphones der Fahrer im Vordergrund steht. Dieses Spielfeld liegt bei den neuen Playern aus der Kommunikationsindustrie, wie zum Beispiel Apple, Google & Co. Deren breite Kundenbasis und weltweit integrierte Softwareprogramme werden zu einer starken Stellung auch im Auto führen, sind sich die Experten sicher.
Die Autobauer und ihre Zulieferer, die nicht nur am Auto- oder Teileverkauf, sondern auch an Services rund ums Auto verdienen wollen, sind also gefordert – und diejenigen mit großen Entwicklungs-Etats klar im Vorteil.