Daimler-Hauptversammlung Fünf kritische Fragen an Dieter Zetsche

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Daimlers Baustellen: Trucks und Zetsche-Nachfolge

Das mag auf kurze Sicht funktionieren – sofern nicht die oben beschriebenen Risiken sämtliche Absatz-Pläne über den Haufen werfen. Mittel- und langfristig werden Elektro-Antriebe eine zunehmend wichtigere Rolle spielen – in der öffentlichen Wahrnehmung findet Daimler hier aber kaum statt. Der Elektro-Smart ist vorerst eingestellt, derzeit haben die Stuttgarter nur eine B-Klasse mit E-Motor im Programm. Der Hintergrund: Bei der aktuellen Akku-Technologie hält Daimler den Plug-in-Hybrid für attraktiver als das reine Elektroauto – dementsprechend liegt der Fokus auf Ersteren.

Während in den Schlagzeilen eher Tesla dominiert und Porsche sowie Audi bereits recht konkrete Studien ihrer Elektroautos vorgestellt haben, gibt es von Daimler bislang nur eine Ankündigung: Bis 2018 soll ein Mercedes-Stromer mit 400 bis 500 Kilometern Reichweite auf den Markt kommen, der zwischen der C- und E-Klasse angesiedelt ist. Da kommt also noch was – wenn auch nicht so offensiv kommuniziert wie bei der Konkurrenz.

3. Wie entwickelt sich das Lkw-Geschäft?

Während die Pkw-Sparte von Erfolg zu Erfolg eilt, sieht es für die Nutzfahrzeugsparte weniger rosig aus. Die wappnet sich in diesem Jahr für drohende Rückgänge des Geschäfts in wichtigen Märkten. „Ein schwieriges Umfeld wird eigentlich noch schwieriger“, sagte der Nutzfahrzeugchef Wolfgang Bernhard Ende Februar. Zum Jahresstart hatte sich das Geschäft in Europa sehr stark, in Brasilien und Indonesien dagegen sehr schwach entwickelt.

Weltweit rechnet Daimler mit einem schwächeren Geschäft für mittlere und schwere Lkw – nur Europa dürfte leicht wachsen. Der wichtige nordamerikanische Markt dürfte sich nach einem deutlichen Anstieg im vergangenen Jahr negativ entwickeln. In den USA hatte Daimler bereits reagiert und an zwei Standorten den Abbau von 1250 Stellen angekündigt. Ähnlich düster erscheinen die Aussichten für Brasilien, auch hier sind Kündigungen laut Bernhard nicht ausgeschlossen.

Eine der Lösungen von Bernhard: der Connected Truck. Lkw, die vernetzt im Windschatten fahren, automatisch bremsen oder Frachtpapiere digital verschicken, seien auch in Emerging Markets relevant. „In Ländern wie Brasilien und auch Indien wird der vernetzte Truck schneller kommen, als wir heute alle denken“, sagte Bernhard im Interview mit WirtschaftsWoche Online. „Es ist ein Irrglaube, dass es diese Technologie nur in etablierten Märkten geben wird. Die Chancen in den Emerging Markets sind wahrscheinlich sehr viel größer.“

von Jürgen Rees, Martin Seiwert, Rebecca Eisert


Die aktuellen Marktschwächen in Brasilien und anderen Ländern – etwa Südostasien – wird Daimler wohl oder übel aussitzen. Ob aufwändig vernetzte Trucks den Nerv der Kunden treffen, wenn sie zur Zeit nicht einmal konventionelle Fahrgestelle kaufen wollen, sei dahingestellt – der ein oder andere Aktionär wird sich aber fragen, ob das der richtige Weg ist.

4. War es klug, sich so früh auf Ola Källenius als mutmaßlichen Kronprinzen für Dieter Zetsche festzulegen?

Mit derzeit 62 Jahren ist Zetsche am Ende der Laufzeit seines Vertrags 2019 im perfekten Alter, um seinen Spitzenposten im operativen Geschäft abzugeben. Nach ein oder zwei Jahren „Abkühlphase“ könnte er dann den Aufsichtsratsvorsitz übernehmen – der aktuelle Chefkontrolleur Manfred Bischoff ist schon 74 Jahre alt. Ein Szenario wie gemalt, ohne Machtkämpfe und überstürzte Wechsel.

Die Frage, wer beim Vorstandsvorsitz nachfolgen könnte, ist seit Mitte Februar auch so gut wie beantwortet: Zum Jahreswechsel 2016/2017 wird Vertriebschef Ola Källenius – seines Zeichens 2014 im Alter von gerade einmal 45 Jahren in den Vorstand berufen – zum neuen Entwicklungschef. Damit wird in dem vermeintlich perfekten Plan der einzige Makel im Lebenslauf des gebürtigen Schweden ausgemerzt: Er ist kein Techniker.

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