Daimler Mit diesen Neuheiten will Mercedes 2017 punkten

Die Autoindustrie steckt im Umbruch. Umso wichtiger ist es, dass Mercedes auf die richtigen Technologien setzt. 2017 will der Autobauer Kunden mit Brennstoffzellen-Plug-In-Hybrid und Partikelfilter in Benzinern gewinnen.

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Daimler hat seine Neuheiten für 2017 vorgestellt. Quelle: PR

Kurz vor dem Anpfiff der Fußball-Europameisterschaft lässt es sich Daimler-Entwicklungsvorstand Thomas Weber nicht nehmen, ein wenig Fußballer-Jargon in seine Rede einzubauen. Es geht um die Innovations-Highlights der Stuttgarter für das kommende Jahr, die Weber auf dem so genannten TecDay den Fachjournalisten in Halle 6 der Messe Stuttgart präsentiert. "Wir sind auf die Veränderungen in dem Spiel, das vor uns liegt, sehr gut vorbereitet", sagt er im Hinblick auf die immer strengeren CO2- und Emissionsgrenzwerte und zunehmende Elektrifizierung der Motorenpalette.

"Haben wir den Anpfiff bei der Elektromobilität verpasst? Nein, sicher nicht", sagt Weber. Und so dreht sich auf der Technologie-Vorschau fast alles um besonders sparsame und saubere Antriebe. In den kommenden zwei Jahren wird Daimler 14,5 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung investieren. "Mehr als die Hälfte davon fließt erneut in ‚grüne’ Technologien", sagt Weber. Allein bei Mercedes Benz Pkw sind es 5,4 Milliarden Euro pro Jahr.

Und dann legt Weber los mit seiner "tour d'innovation". Die Neuheiten im Jahr 2017, das sind:

- Ein Steckdosen-Hybrid (Plug-In) mit Brennstoffzelle und zusätzlicher, großer Lithium-Ionen-Batterie. Harald Kröger, "Mr. Elektromobilität", wie der Leiter Entwicklung Elektrik/Elektronik & E-Drive bei Mercedes intern genannt wird, verspricht 500 Kilometer Reichweite. Betankbar ist der Wasserstoff-Tank in unter drei Minuten. Der neue Antrieb kommt zuerst im Topseller von Mercedes, dem kompakten Geländewagen GLC auf die Straße und trägt den Zusatz "F-Cell". Der Akku wird platzsparend im Heck des SUV untergebracht.

Welche Schadstoffe im Abgas stecken

Er ermöglicht eine rein batterieelektrische Fahrt von bis zu 50 km im Europäischen Testzyklus (NEFZ) und kann an einer haushaltüblichen Steckdose, einer Mercedes-Benz Wallbox oder einer öffentlichen Ladestation aufgeladen werden. Sehen können das neue Modell alle, die im Oktober auf dem Pariser Autosalon zu Gast sind. Dann will Daimler auch Details zum Preis und Ausstattungsvarianten nennen. Kröger rechnet damit, eine vierstellige Zahl von Brennstoffzellen-Plug-In-Hybriden in 2017 verkaufen zu können.

- Partikelfilter in Benzin-Motoren: Bisher waren diese Filter nun in Diesel-Aggregaten verbaut. 2017 soll der Partikelfilter für Otto-Motoren zunächst in Varianten der S-Klasse in Serie gehen. Danach folgt die schrittweise Einführung in weiteren neuen Fahrzeugmodellen, Modellpflegen und neuen Motorgenerationen. Daimler zieht damit den französischen Kollegen nach. PSA hat vor kurzem angekündigt, den Partikelfilter in Benziner zu bringen.

48-Volt-Bordnetz, Dieselmotor OM 654

- Das 48-Volt-Bordnetz wird Standard. Für alle Nicht-Techniker: Bisher sind 12-Volt-Bordnetz Standard. Für den Wechsel auf ein leistungsstärkeres, elektronisches Netz mit 48 Volt Spannung sprechen mehrere gute Gründe:

1. Indem die elektronischen Systeme im Fahrzeug öfter auf die Leistung der Batterie, statt auf die des Motors zugreifen, verringert sich der Kraftstoffverbrauch. Rund 15 Prozent weniger sind möglich und damit auch 15 Prozent weniger CO2-Ausstoß.

2. Die Autohersteller müssen gemäß der europäischen Gesetze ihren CO2-Flottenausstoß bis 2021 auf 95g/km verringern. Die weitere Optimierung der Motoren ist aufwendig und teuer. Eine Möglichkeit zur Abgasreduktion ist die Kombination von Elektro-und Verbrennungsmotor – ein Hybrid-Fahrzeug also. "Echte" Hybride benötigen ein teures Hochvolt-System (ab 110 Volt). Das 48-Volt-Netz zählt als Niedrigvoltsystem, für das auch deutlich geringere Sicherheitsstandards gelten. Mit ihm sind trotzdem bis zu 70 Prozent der Energie- und Emissionsvorteile eine Hochvolt-Systems erzielbar, bei nur 30 Prozent der Kosten. Die wichtigen Hybridfunktionen wie das Wiederbeladen der Batterie bei Bremsvorgängen („Rekuperieren“), die Drehmomentunterstützung des Motors („Boosten“) sowie die Start-Stopp-Automatik und der "Segelbetrieb", also das Abschalten des Verbrennungsmotors während der Fahrt („Coasting") funktionieren auch ohne Hochvolt-Komponenten.

3. Das leistungsstärkere Netz ist die perfekte Grundlage für zusätzliche Systeme, die Energie ziehen, wie Sicherheitsassistenzsysteme und Systeme, die autonomes Fahren und Kommunikation unter Fahrzeugen ermöglichen sollen.

- Der neue Dieselmotor OM 654: Das Aggregat ist bereits in der neuen E-Klasse verbaut und soll nun Stück für Stück in weitere Modellreihen und Varianten Einzug halten. Die wichtigsten Kennzahlen: 13 Prozent weniger CO2-Emissionen, 80 Prozent weniger Stickoxide, bei 17 Prozent bzw. 30 Kilogramm weniger Gewicht. Damit erfüllt Daimler bereits die Vorgaben des neuen Testzyklus für Realverbräuche (Real Driving Emissions).

Zum Abschied gibt Weber noch einen Ausblick auf den Ausbau der Batteriefertigung im sächsischen Kamenz. Daimler investiert dort 500 Millionen Euro in den Aufbau einer zweiten Fabrik. Bei der Daimler-Tochter Deutsche Accumotive werden die Lithium-Ionen-Batterien für den neuen elektrischen Smart, alle künftigen Plug-In-Hybride sowie für Heim- und Großspeicher im privaten wie gewerblichen Einsatz gefertigt.

Die Abgas-Tests in Deutschland und Europa

Anfang Juni hat Mercedes die Gründung einer eigenen Vertriebsgesellschaft für seine Speicherlösungen bekannt gegeben. Im Zuge der Energiewende erhofft sich Daimler vor allem von den Großspeichern, die als Zwischenlager für Strom aus Wind uns Sonne genutzt werden sollen, viel.

"Wir haben dramatische Veränderungen in der Automobilindustrie vor uns", schloss Entwicklungsvorstand Weber seinen Vortrag, "aber auch sehr spannende Veränderungen, die uns motivieren, immer noch besser zu sein." Blieb nur noch zu sagen: "Vive la Mannschaft".

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