Daimler und Renault-Nissan Macht Daimler wieder den Chrysler-Fehler?

Seite 2/3

Infiniti macht Daimler kaum Konkurrenz

Einen guten und bei den eigenen Kunden beliebten Motor an ein Konkurrenzmodell zu vergeben, hält Bratzel im Fall Infiniti für unproblematisch. „Eine direkte Konkurrenz sieht Mercedes durch Infiniti nicht“, so der Professor. „Da ist man bei Daimler auch selbstbewusst genug, denn bei den Marktanteilen von Infiniti gibt es so gut wie keine Kannibalisierung. Es wertet eher die Marke Infiniti auf, als dass es Daimler in irgendeiner Form schadet.“ Zwar wächst die Nissan-Premiummarke stark – nach den ersten zehn Monaten liegt Infiniti mit 16 Prozent auf 173.000 Fahrzeuge kräftig im Plus –, die Verläufe in Europa bleiben aber weiterhin schwach. Zählt man die beiden wichtigsten Märkte USA mit 118.400 Infinitis (+13 Prozent) und China mir 32.200 Einheiten (+36 Prozent) zusammen, bleiben für den Rest der Welt noch 23.000 Autos übrig. Von diesen entfallen rund 900 Exemplare auf Deutschland.

 

Was Renault und Smart in die Kleinwagen-Kooperation einbringen

Einen Schub soll der A-Klasse-Ableger Q30 bringen und das Kompakt-SUV, das wenige Monate später folgen soll. „Die Kernpunkte für unsere Expansion in Europa sind die Kompakt-Modelle Q30 und QX30“, sagte Infiniti-Chef Roland Krüger noch auf dem Genfer Autosalon im März. „Der QX30 ist sehr wichtig, da er neue Kundengruppen erschließt, die Infiniti bisher nicht bedient hat. Sehr große Kundengruppen.“ Was die Zahlen aber nicht verbergen: Die Marke braucht in Europa die beiden Modelle. Dringend.

Infiniti-Expansion stockt

Wie viele Einheiten hierzulande nach der Premiere der beiden Kompaktautos im Jahr 2016 verkauft werden sollen, darüber hält sich Infiniti bedeckt. Einzelne Händler könnten ihr Volumen sicher verdoppeln, sagte Deutschland-Geschäftsführer Michael Briante am Rande der Q30-Präsentation. Wie viele es insgesamt werden, hänge vor allem davon ab, wie viele neue Händler im kommenden Jahr dazukämen. Bislang hat Infiniti in Deutschland sechs Händler, in Hamburg, Bremen, Berlin, Düsseldorf, Dresden und Frankfurt. „Wir sind in intensiven Gesprächen mit einigen Investoren“, sagt Briante. „Noch ist nichts unterschrieben, aber wir hoffen, dass wir in den nächsten Monaten einige neue Standorte ankündigen können.“

Dabei geht es nicht nur um Verkaufs-, sondern auch um Servicepunkte. Im Zweifelsfall sucht der Kunde den Händler nur einmal zum Autokauf auf. Danach ist für ihn entscheidender, wo er sein Auto warten lassen kann. Statt in einen eigenen, baulich getrennten Verkaufsraum für Infiniti zu investieren – der laut Geschäftsführer Briante Pflicht ist – könnte so ein Nissan-Händler mit speziell geschultem Personal Inspektion und Service übernehmen. „Um unsere Wachstumspläne zu halten, müssen sowohl die Produktion als auch der Vertrieb zulegen“, sagte Krüger. Dabei will der Manager, der 2014 von BMW als Leiter des Deutschland-Vertriebs zu Infiniti gewechselt war, keinen Ausbau mit aller Kraft. „Neue Händler müssen auch rentabel sein, denn nur profitable Händler sind auf Dauer starke Händler.“ Mit den aktuellen Vertriebspartnern ist man bei Infiniti Deutschland zufrieden – jeder Betrieb hat 2014 zwischen 150 und 170 Autos verkauft. Um zu wachsen, braucht es aber mehr Verkaufspunkte. Nach Jahren mit fünf Schauräumen kam 2015 Dresden hinzu. Zu der seit Jahren angekündigten Expansion, unter anderem nach Köln, München, Stuttgart oder Hannover, ist es bis jetzt nicht gekommen.

 

Riskante Sparmanöver der Edelmarken

Auch das Vertriebsnetz trägt dazu bei, dass Infiniti trotz eines ähnlichen Anspruchs als Premium-Marke in Europa auf absehbare Zeit Kooperationspartner Mercedes noch nicht lästig wird. Im Falle von Renault, Nissan und deren Edel-Ableger hat sich der Autobauer aus Stuttgart die Zusammenarbeit genau überlegt – schließlich hatte Daimler aus der krachend gescheiterten Ehe mit Chrysler gerade erst seine Lektion gelernt. Statt der Hochzeit im Himmel samt vollständiger Verschmelzung beider Unternehmen sollte es dieses Mal eine Kooperation auf Projektbasis werden – angefangen mit Teile-Lieferungen, über einen Modelltausch bis hin zu einem gemeinsamen Montagewerk in Mexiko, das gerade im Auftrag von Mercedes und Infiniti entsteht.

 

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%