Die Abenteuer auf dem russischen Automarkt Warum Russland kein Milliarden-Grab ist

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GAZ will keine Autos bauen

„Sie haben Russland sehr schnell verlassen. Ihr Verhalten gegenüber GAZ war korrekt, aber es war nicht der beste Weg, um Geschäfte zu machen“, sagt Eibeck. „GM war nicht ausreichend lokalisiert, sie mussten alles aus Südkorea importieren. So wurden der Transport und die gesamte Produktion sehr kostspielig.“

Die Gefahr einer zu niedrigen Lokalisierung sieht IHS-Analyst Urquhart bei Volkswagen und Daimler nicht – auch wenn die Deutschen im Verbund mit GAZ nicht an Nissan herankommen, die in Russland fast eine vollständige Produktion aufgebaut haben.

Bei der aktuellen Marktschwäche hilft das Nissan aber nur bedingt. „Von dem Absatzeinbruch sind europäische und asiatische Marken gleichermaßen betroffen, große Unterschiede wegen der politischen Sanktionen gibt es nicht“, sagt Urquhart. „Einzig Hyundai kann sich ein wenig vom Gesamttrend abheben, da sie derzeit einen guten Modellmix in Russland anbieten.“

Sollte der Markt wieder anziehen, haben sowohl Daimler als auch VW noch Luft nach oben. Die Volkswagen-Auftragsfertigung in Nischnij Nowgorod ist auf 100.000 Autos pro Jahr ausgelegt, derzeit werden aber nur rund 40.000 Fahrzeuge gebaut. Auch Mercedes hat noch Kapazitäten. „Wir könnten mehr Autos bauen, bis zu 100 Stück am Tag“, sagt Werksleiter Winges. „Wegen der aktuellen Marktsituation fertigen wir derzeit nur 20 Sprinter pro Tag, aber wir wollen bald auf 40 Fahrzeuge aufrüsten.“

Konkurrenz vom Partner GAZ haben die deutschen Autobauer keine zu fürchten. Obwohl in dem Werk einst die berühmten Funktionärslimousinen Wolga sowie einige Luxuslimousinen für die Parteispitze vom Band liefen, will Vadim Sorokin heute keine Autos mehr bauen. „Im Moment werden 421 unterschiedliche Automodelle in Russland verkauft“, sagt der GAZ-Chef. „Wir haben keine Pläne, Nummer 422 zu werden.“

Trotz der aktuellen Schwierigkeiten glaubt nicht nur Urquhart an Russlands Potenzial für die deutschen Autobauer. „Ich bin optimistisch, dass es sich langfristig als richtig erweist“, sagt ein ehemaliger Manager des VW-Werks in Kaluga, der nicht genannt werden will. „Um den Erfolg zu bewerten kommt es auf den Zeithorizont an, den man betrachtet. Hätte man 1987 gefragt, ob das VW-Engagement in China richtig war, hätte man eine ganz andere Antwort bekommen als heute.“

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