Die Probleme von VW Was Matthias Müller in den Griff bekommen muss

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VWs Versäumnisse der Vergangenheit

  

Probleme in China, Russland, Brasilien

In China, Russland und Brasilien erzielte VW über viele Jahre weit mehr als ein Drittel seines Konzerngewinns, verkaufte mehr als 40 Prozent seiner Fahrzeuge. Oberflächlich betrachtet sah es in den Ländern lange gut aus: Die Wachstumszahlen waren zweistellig.

Doch seit Monaten sind besonders die Verkaufszahlen der Kernmarke VW rückläufig. "Die gesamtwirtschaftlichen Situationen in China, Russland und Brasilien sind nach wie vor angespannt", begründete der Konzern die Absatzflaute zuletzt.

Wahr ist aber auch: Es rächen sich strategische Fehlentscheidungen. Die Abhängigkeit von China ist zu groß, Südostasien wurde vernachlässigt. Nicht nur, dass das in Zeiten der schwächelnden Wirtschaft zum Problem wird. Zwar sind VW und die Tochter Audi noch die Platzhirsche im chinesischen Premiumsegment -  ein Billigauto für die Masse soll dort aber erst 2018 kommen.

Aber auch in Brasilien gehen viele Modelle an den Bedürfnissen der Kunden vorbei. Andere sind da weiter. Die Konkurrenten Renault, Toyota und Hyundai sind mit günstigen Autos teils seit Jahren in China, Indien und Brasilien erfolgreich.

In Russland – einst von Winterkorn als Wachstumsmarkt Nummer eins bezeichnet -  drängen die Entscheidungen.  Ukrainekrise, Wirtschaftssanktionen und eine stärker werdende Konkurrenz  haben dem Konzern geschadet und die Verkaufszahlen von einstigen Bestsellern wie dem Polo massiv einbrechen lassen.

 

Rendite der VW-Kernmarke

Neben all dem Schlamassel darf der Nachfolger des zurückgetretenen Martin Winterkorn dessen hehres Ziel nicht aus den Augen verlieren: den VW-Konzern sparsamer und effizienter zu machen. Zehn Milliarden Euro will der Konzern bis 2018 einsparen. Die Kernmarke VW leidet unter einer niedrigen operativen Umsatzrendite von 2,5 Prozent.

Viele „Verbesserungschancen“ habe man bereits identifiziert sagte Winterkorn noch im Frühjahr. Stellenschrauben sind unter anderem eine Reduzierung der Fertigungstiefe – VW würde weniger Teile selbst bauen und mehr zuliefern lassen. Ein Personalabbau könnte insbesondere nach dem Skandal nun nötig sein, wird wegen der starken Stellung der IG Metall bei VW aber wohl trotzdem nicht kommen. VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh  hat vor dem Skandal einen Personalabbau ausgeschlossen.

Die VW-Großaktionäre – vor allem die Familien Porsche und Piëch und das Land Niedersachsen – müssen im Schulterschluss mit dem Betriebsrat einen Führungskultur installieren, die zu einem derart riesigen und unübersichtlichen Konzern passt. Ein patriarchisches Durchregieren wie unter Winterkorn wird bei dem Dickschiff mit 600.000 Mitarbeitern, mehr als 100 Fabriken und zwölf Marken künftig nicht mehr funktionieren.

"Die Affäre zeigt einmal mehr, dass VW seine Unternehmenskultur in Frage stellen muss – öffentlich und intern. Und zwar fundamental.  Die Unternehmenskultur bei VW hat eine ganze Reihe von Affären ermöglicht und einen immensen Reputationsschaden verursacht", sagt etwa Tobias Weitzel, Geschäftsführer der Kommunikationsberatung BSK und Vorstand bei der Financial Experts Association, einem Berufsverband für Finanzexperten im Aufsichtsrat.

Die Konsequenz könne nur sein, dass es dem neuen CEO darum gehen muss, nicht nur eine Kultur der Integrität, sondern auch der Verantwortung, des Respekts, der Offenheit, des Vertrauens und natürlich auch der Leistung zu etablieren.

Im Angesicht der vergangenen Tage stünde es VW jetzt also gut zu Gesicht, weitere „Verbesserungschancen“ zu nutzen. Auch ganz oben.

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