Die wichtigsten Antworten zum VW-Skandal Experte befürchtet dreistellige Milliardenstrafe

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Die Hintergründe zum VW-Skandal - was ist passiert?

Was ist überhaupt passiert?

Die US-Umweltschutzbehörde EPA wirft VW vor, bei rund 482.000  Diesel-Fahrzeugen Abgasvorschriften vorsätzlich umgangen zu haben. Betroffen sind die Modelle Jetta, Beetle, Passat, Golf und Audi A3, die zwischen 2009 und 2015 in den USA verkauft wurden. VW hat die Manipulationen bereits eingeräumt. "Solche Mittel zu benutzen, um die Klimaschutzstandards zu umgehen, ist illegal und eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit", prangert EPA-Vertreterin Cynthia Giles an.

Sind nur US-Fahrzeuge betroffen?

Nein. Mittlerweile ist klar: Elf Millionen Motoren des Typs EA 189 sind weltweit „auffällig“ und zeigen bei den Abgaswerten eine „Abweichung zwischen Prüfstandwerten und realem Fahrbetrieb“. Das hat VW eingeräumt. Es handelt sich um TDI-Common-Rail-Motoren mit Abgasnorm Euro 5. Volkswagen hat noch keine Information bekanntgegeben, wie viele der Aggregate in welchen Ländern im Einsatz sind. Was VW-Fahrer jetzt wissen müssen, finden Sie hier.

Wie haben VWs Trickserien funktioniert?

Seit 2009 hat VW offenbar einen Computercode in die Software des Fahrzeugs integriert, der erkennt, ob das Fahrzeug auf der Straße unterwegs ist oder in einem Teststand überprüft wird. Bei der Abgas-Überprüfung schaltet der Computer eine Emissions-Kontrolle zu, der Ausstoß von Stickoxiden sinkt deutlich. Aber: "Die Effektivität des Emissionskontrollsystems dieser Fahrzeuge ist während normaler Fahrsituationen massiv reduziert", erklärt die Umweltschutzbehörde EPA.

Im Klartext: Im Normalbetrieb ist die Kontrolle ausgeschaltet, damit die Spritzigkeit der Wagen nicht leidet. Der Nachteil: Die Stickoxid-Werte sprengten die erlaubte Grenze teils um das 40-Fache. Der Trick fiel übrigens erst auf, als das Forschungsinstitut ICCT der University of West Virginia in Vergleichstest auf Ungereimtheiten stieß und die Behörden alarmierte.

Warum hat VW geschummelt?

Diesel ist in Amerika nicht gerade beliebt. Zwar sind Verbrauch und Kosten pro Liter geringer als beim Benzin, in den USA ist er jedoch als Traktor-Kraftstoff verschrien. Um Fahrzeuge mit Dieselmotor überhaupt  verkaufen zu können, hat VW damit geworben, dass die Schadstoff-Emission besonders niedrig ist. Das Versprechen „Clean Diesel“ entpuppte sich jedoch als Lüge.

Sind Tricks bei den Prüfungen wirklich so besonders?

Nein. In einer Grauzone optimieren die Hersteller, was das Zeug hält. Schon wird deshalb bemängelt, dass die Prüfsysteme für Verbrauchs- und Abgaswerte – auch in Deutschland – problematisch sind. Hersteller können für die Messwert-Tests unter Laborbedingungen Vorkehrungen treffen und zum Beispiel Reifen mit extrem niedrigem Rollwiderstand nutzen oder den Luftdruck deutlich erhöhen. Das senkt etwa den Spritverbrauch deutlich.  Das Ausmaß der VW-Manipulationen geht allerdings weit über diese noch legalen Schummeleien hinaus. VW hat offenbar mit einem Software-Trick die ganze Überprüfung ad absurdum geführt.

Wie hat VW reagiert?

Zunächst mit Schweigen, dann mit einem Geständnis. Derzeit steht das Versprechen im Raum, die Vorwürfe umfänglich aufzuklären. Den Verkauf von Diesel-Autos mit Vierzylindermotoren hat der Konzern jedenfalls erstmal gestoppt. Betroffen seien aktuelle Modelle der Marken VW und Audi. VW werde bis auf weiteres auch keine gebrauchten Fahrzeuge dieses Typs verkaufen. Zudem hat VW am Dienstagmittag eine Gewinnwarnung herausgegeben, weil der Konzern im dritten Quartal rund 6,5 Milliarden Euro „ergebniswirksam zurückgestellt“ habe, teilte VW mit. Ein VW-Sprecher erklärte, dass es sich dabei um eine Vorsichtsmaßnahme handle. Grund dafür dürfte vor allem die drohenden Schadenersatzansprüche und erwarteten Strafen sein.

Wie reagieren die Autofahrer auf den VW-Skandal?

Bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig sind nach Angaben des niedersächsischen Justizministeriums mehrere Strafanzeigen "aus der Bevölkerung" gegen Verantwortliche von VW eingegangen. In Betracht komme unter anderem Betrug zu Lasten von Autokäufern, sagte ein Ministeriumssprecher. Die Anzeigen würden derzeit geprüft.

Zudem scheint es in Deutschland einen ersten gewissen Nachfragerückgang nach VW-Dieselautos zu geben. Zumindest berichtet das der Internetvermittler von Neuwagen MeinAuto.de. Aufgrund der Vielzahl an Kaufinteressenten über das Internet, deren Zahl bei VW-Diesel aktuell deutlich zurück gegangen sei (die Rede ist von über 30 Prozent), wäre ein Misstrauen unmittelbar zu spüren, so das Unternehmen. "Für uns kommt dieser drastische Einbruch überraschend. Die Kaufinteressenten signalisieren uns gegenüber sehr deutlich ihre Verunsicherung“, erklärt Alexander Bugge, Geschäftsführer von MeinAuto.de. Von anderen Anbietern gibt es aber bislang keine Zahlen oder Rückmeldungen. Klare Auswirkungen sind dadurch noch nicht abzuleiten.

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