Autonome Autos Wenn das Auto zum rollenden Büro wird

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Die nächste Stufe kommt bald

Ganz neu im Straßenverkehr ist folgende Technik: Sollte in modernsten Fahrzeugen wie dem aktuellen VW Arteon der Fahrer aus etwaigen Gründen der mehrmaligen Aufforderung zum Ergreifen des Lenkrades nicht nachkommen, fährt das Fahrzeug selbstständig mit aktivierter Warnblinkanlage an den rechten Fahrbahnrand, hält dort und setzt einen Notruf ab.

Was viele bereits für die vierte Stufe des autonomen Fahrens halten, ist jedoch eher als einer der letzten Schritte innerhalb der dritten Stufe zu sehen. Denn die vierte Stufe beschreibt die Möglichkeit sich auf der Autobahn hinter das Steuer zu setzen, dem Fahrzeug ein Ziel zu nennen und sich dann durch sämtliche Staus und Baustellen dorthin pilotieren zu lassen. Ein Eingreifen des Menschen ist in dieser Stufe nicht mehr notwendig. Eine hintergründige Ab- und Zu-Überwachung aber schon.

Ethische Grundregeln für autonome Autos

Und genau an dieser Stelle werden die Automobilhersteller und ihre Technikzulieferer noch einige Jahre zu knacken haben. Denn Straßenmarkierungen sind zum Beispiel trotz GPS und HD-Kartenmaterial für die Orientierung im Straßenverkehr nicht wegzudenken. Wenn sie sich, wie in Baustellen überschneiden oder auf frisch geteerten Straßenabschnitten überhaupt nicht mehr vorhanden sind, ist der Mensch wieder in der Pflicht. Zumal das öffentlich genutzte GPS-System nur eine Genauigkeit von maximal einem bis drei Metern erreichen kann. Und das auch nur, wenn zugleich mehrere Korrektursignale empfangen werden können. Hinzu kommen Szenarien mit auf die Straße laufenden Tieren, liegengebliebenen Fahrzeugen und vielem mehr, die ein ständiges Abbremsen eines automatisierten Fahrzeugs zur Folge hätten.

Da kann sich jeder selbst ausmalen, dass es auch innerhalb der kommenden Jahre und Jahrzehnte nahezu keine autonom fahrenden Fahrzeuge im wuseligen Großstadtverkehr geben wird. Ohne Störfaktoren sähe das natürlich ein wenig anders aus. Kein Wunder also, dass die Bürgermeister zahlloser Städte bei den großen Autobauern Schlange stehen, um sich für eine Teststrecke zu bewerben. Was jedoch unter Laborbedingungen funktioniert, ist selbst im strikt reglementierten und im Vergleich zu nahezu allen anderen Nationen perfekt strukturierten deutschen Straßenverkehr bislang undenkbar.

Der Fachbegriff, so einfach er auch klingt, lautet in diesem Falle Dilemma-Szenario. Denn wie schaut es mit Situationen aus, in denen der Autofahrer zwar im Recht, der ungeschützte, über Rot gehende Fußgänger aber mit wesentlich schwereren Verletzungen, wenn nicht gar mit dem Tod zu rechnen hat? Sollte das Auto lieber, drastisch formuliert, draufhalten, um weitere Kollisionen mit anderen Verkehrsteilnehmern oder auch die eigenen Zerstörung zu vermeiden – oder nicht?

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