Firmenwagen Die Finanzbranche fährt die teuersten Schlitten

Statussymbole verändern sich. Dem Zeitgeist gemäß werden auch Dienstwagen umweltfreundlicher und billiger. In manchen Branchen darf das Auto aber trotzdem noch etwas kosten. Protzen geht schließlich auch in grün.

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In welcher Branche braucht man überhaupt einen Dienstwagen? Quelle: Fotolia

"Das Auto ist Ausdruck des blechernen Selbst", sagt Rüdiger Hossiep. Er ist Professor für Wirtschaftspsychologie an der Ruhr-Universität Bochum. Das gelte besonders für den Dienstwagen. Der solle nicht nur zeigen, was für ein toller Hecht sein Fahrer ist, sondern auch die Corporate Identity transportieren. Und bei der hat sich bei so gut wie allen Unternehmen etwas getan. Statt für Erfolg, tolle Produkte und Traumumsätze werben die meisten Unternehmen mittlerweile mit ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung. Nachhaltigkeit ist einer der Trends.

Doch der Hang zum Weltverbessern wirkt wenig glaubwürdig, wenn der Chef im dicken Benz vorfährt und einmal im Jahr die deutsche Umwelthilfe rote Karten an das Fuhrparkmanagement verteilt.

Der Chef fährt Hybrid – oder Tesla

Wer etwas auf sich hält und die Sache mit der Nachhaltigkeit ernst meint, fährt also besser umweltschonend beim Kunden vor: wenn nicht mit dem Dienstfahrrad, dann doch zumindest mit einem Hybridauto. Entsprechend verordnen sich immer mehr Unternehmen umweltfreundliche Dienstwagen. Beispielsweise führte Tchibo vor einigen Jahren die Regel ein, dass sich die Emissionen der Dienstautos an den EU-Vorgaben orientieren müssen. Und zwar die aller Mitarbeiter. Entsprechend fuhr auch Ex-Chef Markus Conrad mit dem BMW i3 vor.

Felix Ahlers, Chef der Frosta AG reist im VW up! und Pierre-Pascal Urbon von der SMA Solar Technology AG fährt, genauso wie Stefan Dräger, Vorstandschef des Medizintechnikkonzerns Dräger, einen Tesla Model S.

In diesen Branchen sind Firmenwagen verbreitet

Warum dann nicht gleich ganz umweltfreundlich mit Bus und Bahn anreisen? Oder der Gesundheit etwas Gutes tun und mit dem Rad, zur Not auch dem E-Bike, vorfahren? So weit geht die Liebe zur Natur und der Drang zur Selbstoptimierung dann doch noch nicht, wie der jüngste Firmenwagenmonitor der Hamburger Vergütungsberatung Compensation Partner zeigt.

Demnach gönnen sich sogar immer mehr Führungskräfte einen Dienstwagen. "Der Dienstwagen ist natürlich nach innen in den einzelnen Organisationen ein entsprechendes Differenzierungsmerkmal: Wer darf was fahren, wer kriegt einen Parkplatz und wie weit ist der Parkplatz vom Zutritt zum Unternehmen entfernt", erklärt Hossiep. Die Chance, anderen zu zeigen, wo auf der Leiter man steht, will sich kaum jemand entgehen lassen. Entsprechend haben 47 Prozent der leitenden Angestellten in Deutschland einen Dienstwagen.

Gegenüber Compensation Partner haben vergangenen Herbst fast 50.000 Firmenwagenfahrer gesagt, dass ihr Dienstwagen ein Stück Lebensqualität sei und zu ihrer mobilen Unabhängigkeit beitrage. Außerdem ist der Dienstwagen auch heute – trotz vieler Alternativen – immer noch eines der beliebtesten Incentives.

Wenn der Chef sagt: "Müller, Sie arbeiten so gut, dass ich Ihnen ein Auto schenken möchte" mag das vielleicht nicht mehr zeitgemäß sein. In Müllers belohnungsorientiertem Gehirn bringt ein solcher Satz trotzdem andere Saiten zum Klingen, als ein "Mensch Müller, Ihre Arbeit ist mir doch glatt einen Apfel und einen Yoga-Kurs wert." Erst Recht in einem Land, wo das Auto einen derart hohen Stellenwert hat, wie in Deutschland.

Dienstwagen für unter 50.000 Euro

Trotzdem: Protzen mit teuren Firmenwagen ist ziemlich out. Das zeigt sich auch ganz deutlich in den Anschaffungskosten der Firmenwagen: Der typische Firmenwagen eines Marketing- oder technischen Leiters kostet unter 50.000 Euro. Die einzigen, deren Dienstwagen die 50.000 Euro-Marke knacken, sind Geschäftsführung und Gesellschafter – und auch deren Autos kosten im Mittel unter 60.000 Euro. Drägers oder Urbons Tesla S ist da mit durchschnittlich 76.000 Euro Anschaffungskosten natürlich deutlich drüber, aber was wäre Statistik ohne Ausreißer?

Wie teuer darf's denn sein?


Grundsätzlich, so zeigt die Statistik, steigt mit der Größe des Unternehmens auch die Wahrscheinlichkeit, dass Fach- und Führungskräfte einen Dienstwagen bekommen. Ab einer Firmengröße von mehr als 1000 Mitarbeitern gibt es nicht nur für den Außendienst einen Firmenwagen. Beim Branchenvergleich gibt es im Großhandel (26,4 Prozent) und Bau (25,6 Prozent) die höchste Firmenwagenverbreitung. Es folgen Gebrauchsgüter (21,9 Prozent) und die Pharmaindustrie (20,7 Prozent). Die wenigsten Firmenwagen werden in der öffentlichen Verwaltung, Kulturbetrieben und Krankenhäusern gefahren. Hier liegt die Verbreitung bei jeweils unter zwei Prozent.

Weshalb diejenigen, die in in einem Museum oder einem Krankenhaus arbeiten, vermutlich recht teure Autos fahren dürften. "In Branchen mit hoher Firmenwagenverbreitung fahren Beschäftigte günstigere Fahrzeuge. In lukrativen Branchen wie dem Finanzsektor sind Firmenwagen zwar seltener, dafür deutlich hochpreisiger", sagt jedenfalls Tim Böger, Geschäftsführer von Compensation Partner.

Dementsprechend fahren Beschäftigte aus der Finanzbranche die teuersten Autos mit einem durchschnittlichen Bruttolistenpreis von 49.333 Euro. Es folgen Messebetreiber (48.490 Euro) und Bankkaufleute (47.319 Euro).
Natürlich spielt auch das eigene Gehalt eine Rolle beim Preis des Firmenwagens: Führungskräfte, die mehr als 110.000 Euro im Jahr verdienen, haben – unabhängig von der Branche und ihrer eigenen Position – auch teurere Dienstwagen als Fachkräfte, die mit bis zu 40.000 Euro brutto im Jahr nach Hause gehen.

Während der Firmenwagen der gut bezahlten Führungskräfte im Mittel 56.251 Euro brutto kostet, ist der der Fachkräfte in der Regel nicht teurer als 30.000 Euro. Für das Geld gibt es zwar noch kein umweltfreundliches Elektroauto, wie es die eingangs erwähnten Chefs fahren und fuhren.

Was A6-Fahrer von BMW-Fahrern unterscheidet
Mercedes-Benz C-Klasse Quelle: Daimler
Audi A4 Quelle: Audi
BMW 3er Quelle: BMW
BMW 5er Quelle: BMW
Audi A6 Quelle: Audi
Mercedes-Benz E-Klasse Quelle: Daimler
VW Golf Quelle: Volkswagen

Aber der US-Elektroautopionier Tesla plant ja bereits für das Jahr 2018 mit dem Model 3 für rund 30.000 Euro auch einen umweltfreundlichen Elektroflitzer für den Massenmarkt zu produzieren. Bis dahin gibt's für bis zu 30.000 Euro unter anderem einen Citroën C5, einen Opel Insignia, einen Audi A3 oder einen A4 in der Basisversion. Neben Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz gehört Audi zu den beliebtesten Herstellern von Dienstwagen in Deutschland. Für Hossiep kein Wunder. Ihm zufolge strahlen diese Marken Seriosität, Stärke und Zuverlässigkeit aus – und mit diesen Werten konnte man bei Kunden und Partnern schon punkten, als noch niemand "Corporate Social Responsibility" im Geschäftsbericht und der Imagebroschüre stehen hatte.

Sie wollen wissen, ob Sie im richtigen Auto sitzen? Dann füllen Sie hier den Fragebogen zur automobilbezogenen Handlungsregulation (FAHR) aus und erhalten eine kostenlose Ergebnisauswertung.

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