Diesel-Debatte Wann Autogas als Alternative zum Diesel taugt

Das Vertrauen in den Dieselmotor schrumpft, das Elektroauto scheint für viele Autofahrer noch nicht bereit. Eine interessante Alternative zum Selbstzünder – aber auch zum Benziner – könnte Flüssiggas sein.

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Autogas oder LPG ist im Kommen Quelle: Opel

Gut 450.000 mit Autogas betriebene Fahrzeuge sind in Deutschland unterwegs. Und im Zuge der derzeitigen Diesel-Diskussionen scheinen Autofahrer vermehrt diesen Kraftstoff ins Kalkül zu ziehen. Im ersten Halbjahr stieg laut DVFG (Deutscher Verband Flüssiggas) die Zahl der neu zugelassenen Autogas-Fahrzeuge um 38,2 Prozent an, was in absoluten Zahlen allerdings nur einem Anstieg von 1.557 auf 2.154 entspricht.

Steht Autogas (LPG) gerade vor einem Comeback? LPG (Liquefied Petroleum Gas) gilt als der Alternativkraftstoff Nummer eins. Dies sagt zumindest Rainer Scharr, Vorsitzender des DVFG. Tendenz steigend. Experten rechnen damit, dass die Skepsis gegenüber dem Dieselantrieb vorerst bleiben wird und dem Autogas in die Hände spielt. Recht positiv sieht Shell die Sache. Das Mineralölunternehmen schreibt in einer ihrer Studien, dass innerhalb der nächsten 20 Jahre ein Anstieg auf 1,0 bis 1,5 Millionen Flüssiggas-Fahrzeuge stattfinden könnte.

Was macht Autogas reizvoll? Es kostet derzeit etwa 55 Euro-Cent pro Liter und verbrennt deutlich sauberer als Benzin oder Diesel. Es entsteht kein Ruß. Stickoxide sinken gegenüber einem Benziner um 20 und im Vergleich zu einem Dieselmotor um über 95 Prozent. Eventuelle Fahrverbote in den Innenstädten, wie sie Dieselautos betreffen könnten, sollten damit für den Autogas-Fahrer nicht mehr relevant sein.

Fünf Alternativen zum Diesel
Nissan Leaf Elektroauto Quelle: Nissan
Erdgasauto Quelle: Daimler
AutogasModellangebot: Hersteller wie Opel, Kia und Ford bieten ausgewählte Modelle mit werksseitig eingebautem Autogasantrieb an, meist Klein- und Kompaktwagen. Gängig ist aber auch die Umrüstung, die für viele Modelle mit Ottomotor verfügbar ist.Vorteil: Autogas (LPG) ist günstig und vielerorts verfügbar. CO2- und NOx-Ausstoß sind im Vergleich niedrig, auch wenn die Gesamtumweltbilanz aufgrund der LPG-Produktionsbedingungen umstritten ist.Nachteil: Längst nicht jeder Motor lässt sich umrüsten, Diesel prinzipiell nicht, moderne Benziner machen ebenfalls Probleme. Dazu kommen (geringfügige) Leistungseinbußen im Gas-Betrieb und der Platzbedarf für den zusätzlichen Tank, der meist die Reserveradmulde füllt.Kosten: Die Umrüstung auf Autogas kostet je nach Modell zwischen 1.800 und 3.500 Euro, bei Autogasautos ab Werk liegt der Aufpreis gegenüber einem vergleichbaren Benziner meist noch etwas höher. Trotzdem lohnt sich LPG, vor allem für Vielfahrer. Oder wenn das eigene, etwas ältere Lieblingsauto als Benziner zur Kostenfalle zu werden droht, weil der durstige V6 an der Tankstelle ordentlich zulangt. Quelle: Aral
Toyota Prius Hybrid Quelle: Toyota
VW Passat GTE Plug-in-Hybrid Quelle: Volkswagen

„Flüssiggas ist aus ökonomischen und ökologischen Erwägungen heraus sehr interessant“, sagt auch Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Managment (CAM) in Bergisch Gladbach. „Mit einer Umrüstung lassen sich die Vorteile ohne teuren Neukauf auch für das eigene Fahrzeug schnell und unkompliziert realisieren“, so Bratzel.

Autogas-Vorurteile halten sich hartnäckig

Weiterer Vorteil: Das Tankstellennetz ist deutlich besser ausgebaut als bei Erdgas. Derzeit existieren rund 6.700 Zapfsäulen in Deutschland (Erdgas: nur etwa 1.000). Fahrten ins Ausland stellen somit kein Problem dar. Vor allem im östlichen Europa ist LPG weit verbreitet. Europaweit kann an mehr als 40.000 Stationen Autogas gezapft werden.

Und Bedenken, mit einem LPG-Auto aufgrund eventueller Leckagen an den Gasleitungen nicht mehr in Tiefgaragen parken zu dürfen, sind seit über 20 Jahren durch eine neue Verordnung aus der Welt. An Stammtischen halten sich diese „Brand-Thesen“ leider immer noch hartnäckig. „Autogasbehälter sind mindestens ebenso sicher wie ein Benzintank. Zudem sorgen diverse Abschaltventile dafür, dass das Gas nicht unkontrolliert entweichen kann“ sagt Patrick Pöppl, Sachverständiger beim TÜV Süd in München.

Zehn Tipps zum Sprit sparen

Doch es gibt auch Nachteile. Aufgrund der geringeren spezifischen Dichte und entsprechend des geringeren Energieinhalts gegenüber Benzin steigt der Verbrauch um 15 bis 20 Prozent an, was den Kostenvorteil etwas verringert. Hinzu kommt eine leicht reduzierte Reichweite, da nach dem Umbau der Gastank meist in der Reserveradmulde (Radmuldentank) Platz finden muss und entsprechend wenige Liter (je nach Fahrzeuggröße 40 bis 60 Liter) hineinpassen. Aber zur Not bleibt ja noch der normale Benzintank.

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