Dieselgipfel Wie aus einer Affäre eine Staatskrise wird

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Der Skandal ist eine Gefahr für ganz Deutschland

Auch die deutsche Politik und die Behörden geben keine glanzvolle Figur ab. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ist unter Druck geraten. Kritiker werfen ihm zu große Nähe zur Autoindustrie vor. Das dem Verkehrsministerium unterstellte Kraftfahrbundesamt soll einen Untersuchungsbericht mit den Autoherstellern abgestimmt haben.

Zusätzlich macht die zunehmende Verschmutzung der Innenstädte dem Diesel Druck. Aufspringend auf die Anti-Diesel-Stimmung in der Bundesrepublik hat die Deutsche Umwelthilfe in den vergangenen Monaten Fahrt aufgenommen, reihenweise deutsche Städte verklagt. Viele überschreiten die Grenzwerte für Stickoxide teilweise deutlich und so droht nun ausgerechnet in der Autostadt Stuttgart ein Fahrverbot für Diesel.

Keine andere Volkswirtschaft hängt so an seiner Autoindustrie wie Deutschland. Nicht nur emotional sondern vor allem ökonomisch. Zwischen Bayern und Schleswig-Holstein hängen 1,8 Millionen Arbeitsplätze direkt oder indirekt vom Wohl der Autobranche ab. Geht es ihr schlecht, könnte das einen Dominoeffekt auslösen, der insbesondere die hochspezialisierten mittelständischen Zulieferer treffen würde.

So wichtig ist die Autoindustrie für Deutschland

Wegen dieser Gefahren ist die Aufgabe für den am Mittwoch stattfindenden Dieselgipfel klar: Das Vertrauen in die deutsche Autoindustrie muss wiederhergestellt werden. Eine Priorität der Teilnehmer wird es deshalb sein, Fahrverbote in den Innenstädten zu verhindern.

Gastgeber sind Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt. Unter den Gästen sind mehrere Ministerpräsidenten von Ländern mit starker Automobilindustrie. Dazu kommen die Vorstandsvorsitzenden von VW, Daimler, BMW, Opel und Ford sowie Vertreter des Verbands der Automobilindustrie und der Gewerkschaften. Ihnen allen ist die Brisanz des Themas bewusst.

Die Politik gibt sich deshalb im Voraus bestimmt: Den Vorschlag der Autoindustrie, die Diesel mit Softwareupdates zu versorgen und so die Abgasreinigung effizienter zu gestalten, lehnt Umweltministerin Hendricks ab. Selbst Verkehrsminister Dobrindt, der sich während des gesamten Skandals nicht gerade als riesiger Kritiker hervorgetan hat, erklärte die Autoindustrie habe „jetzt die verdammte Verantwortung“.  Beide wollen stattdessen offiziell echte Nachrüstungen der Motoren. Einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge, sollen sich Politik und Industrie jedoch bereits auf die Softwarelösung geeinigt haben. Stattdessen soll die Industrie 250 Millionen Euro in einen Fonds für Stickoxid geplagte Kommunen einzahlen. Genauso viel wie der Bund. Eine Nachrüstung der Dieselmotoren würde Kosten in Milliardenhöhe verursachen.

Vielleicht auch deshalb ist die Zeit für den eigentlichen Gipfel recht knapp bemessen. Nur zwei Stunden sind angesetzt, bis die Öffentlichkeit mit einer Pressekonferenz über die Ergebnisse informiert werden soll. Der 2. August 2017 mag den bisherigen Höhepunkt des Dieselskandals markieren, ob er auch die Wende bringen kann ist zumindest fraglich.

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