Dieselskandal Warum Daimlers Stellungnahme in die Irre führt

Warum Daimlers Stellungnahme in die Irre führt. Quelle: REUTERS

Die Daimler AG hat auf eine von der WirtschaftsWoche herausgegebene Vorabmeldung zum Thema Diesel-Emissionen mit einer Stellungnahme reagiert. Die dort gemachten Aussagen sind nach Auffassung der WirtschaftsWoche jedoch irreführend. Deshalb nehmen wir wie folgt Stellung dazu.

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„Den unbegründeten Behauptungen der „WirtschaftsWoche“, wonach bei der Mercedes-Benz C-Klasse angeblich ein Konstruktionsfehler vorliegt, tritt die Daimler AG mit Entschiedenheit entgegen. Auch die Aussage, unsere Dieselfahrzeuge seien absichtlich so konzipiert, dass die Stickoxidreinigung im Normalbetrieb über weite Strecken nicht funktioniere, ist schlicht falsch. Die Basis für die Interpretationen der „WirtschaftsWoche“ wird nicht näher erläutert. Der aktuelle Bericht der niederländischen Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung TNO (TNO 2016 R10083), der seit 9. März öffentlich zugänglich ist, enthält jedenfalls keine der erwähnten Aussagen.“

Stellungnahme der WirtschaftsWoche:

Es handelt sich bei den Aussagen der WirtschaftsWoche nicht um eigene Interpretationen. Die WirtschaftsWoche bezieht sich auf einen TNO-Bericht, jedoch nicht den von Daimler erwähnten, sondern den Bericht TNO 2015 R10702. Darin heißt es: „Die Adblue-Tanks der meisten getesteten Fahrzeuge waren zu klein, um die Emissionen auf das Niveau von 80 mg/km zu bringen“. (Anmerkung: Stickoxidemissionen von 80 mg/km sind der Grenzwert, den Euro-6-Fahrzeuge im Zulassungstest erreichen müssen.) „Die Tanks müssten zwischen 40 und 80 Prozent größer sein“, so das Fazit der TNO-Tester. Der Tank der getesteten Mercedes C-Klasse ist laut TNO 83 Prozent zu klein. Diesen Umstand hat die Wirtschaftswoche als Konstruktionsfehler beschrieben, der angesichts der technischen Tragweite nicht zufällig sein kann. Das Unternehmen muss sich bewusst für diese Ausgestaltung entschieden haben.  

 

Daimler schreibt: „Fakt ist, dass die AdBlue Eindosierung im jeweiligen Motorbetriebspunkt optimal auf die NOx-Reduzierung abgestimmt ist.“

Die Stellungnahme der Wirtschaftswoche:

Fakt ist, dass laut TNO-Messung die Mercedes C-Klasse auf der Straße (SEMS-Messung) im Durchschnitt 622 mg Stickoxide (NOx) pro Kilometer ausstößt. Der gesetzliche Grenzwert im Zulassungsverfahren auf dem Prüfstand sind 80 mg/km. Außerdem stellte TNO fest, dass die SCR-Abgasreinigung unterhalb von zehn Grad Celsius offenbar nicht oder nur unzureichend funktioniert. Das Ergebnis einer „optimal auf die NOx-Reduzierung abgestimmten Adblue-Eindosierung“ ist laut TNO-Bericht weniger bei Mercedes zu beobachten, als vielmehr bei BMW. Der getestete BMW 530 d kommt auf  Durchschnittsemissionen von 123 mg/km.  

 

Daimler schreibt: „Eine weitergehende NOx-Reduzierung durch eine Erhöhung der AdBlue Dosierung ist technisch nicht möglich, da es sonst zu einem unerwünschten Austritt von Ammoniakgas als Reaktionsprodukt kommen würde.“

Die Stellungnahme der Wirtschaftswoche:

Eine weitergehende NOx-Reduzierung ist möglich, wie BMW im TNO-Test beweist.

 

Daimler schreibt: „Im Bedarfsfall wäre die AdBlue-Nachfüllung für den Kunden über eine einfach zugängliche Öffnung ohne Hilfe eines Servicebetriebs an der Tankstelle möglich. Das Tankvolumen steht in keinem Zusammenhang mit der eingespritzten AdBlue Menge und damit auch nicht mit den Emissionen.“

Die Stellungnahme der Wirtschaftswoche:

Die verwendete Menge Adblue steht im direkten Zusammenhang mit den Emissionen, denn es gibt eine durch die Chemie definierte Mindestmenge, die für die Neutralisierung von NOx nötig ist. Soll die Mercedes C-Klasse nur beim Serviceintervall in der Werkstatt befüllt werden, wie es beispielweise in den USA vorgesehen ist, bräuchte das Fahrzeug  laut nach Berechnungen von TNO einen Adblue-Tank, der 46 Liter fasst. Tatsächlich hat der Tank ein Volumen von 25 Litern.

 

Daimler schreibt: "Es ist enttäuschend, dass die WirtschaftsWoche Fakten, die wir ihr rechtzeitig zur Verfügung gestellt haben, schlicht ignoriert und die Sachlage völlig falsch darstellt."

Die Wirtschaftswoche hat Daimler am Dienstagabend, 15. März, telefonisch und per Mail gebeten, bis Freitagmittag, 19. März,  detaillierte Fragen zum Thema SCR-Reinigung zu beantworten. Diesen Termin hielt Daimler nicht ein. Auf eine erneute Nachfrage am Montagmittag, 21. März, kamen am späten Nachmittag Stellungnahmen, die aber unsere Fragen nicht vollständig beantworteten. Die verfügbare Stellungnahme floss in den WirtschaftsWoche-Artikel mit ein.

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