Die Gesetzesänderung war also schon beschlossen, die Autohersteller reagierten bereits mit der Ankündigung, die Preise zu senken. Warum also noch eine Untersuchung? Die medienwirksame Kampagne dürfte noch einen anderen Hintergrund haben:
Daimler ist nicht der erste ausländische Konzern, der solchen Vorwürfen ausgesetzt ist. Seit 2008 gilt in China ein "Anti-Monopol-Gesetz", das auch darauf abzielt, ausländische Konzerne daran zu hindern, ihre Produkte auf dem chinesischen Markt teurer anzubieten als auf anderen Märkten. Immer wieder stehen ausländische Unternehmen in den chinesischen Staatsmedien in der Kritik. Verschärft hat sich die Lage mit dem Amtsantritt von Xi Jinping.
Prozesse treiben bizarre Blüten
Auch Microsoft und der amerikanische Chip-Hersteller Qualcomm gerieten vergangene Woche in die Kritik. Am drastischsten traf es bisher den britischen Pharma-Riesen GlaxoSmithKline im vergangenen Sommer. Dessen Top-Management ist angeklagt, über ein gigantisches Bestechungsnetzwerk geherrscht zu haben. Gegen Geldgeschenke sollen chinesische Ärzte dazu gebracht worden sein, Medikamente von GSK zu verschreiben.
Größte ausländische Autohersteller in China
BMW - 326.000 verkaufte Fahrzeuge
China gehört für die Münchener zu den wichtigsten Märkten der Welt. Und BMW dringt in die Top Ten vor: Im Vorjahresvergleich legt der Absatz um beachtliche 40 Prozent zu. Auf den Plätzen folgen Suzuki, Daimler und Mazda.
Ford - 427.000 verkaufte Fahrzeuge
Die Amerikaner machen Boden gut, was sie ebenfalls dem Inselstreit zu verdanken haben. Im Vorjahresvergleich bleibt ein sattes Plus von 31 Prozent.
(Anm. d. Red.: Erfasst wurden nur Pkw-Verkäufe)
Peugeot-Citroën - 442.000 verkaufte Fahrzeuge
Während der Heimatmarkt schwächelt, können die Franzosen in Fernost ihre Verkäufe ausbauen. Der Absatz legt um neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Kia - 512.000 verkaufte Fahrzeuge
Die Koreaner können auch im Nachbarland ihren Erfolgskurs fortsetzen. Mit einem Wachstum von 18 Prozent gehören sie mittlerweile zu den erfolgreichen Volumenherstellern in China.
Honda - 603.000 verkaufte Fahrzeuge
Honda muss ebenfalls Einbußen hinnehmen - wie die anderen japanischen Hersteller in China ebenfalls. Im Vorjahresvergleich steht ein Minus von drei Prozent.
Toyota - 841.000 verkaufte Fahrzeuge
Die Japaner müssen sich mit Rang fünf begnügen, vor allem im September hatte es einen herben Rückschlag der Verkaufszahlen auf gerade einmal 50.000 Stück gegeben. Im Gesamtjahr bleibt ein Absatzminus von fünf Prozent.
(Anm. d. Red.: Angabe laut Reuters)
Hyundai - 847.000 verkaufte Fahrzeuge
Die Koreaner verdrängen Toyota auf Rang fünf und sind indirekter Nutznießer des Inselstreits. Die Hyundai-Verkäufe legten 2012 um zwölf Prozent zu.
Nissan - 1,18 Millionen verkaufte Fahrzeuge
Der Streit um eine Inselgruppe zwischen China und Japan hat die Absatzzahlen der Japaner deutlich in die Knie gedrückt. Im Gesamtjahr gab es für Nissan ein Minus von fünf Prozent.
Volkswagen - 2,81 Millionen verkaufte Fahrzeuge
Die Wolfsburger können das größte Wachstum der Massenhersteller in der Volksrepublik vorweisen. Gegenüber dem Vorjahr haben die Volkswagen-Verkäufe um 24 Prozent zugelegt.
General Motors - 2,84 Millionen verkaufte Fahrzeuge
Die Amerikaner verteidigen hauchdünn die Spitzenposition in China. Im Jahresvergleich hat GM um elf Prozent zugelegt.
Einmal pro Quartal erstellen die Wirtschaftsprüfer von Ernst&Young ein Ranking der größten Autokonzerne nach Absatz. Wie die Autohersteller in China abgeschnitten haben. (Daten: Gesamtjahr 2012)
Oft, aber nicht immer, sind die Vorwürfe berechtigt. Doch stets wird die Verurteilung medienwirksam inszeniert. Das Staatsfernsehen CCTV berichtet darüber zur besten Sendezeit. Dem Volk soll so erklärt werden: Seht her, wir tun etwas gegen ausländische Konzerne!
Mitunter treibt der mediale Pranger aber auch bizarre Blüten. So wurde die Kaffeehaus-Kette Starbucks in den Staatsmedien beschuldigt, ihren Kaffee teurer zu verkaufen als in anderen Ländern. Davon, dass die höheren Preise an Importzöllen und höheren Transportkosten liegen könnten, war nicht die Rede.
Nicht selten dienen die Kampagnen dazu, vom Versagen inländischer Unternehmen abzulenken. Erst Ende Juli kam in China ein gewaltiger Gammelfleisch-Skandal ans Licht. Shanghai Husi hatte abgelaufenes Fleisch jahrelang an Fastfood-Ketten wie McDonalds und KFC geliefert. Auch, dass die chinesische Regierung auf zahlreiche ausländische Produkte eine "Luxussteuer" von bis zu 30 Prozent erhebt, und so ihre eigenen Bürger kräftig zur Kasse bittet, wird im Staatsfernsehen eher selten erwähnt.
Bisher aber trüben diese Anschuldigungen den Appetit chinesischer Konsumenten auf westliche Produkte kaum: Allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurden 14 Prozent mehr Autos verkauft als im Vorjahreszeitraum - die meisten davon sind ausländische Marken.