E-Scooter Wie sich Elektroroller im Alltag schlagen

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Kuschelkompetenz und Unterm Sattel

4. Kuschelkompetenz

„Halt dich ruhig an mir fest“: Was einerseits charmant klingt, kann auf den Rollern schnell zum Fiasko werden. Der hübsche Unu etwa bietet nicht einmal genug Platz für die Füße des Sozius neben, unter, über oder vor denen des Fahrers. Ausklappbare Bügel für Fuß 3 und 4 hat man offenbar vergessen. So kann es beim Anfahren zu gefährlichem Gerangel kommen, wenn der Fahrer seine Füße von der Straße hochnimmt. Der Unu ist wohl eher etwas für den Lonesome Rider.

Der Niu hat eine recht große Sitzbank und ist deshalb unterm Strich ideal für Verliebte mit schmalem Geldbeutel und Hang zum Understatement.

Das Modell Schwalbe von Govecs zieht derart ruckartig los, dass sich der Mitfahrer am besten durchgängig am Fahrer festkrallt, sonst liegt er schnell hinten auf dem Asphalt. Oder der Fahrer ruft vor Vollstrom immer „Achtung“.

Daimler zeigt sein erstes City-Robotaxi
Smart Vision EQ Fortwo Quelle: Daimler
Smart Vision EQ Fortwo Quelle: Daimler
Smart Vision EQ Fortwo Quelle: Daimler
Smart Vision EQ Fortwo Quelle: Daimler
Smart Vision EQ Fortwo Quelle: Daimler
Smart Vision EQ Fortwo Quelle: Daimler
Smart Vision EQ Fortwo Quelle: Daimler

Beim Torrot sitzt der Sozius sehr hoch. Das macht die Maschine etwas wackelig, aber hinten thront man regelrecht mit gutem Rundumblick.

Der Gogoro ruckt nicht so martialisch und hat einen rundum laufenden Haltegriff für jene, die mitfahren. Wer hier trotzdem kuschelt, hat sich wirklich verliebt.

5. Unterm Sattel

E-Roller sind nichts für lange Überlandfahrten. Dafür sind sie mit ihren 45 Kilometern pro Stunde erlaubter Spitzengeschwindigkeit zu langsam. Das Gute: Weil man sie deshalb überwiegend nur in der Stadt nutzt, ist ihre limitierte Reichweite kein Kaufhindernis. Man tankt den Akku eben im Wohnzimmer. Wenn es sein muss, jede Nacht.

Eine Akkuladung reicht laut Herstellern je nach Modell für 80 bis 100 Kilometer. Das überschreitet an einem Tag im Stadtverkehr höchstens, wer sich sehr oft verfährt.

Beim E-Auto schrumpft die Reichweite schnell durch Sitzheizung und Klimaanlage, die E-Roller kapitulieren dagegen vor hohem Körpergewicht. Der Verkäufer des Niu (angegebene Reichweite 80 Kilometer) erzählt gar: „Wir haben eine Kundin, die ist so schwer, deren Roller muss alle 45 Kilometer ans Netz.“ Unser Test hat gezeigt: Bei der Fahrt zu zweit schrumpft die Reichweite auch bei den anderen Modellen zügig.

Taugt ein Elektroauto als Taxi?
Lutz Möbius ist überzeugt: „In fünf Jahren wird sich die Autolandschaft in Deutschland radikal gewandelt haben“. Der 58-Jährige ist Taxi-Unternehmer im Süden Sachsen-Anhalts, in Zeitz, und gibt den derzeit viel diskutierten Diesel-Stinkern keine Zukunftschancen. Deshalb setzt er auf Autos mit Elektro-Antrieb. „Ich will in den nächsten Jahren 25 bis 30 Prozent meiner Fahrzeugflotte auf Elektro umrüsten“, sagt Möbius und sieht sich als Vorreiter. Ein reines Elektroauto, einen Wagen des US-Autobauers Tesla, nutzt Möbius schon - allerdings mit Einschränkungen und ohne das markante Taxi-Schild auf dem Dach. Quelle: dpa
Der Unternehmer ist ein Exot in seiner Branche. Konkrete Zahlen gibt es laut Deutschen Taxi- und Mietwagenverband zwar nicht. „Aber wenn es auf 20 Elektroautos kommt, ist das viel“, sagt Geschäftsführer Thomas Grätz. Neben den hohen Anschaffungskosten seien die Bedingungen noch nicht ideal. Quelle: Nissan
Grätz nennt sowohl betriebliche als auch organisatorische Probleme. In Taxi-Unternehmen werde meist im Zwei-Schicht-Rhythmus gearbeitet. „Was ist, wenn kurz vor Schichtwechsel das Taxi aufgeladen werden muss?“ Andere Taxi-Betriebe setzten daher eher auf die Kombination der Antriebe, auf Hybrid-Autos. „In Berlin sind bestimmt bis zu 20 Prozent der Taxis mit Hybrid unterwegs“, schätzt Grätz. Laut Verband gibt es in Deutschland mehr als 21.700 Taxi-Unternehmen mit rund 53.500 Fahrzeugen. Quelle: Toyota
Der Zeitzer Taxi-Unternehmer Möbius hatte weniger organisatorische Bedenken, er stieß auf rechtliche Hürden. Sein Elektroauto bekam keine Taxi-Zulassung, darf nicht die typische Farbe tagen und auch kein Schild auf dem Dach. Die Angelegenheit ist verzwickt. Im vorigen Jahr wurden die Eich-Vorschriften geändert: Demnach durften Autos, die nicht vom Hersteller als Taxi-Variante kommen, von Ausrüstern nicht mehr in ein Taxi umgewandelt werden. Vor dieser Novelle sei es einfach gewesen, E-Autos umzurüsten, berichtet Möbius. Doch der 58-Jährige ließ sich nicht entmutigen. „Ich hatte mir den Gedanken in den Kopf gesetzt: Ich will so ein Auto haben, weil es richtig ist.“ Quelle: dpa
Geholfen hat schließlich das Landesverwaltungsamt in Sachsen-Anhalt – mit einer Ausnahmegenehmigung, die das Personenbeförderungsgesetz zulässt. So fährt der 58-Jährige nun etwa Patienten zu notwendigen Behandlungen nach außerhalb oder übernimmt Zubringerfahrten – nur eben ohne Taxi-Schild. Quelle: dpa
Inzwischen hat die Bundesregierung umgesteuert und das Bundeswirtschaftsministerium verkündete eine erneute Änderung der Mess- und Eichverordnung. Nun soll es doch wieder möglich sein, Autos als E-Taxis nachzurüsten. Quelle: dpa
„E-Autos sind ein wichtiger Bestandteil einer nachhaltigen, klimafreundlichen Mobilität. Gerade die große Taxi-Flotte in Deutschland bietet hier einen wichtigen Hebel“, erklärte Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD). Möbius hofft, das die Zulassungsschwierigkeiten bald der Vergangenheit angehören. Er selbst ist nach 14.000 gefahrenen Kilometern mit seinem E-Auto zufrieden. Auch die Infrastruktur passe, sagt er. Quelle: dpa

Immerhin: Die Akkus lassen sich bei fast allen Modellen recht leicht herausnehmen. Nur beim Niu steckt ein Akku im Boden, das sorgt für eine gute Straßenlage, aber man muss sich beim Rausfummeln tief bücken. Das nervt mit schwerem Rucksack.

Die Schwalbe muss da ganz passen. Der Straßenkreuzer hat fest verbaute Batterien. Sie müssen auf dem Parkplatz geladen werden. Willkommen in der traurigen E-Auto-Welt.

Fazit

  • Die originelle Schwalbe ist zu groß für die Stadt und zu langsam für Überland.
  • Der unscheinbare, aber zügige und wendige Niu ist der Bestpreis-Roller.
  • Der Unu ist für Ästheten, die gerne alleine reisen.
  • Der überzeugendste im Test ist aber ausgerechnet der Gogoro, den es nicht zu erwerben gibt. Aber kaufen ist sowieso von gestern.
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