Elektroauto-Kaufprämien Die schwierige Suche nach dem Kompromiss

Nur ein Bruchteil der neu zugelassenen Autos in Deutschland fährt mit Elektroantrieb. Die Kanzlerin und die Autobosse sprechen am Dienstag über eine Kaufprämie. Eine klare Position gibt es selbst in der Industrie nicht.

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Merkel neben einem BMW i3: Beim Elektroauto ist die Auto-Kanzlerin noch zurückhaltend. Quelle: REUTERS

Das Elektroauto nimmt in Deutschland keine Fahrt auf. Obwohl inzwischen einige Modelle – auch von deutschen Autobauern – auf dem Markt sind, machen die E-Autos nur einen Bruchteil der Neuzulassungen aus. Einen Absatz-Anschub verspricht sich die Industrie vor allem von einer Kaufprämie. Am Dienstag treffen die Chefs der großen Autobauer deshalb Kanzlerin Angela Merkel zu einem inoffiziellen „Auto-Gipfel“. Die wichtigsten Fragen und Antworten vor dem Spitzentreffen im Überblick.

Wer nimmt an dem Treffen teil?

Eine offizielle Teilnehmerliste gibt es nicht. Laut dem „Spiegel“ will Merkel mit VW-Chef Matthias Müller, Daimler-Chef Dieter Zetsche und BMW-Chef Harald Krüger über das Thema sprechen. Sowohl auf Seite der Regierung als auch der Industrie dürften zahlreiche weitere Vertreter an den Gesprächen teilnehmen.

Neuzulassungen von Elektroautos in Deutschland 2009-2015

Kommt die Kaufprämie von 5000 Euro pro Elektroauto?

Vor dem Treffen ist das noch nicht klar. Eine staatliche Kaufprämie wird aber immer wahrscheinlicher. Laut vorab diskutierten Modellen sollen aber auch die Hersteller an den Kosten beteiligt werden. Im Raum steht eine Finanzierung über einen Fonds, in den die Regierung den Großteil einzahlen würde – der Rest würde demnach von der Industrie gestemmt.

Eine konkrete Entscheidung bei dem Treffen ist aber noch nicht in Sicht. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag, das Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Chefs der drei großen deutschen Autobauer sei lediglich ein erstes Beratungs- und Informationsgespräch. „Das ist kein Abend, an dem konkrete Beschlüsse gefasst werden“, erklärte er. Über eine Kaufprämie oder andere Förderinstrumente für Elektro-Fahrzeuge wird demnach dort noch nicht entschieden.

Was sagen die Parteien?

Die Union hat keine klare Haltung zu der Kaufprämie. Während CSU-Chef Horst Seehofer sie befürwortet, ist Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) klar dagegen. Schäuble beruft sich dabei auf den Koalitionsvertrag, in dem direkte Hilfen ausgeschlossen werden. Kanzlerin Merkel hat noch kein Machtwort gesprochen: In der Vergangenheit wollte sie den Autobauern bereits eine solche Förderung versprechen, um das Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020 halten zu können. Bislang hat der Großteil der Unionsfraktion davon abgehalten.

Mit welchen Hindernissen Elektroautos kämpfen

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat sich eindeutig positioniert: Er will die 5000-Euro-Prämie. Anderenfalls sei das Million-Ziel nicht zu halten. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter teilte am Sonntag mit, eine Kaufprämie sei richtig. „Wir schlagen vor, übermotorisierte Spritfresser zur Refinanzierung heranzuziehen“, teilte Hofreiter mit. „Das wäre eine echte Verkehrswende: Diejenigen fördern, die für eine bessere Luft für alle beitragen – diejenigen dazu beitragen lassen, die besonders viel verschmutzen.“

Was sagen die Autobauer?

In der öffentlichen Debatte der letzten Wochen haben sich VW, Daimler und Co zurückgehalten und eindeutige Forderungen vermieden. Aus gutem Grund, schließlich schreiben die deutschen Konzerne fast durchweg Milliarden-Gewinne – einzig über der Volkswagen-Bilanz schwebt wegen des Abgas-Skandals noch ein Fragezeichen. Natürlich will die Branche, dass die Elektroautos auch in Deutschland endlich in Fahrt kommen. Gleichzeitig will die Industrie nicht alleine die Kosten tragen.

Ein Beispiel: Bei einer Veranstaltung in Hamburg forderte VW-Chef Müller „gemeinsame Anstrengungen von Politik und Automobilindustrie“. Dazu sei ein „stimmiges Gesamtpaket“ nötig, zu dem auch die Verbesserung der Infrastruktur gehöre. Die Bemühungen der Industrie alleine reichten nicht aus. Staatliche Subventionen sprach Müller aber nicht an.

Während sich die Chefetagen derzeit nicht dazu äußern, melden sich andere Stellen zu Wort. „Ohne Kaufprämien wird es nicht gehen“, sagte Audi-Betriebsratschef Peter Mosch der „Süddeutschen Zeitung“. „Den überwiegenden Teil einer Prämie sollte aber der Staat übernehmen und die Hersteller sollten einen kleinen Anreiz mit drauflegen.“ Porsche-Chef Oliver Blume, der 2019 selbst ein Elektroauto auf den Markt bringen will, hält die Kaufprämie nicht für die erste Wahl. „Ich halte es für sinnvoll, dass die Politik den Ausbau der Lade-Infrastruktur unterstützt“, sagte Blume den „Stuttgarter Nachrichten“. „Subventionen für den Kauf einzelner Fahrzeuge haben aus Porsche-Sicht dagegen keine Priorität.“

Greenpeace ist gegen die Kaufprämie

Welche Haltung haben Umweltschützer?

Kaufprämien für E-Autos seien „doppelt unsinnig“, sagte Greenpeace-Experte Daniel Moser der Deutschen Presse-Agentur. „Für den Klimaschutz bringen sie wenig, in der Verkehrspolitik sind sie sogar schädlich. Statt Porsche-Fahrern den Kauf einer schweren Hybridlimousine zu finanzieren, der für das Klima nichts bringt, sollte die Bundesregierung die schädliche Dieselprämie von sieben Milliarden Euro pro Jahr abschaffen.“ Statt den noch immer gesundheitsschädlichen Dieselmotor zu fördern, könne mit dem Geld eine nachhaltige Verkehrswende angeschoben werden. Diesel wird geringer besteuert als Benzin.

Umstrittene Förderung für Elektroautos

Stattdessen will Greenpeace die öffentliche Busflotte in Deutschland auf elektrische Antriebe umrüsten. „Das verbessert nicht nur die Luftqualität in Deutschland, es spart mit zwei Millionen Tonnen CO2 auch weit mehr, als eine Kaufprämie für E-Autos es vermag.“

Wie viele Elektroautos wurden in Deutschland zugelassen?

Im vergangenen Jahr wurden nur 12.363 Elektroautos neu zugelassen – bei insgesamt 3,2 Millionen Personenwagen. Die Nachfrage nach E-Autos in Deutschland ist immer noch schwach, aber sie nimmt zu: 2011 waren es gerade einmal 2.154 Neuzulassungen. Insgesamt waren Ende 2015 auf deutschen Straßen gerade einmal 18.948 Elektroautos unterwegs – vor zehn Jahren waren es keine 2000 Stück.

Wie sieht es im Ausland aus?

Andere Länder subventionieren die Elektromobilität teils kräftig. Die üppigen Prämien sind aber mitunter an Bedingungen geknüpft – China unterstützt zwar mit umgerechnet 7546 Euro, aber nur E-Autos aus heimischer Produktion. Spitzenreiter Norwegen mit bis zu 16.190 Euro Förderung hat die Anzahl der subventionierten Autos begrenzt. Länder wie Frankreich, die USA, Japan, Großbritannien und die Niederlande fordern mit etwa 5000 bis 6000 Euro.

Die Länder mit dem größten E-Auto-Absatz

Geht der Bundestag bei seinem Fuhrpark mit gutem Beispiel voran?

Die Antwort ist: Jein. Heute werden die Bundestagsabgeordneten größtenteils noch mit Benzin und Diesel durch Berlin gefahren. Das soll sich ab Sommer 2017 ändern: Mit dem Einsatz von Elektroautos solle „der Einstieg in das Konzept nachhaltiger Mobilität vollzogen und der CO2-Ausstoß deutlich gesenkt werden“, hieß es in einem Schreiben von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) an die Parlamentarier, das der Deutschen Presse-Agentur vorlag.

Der Vertrag mit der bisherigen Betreiberfirma des Fahrdienstes läuft am 31. Juli 2017 aus. Bislang setzt diese nach Angaben des Bundestages etwa 100 Fahrzeuge der oberen Mittelklasse für den Transport der Abgeordneten in Berlin ein. Insofern diese Typen im Sommer 2017 als E-Auto-Version zur Verfügung stünden, sollten sie entsprechend zum Einsatz kommen.

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