Elektroautos Deutschland verliert den Anschluss an China und die USA

Die Zahl der Neuzulassungen von Elektroautos steigt – auch in Deutschland. Von einem Leitmarkt ist man hierzulande aber weit entfernt. Wirtschaftsminister Gabriel bringt deshalb erneut eine Förderung ins Spiel.

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Was Elektroautos als Gebrauchtwagen kosten
Genau genommen ist der Renault Twizy kein Elektroauto, in der Zulassungsstatistik läuft er als Quad. Dennoch kann er als preisgünstiger Einstieg in die Elektro-Welt herhalten. Dabei zeigt sich der kleine Elektroflitzer erstaunlich wertstabil: Neu ist er ab 7.000 Euro zu haben, die Gebraucht-Preise liegen in einem Ranking des Vergleichportals AutoUncle.de bei 6.850 Euro. Dafür gibt es einen Twizy des Jahrgangs 2012, der im Schnitt bereits 9.500 Kilometer gefahren ist. Für das Ranking haben die Gebrauchtwagen-Experten die Internet-Inserate von 1.589 in Deutschland zum Verkauf angeboteten Elektroautos untersucht. Einzige Voraussetzung neben dem Elektro-Antrieb: Von jedem Modell mussten mindestens 20 Inserate vorliegen, um Exoten auszuschließen.Leistung:  bis zu 18 PSAkku:  6,1 kWhReichweite:  100 km (NEFZ) Quelle: dpa
Eine weitere Erkenntnis der Studie: Elektroautos sind am häufigsten weiß lackiert – über die Hälfte der aktuell zum Verkauf stehenden Elektroautos sind in neutralem Weiß gehalten. Wie auch dieser Citroën C-Zero. Das Trio Mitsubishi EV, Peugeot iOn und Citroën C-Zero läuft baugleich in Japan vom Band. Als Gebrauchtwagen unterscheiden Sie sich aber deutlich: Von 11.995 Euro für den C-Zero (7.226 Kilometer) über 13.945 Euro für den iOn mit 14.722 Kilometern bis zum Mitsubishi für glatte 16.000 Euro (17.578 Kilometer) ist die Bandbreite groß. Wer nicht an eine Marke gebunden ist, kann hier einige tausend Euro sparen.Leistung:  67 PSAkku:  16 kWhReichweite:  150 km Quelle: dpa
Trotz der Limousinen-Form taugt der Fluence kaum als Familienauto, der Kofferraum ist zum Großteil mit Akkus gefüllt. Deshalb hat sich der Fluence auch nie so recht durchgesetzt – entsprechend sehen die Gebrauchtwagenpreise aus. Statt des Neupreises von 25.950 Euro wird ein Fluence des Jahrgangs 2012 mit 9.850 Kilometern für gerade einmal 14.980 Euro gehandelt. Übrigens: Nur sechs Prozent der Elektroauto-Angebote kommen von Privatverkäufer, der Großteil von Händlern.Leistung: 95 PSAkku: 22 kWhReichweite: 185 km Quelle: Renault
Renault Kangoo Z.E. Maxi
Neu kostet ein Smart Fortwo electric drive 18.910 Euro – mindestens, denn die Aufpreisliste ist lang. Gebraucht kostet ein Elektro-Smart des Jahrgangs 2014 nicht viel weniger: AutoUncle listet den kleinen Zweisitzer mit 17.990 Euro bei 4.565 Kilometern Laufleistung. Da der Wagen fast neuwertig ist, liegen auch die Preise noch fast auf Neuwagen-Niveau. Die Gebrauchten dürften aber etwas besser ausgestattet sein als ein "nackter" Neuwagen.Leistung: 75 PSAkku: 17,6 kWhReichweite: 145 km Quelle: Daimler
Beim Renault Zoë gibt es zwei Dinge zu beachten: Er kann nicht an einer Haushaltssteckdose geladen werden, eine Wallbox ist Pflicht. Hat man aber eine Ladesäule gefunden, gehört der Zoë zu den Schnellladern. Verglichen mit anderen Elektroautos ist sein Wertverlust auch relativ groß: Statt zum Neupreis von 21.700 Euro werden gebrauchte 2014er-Modelle mit 5.900 Kilometern für 19.028 Euro gehandelt. Aber Vorsicht: Beim Zoë fallen monatliche Zusatzkosten für die Batterie an.Leistung: 120 PSAkku: 22 kWhReichweite: 210 km Quelle: Renault
Größer ist die Differenz zwischen Neuwagen- und Angebotspreis beim VW e-Up. Mit durchschnittlich 4.696 Euro haben die angebotenen e-Ups eine ähnliche Laufleistung wie der Smart, sind aber aus dem Jahr 2013. Mit 21.950 Euro im Internet unterbietet der Elektro-VW den Neuwagenpreis von 26.900 Euro deutlich.Leistung: 82 PSAkku: 18,7 kWhReichweite: 160 km Quelle: Volkswagen

In China sind 2015 dreimal so viele Elektroautos verkauft worden wie im Jahr zuvor. Mit einem Absatz von 188.000 Stück überholte China die USA als Leitmarkt deutlich, wie aus einer Untersuchung des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach hervorgeht. In den Vereinigten Staaten ging die Zahl der Neuzulassungen um drei Prozent auf 115.000 zurück. Deutschland liegt mit gut 23.500 zugelassenen E-Autos nur auf Platz sechs hinter Großbritannien (28.000), Frankreich (27.000) und Norwegen (25.000).

Deutschland werde seinem Anspruch als Leitmarkt für Elektromobilität damit nicht gerecht, so Studienautor Stefan Bratzel. Zwar habe die Zahl der reinen Elektrofahrzeuge um 8.500 auf 12.300 zugenommen und damit die Zahl der neuzugelassenen Hybrid-Motoren, die mit Strom und Benzin angetrieben werden, überholt (11.100). „Darunter sind jedoch auch taktische Neuzulassungen von Herstellern wie Kia, die einen Großteil der Fahrzeuge nach Norwegen weiterverkauften“, sagt Bratzel.

Mit welchen Hindernissen Elektroautos kämpfen

Eine Kia-Sprecherin bestätigte, dass etwa 2.000 E-Autos in Deutschland zugelassen wurden, dann aber nach Norwegen gingen. Die Nachfrage in Deutschland sei in der ursprünglichen Planung angesichts der in der Politik angekündigten Maßnahmen höher eingeschätzt worden. Kia taucht in der Statistik mit gut 3.850 E-Fahrzeugen auf.

Gabriel bringt erneut Förderung ins Gespräch

Die Industrie spricht sich seit langem für steuerliche Anreize aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will sich am 2. Februar mit den Chefs der Autokonzerne treffen. Die Bundesregierung hält bisher an ihrem Vorhaben fest, dass bis 2020 eine Million E-Autos über deutsche Straßen rollen.

Dieses Ziel stellte Bundeswirtschaftsminister Gabriel jetzt infrage. „Wir müssen uns entscheiden: Wollen wir das Ziel von einer Million Elektrofahrzeuge im Jahr 2020 aufrecht erhalten?“, sagte der SPD-Politiker der „Rheinischen Post“.

Umstrittene Förderung für Elektroautos

Die Bundesregierung trage dieses Ziel schließlich seit 2009 wie eine Monstranz vor sich her. „Dann brauchen wir ein Marktanreizprogramm wie Kaufprämien oder steuerliche Anreize. Wenn wir das nicht machen, sollten wir ehrlich sein und uns von diesem Ziel verabschieden“, betonte Gabriel.

China fördert E-Autos – aber nur aus chinesischer Produktion

Er hatte zuletzt eine Kaufprämie von 5.000 Euro pro Elektroauto ins Spiel gebracht. Umgekehrt will er die Industrie dazu bringen, dass auch in Deutschland wieder in die Produktion von Batterien investiert wird. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) lehnt die von Gabriel geforderten Kaufprämien ab. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist bei dem Thema zurückhaltend.

Bratzel führte den Schub in China auf eine Kombination von fiskalischen und ordnungspolitischen Instrumenten zurück. „Neben den bekannten finanziellen Kaufanreizen profitieren Elektrofahrzeuge in China derzeit in Städten wie Shanghai und Peking von bevorzugten Zulassungsbedingungen.“ Die deutschen Hersteller haben davon allerdings wenig – chinesische Autobauer beherrschen die Statistik. Erst auf Rang 15 erscheint mit dem Tesla S ein ausländischer Anbieter mit 4.500 verkauften Autos. Der von BYD und Daimler gemeinsam hergestellte Denza wurde demnach nur etwa 2.900 Mal verkauft.

Für die kommenden 15 Jahre hält Bratzel zwei Szenarien für möglich. Im optimistischen Fall wird 2020 der Anteil der E-Autos an den Neuzulassungen auf fünf Prozent und 2030 auf 30 Prozent steigen. Pessimistisch gerechnet steigt er in fünf Jahren nur auf 2,5 Prozent und in 15 Jahren auf etwa 15 Prozent. Dabei geht Bratzel für 2030 von insgesamt 100 Millionen Neuzulassungen weltweit aus. 2015 wurden 76 Millionen Autos neu angemeldet.

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