Elektroautos in Norwegen Mit dem Stromer durchs E-Mobil-Paradies

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E-Hype am Fjord

Mit einem Verkauf von über 4.600 Exemplaren stand der Nissan Leaf 2013 in der norwegischen Zulassungsstatistik ganz oben – nur der konventionell angetriebene VW Golf verkaufte sich noch besser. Auch in diesem Jahr zählen Elektromobile zu den Top-Sellern in Norwegen. Mit 12.449 Neuzulassungen liegt ihr Marktanteil bereits bei knapp 13 Prozent. Fast 40 Prozent davon entfallen auf den Volkswagen-Konzern.

In Deutschland wurden 2013 etwas mehr als 6.000 Elektroautos neu zugelassen – bei immerhin 2,95 Millionen Pkw-Neuzulassungen und 16-mal so viel Einwohnern wie in Norwegen. Vom ehrgeizigen Ziel, bis 2020 rund eine Million Elektroautos auf deutsche Straßen zu bringen, beginnen sich immer mehr Automanager und Politiker innerlich zu verabschieden.

In Norwegen hingegen herrscht ein E-Mobil-Hype. Im Westen von Oslo, direkt am Fjord, liegt eines der größten Autohäuser namens Møller Bil Asker og Bærum, einer von 67 Volkswagen-Händlern, die E-Autos verkaufen. Gefragt sind dort vor allem der Kleinwagen Up und sein großer Bruder Golf.

Subventionen machen das E-Auto attraktiv

Vor allem die Nachfrage nach dem e-Golf übertrifft alle Erwartungen. Als Ende Februar der Verkauf begann, gingen innerhalb der ersten zehn Minuten 41 Bestellungen ein. „So etwas haben wir in Norwegen noch nie erlebt“, erinnern sich Kristin Stundal und Sindre Morstad, Verkäufer bei Møller Bil Asker og Bærum. In gut 200 Minuten kamen insgesamt 1.200 Bestellungen für den e-Golf zusammen.

Grund für die große Nachfrage: Mit einem Basispreis von umgerechnet 29.933 Euro kostet der e-Golf nur etwa 60 Euro mehr als das 85 PS starke Schwestermodell mit konventionellem Antrieb. Und weil für Elektroautos in Norwegen weder Mehrwert- noch Neuwagensteuer fällig werden, kommt der Käufer eines VW e-Golf unter dem Strich rund 12.000 Euro billiger weg als bei der Bestellung eines Benziner-Golfs. Noch größer sind die Vorteile bei einer Mittelklasse-Limousine: Je größer das Auto, desto höher die steuerliche Belastung.

In zehn Minuten 41 E-Mobile verkauft: Die Nachfrage überraschte Autoverkäufer wie Kristin Stundal und Sindre Morstad. (zum Vergrößern bitte anklicken) Quelle: Kimm Saatvedt

Bei Møller Bil Asker og Bærum ist heute besonders viel Betrieb. Ein 45-jähriger Kunde nimmt für seine Gattin einen VW-e-Up in Empfang. Oslo ist für E-Auto-Besitzer ein Paradies. Seine Frau darf mit dem Strom-Auto künftig die Busspuren benutzen. Das spart ihr auf dem Weg zur Arbeit eine halbe Stunde Zeit, weil sie sich nicht in die Blechkolonnen einreihen muss, die sich aus den Vororten in die Innenstadt drängeln. Auch die City-Maut muss sie nicht zahlen – E-Autos sind von der Abgabe befreit. Außerdem kann sie im Zentrum auf einem der vielen „EL“-Parkplätze umsonst parken. Auch für den Ladestrom muss sie dort nichts zahlen. Der größte Platz mit 50 Ladestationen und Parkplätzen befindet sich direkt im Zentrum an der Aker Brygge direkt am Oslo-Fjord.

In Norwegen erstreckt sich die Küste über 25.000 Kilometer. Von Oslo im Süden bis nach Hammerfest nördlich des Polarkreises sind es knapp 2000 Kilometer – weiter als von Frankfurt nach Madrid. Viele Regionen sind extrem dünn besiedelt. Zudem verfügt das Land vor der Küste über riesige Ölvorkommen, die es den Norwegern ermöglichen würden, ihre Autos mit preiswert selbst produziertem Sprit zu betanken. Warum unterstützt so ein Land seine Bürger mit fünfstelligen Summen und Privilegien, damit sie ein E-Auto kaufen?

Die größten Hersteller von Elektroautos in Deutschland

Der Grund liegt in der Luft – nämlich der 600.000-Einwohner-Stadt Oslo. Das Klima in der Hauptstadt ist durch den starken Verkehr und ihre Kessellage extrem belastet. Im Winter hängen oft tagelang Smog-Wolken über Oslo. Deshalb hat die Regierung beschlossen, bis 2020 die Kohlendioxid-Emissionen des Transportsektors um 2,5 bis 4,0 Millionen Tonnen pro Jahr zu reduzieren. E-Autos sind ein wichtiger Baustein. Da Norwegen sauberen Strom mit Wind- und Wasserkraft günstig erzeugen kann, verschenkt die Regierung diesen an den öffentlichen Stromtankstellen – die allerdings keine Schnellladung anbieten.

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