Elektroautos Welche Chancen E-Mobilität dem Wirtschaftsstandort Deutschland bringt

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Wo deutsche Ingenieurskunst gefragt ist

Anders als es häufig wirke, sei die deutsche Autoindustrie beim Thema Elektromobilität derzeit eigentlich recht gut aufgestellt: „Die deutschen Autobauer produzieren anteilig genauso viele Elektro- wie konventionelle Fahrzeuge“, so Wietschel.

Das sieht im Grunde auch der VDA so. „Die deutsche Industrie gehört bei alternativen Antriebstechniken zu den führenden internationalen Wettbewerbern“, sagt auch ifo-Präsident Clemens Fuest im Zusammenhang mit der VDA-Verbrenner-Verbotsstudie. Laut dem VDA stammte zwischen 2010 und 2015 weltweit jedes dritte Patent im Bereich der Elektroautos (34 Prozent) und der Hybridantriebe (32 Prozent) aus Deutschland. Gerade bei der Leistungselektronik und den Elektromotoren sieht Wietschel die deutschen Entwicklungen auf einem leistungsstarken Niveau.

Die Marktposition der deutschen Automobilindustrie bei der E-Mobilität scheint also durchaus wettbewerbsfähig – wenn auch absolut gesehen auf einem extrem niedrigen Level. Insbesondere weil beim Thema E-Mobilität nicht nur auf reine Batterie-Fahrzeuge geschaut werden sollte. Gerade die Plug-in-Hybride – als Zwitter aus der „alten Welt“ der Verbrenner und der „neuen Welt“ der Elektrofahrzeuge – weisen schon heute deutlich steigende Marktanteile auf. Eine repräsentative Umfrage des Tankstellenkonzerns Aral zeigt: Konnten sich 2013 gerade einmal sechs Prozent der Befragten vorstellen, einen Plug-in-Hybrid zu kaufen, so hat sich der Anteil nun vier Jahre später beinahe verdreifacht. Gerade in den kommenden Jahrzehnten dürften Plug-in-Hybride also eine gewichtige Rolle spielen. „Und hierin liegen natürlich auch für Beschäftigte in Bereichen der Verbrennungsmotoren weiterhin Chancen“, sagt Wietschel. „Gerade da ist in der Fahrzeugtechnik und Getriebesteuerung deutsche Ingenieurskunst gefragt.“

In einer Anfang August veröffentlichten Studie der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), legen die Analysten nahe, dass eine größere Beliebtheit von Hybridfahrzeuge für 10 bis 15 Jahre den Stellenabbau im Übergang von Verbrennungsmotor zum Stromer abfedern kann. Für die Übergangszeit sei damit ein weicher, schleichender Stellenabbau denkbar. „Auch ab 2025 werden die Zulieferer sehr gut an Verbrennungsmotoren verdienen“, ist sich auch Cedric Perlewitz, Sektor-Head Automotive bei der Commerzbank sicher. „Denn auch Hybride brauchen einen Benziner oder Diesel."

Mitarbeiterprognose für Deutschland im Bereich Antriebsstrang Quelle: LBBW Research

Wietschel und sein Team vom Fraunhofer-Institut ISI sehen aufgrund ihrer Metaanalyse im Gegenzug zum Stellenverlust in der Autoindustrie zudem gute Chancen für viele neue Arbeitsplätze in anderen Sektoren – etwa in der Energiewirtschaft oder durch neue Dienstleistungen für die E-Auto-Welt.

Nichtsdestotrotz hieße eine komplette Umstellung auf E-Auto-Produktion langfristig in der Autoindustrie ganz klar eine Reduzierung der heutigen Arbeitsplätze auf nur noch ein Siebtel der Belegschaft. Durch den Wandlungsprozess seien letztendlich aber durch die Übergangszeit bis 2030 jedoch unterm Strich „nur noch“ rund 65.000 Stellen direkt bedroht, schätzen die LBBW-Analysten. „Wichtig für Unternehmen und Mitarbeiter ist dabei, flexibel zu sein auf die sich ändernden Anforderungen“, so ihre Empfehlung.

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