Elektromobilitäts-Index China ist bei Elektroautos auf dem Weg zur Weltspitze

Zum zweiten Mal hat McKinsey exklusiv für die WirtschaftsWoche den Evi-Index berechnet, der abbildet, welches Land bei der Elektromobilität die Nase vorn hat. Die neuen Zahlen zeigen: Die Chinesen drängen mit Macht an die Weltspitze. Sie haben sich in wenigen Monaten vom siebten auf den dritten Platz vorgekämpft und sind mit Deutschland gleichgezogen.

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Elektro-Auto Toyota Prius Quelle: REUTERS

Kaum ein Land ist bei der Schlüsseltechnologie von Elektroautos – den Batterien - so weit wie China. Und in keinem Land der Erde ist Elektromobilität schon so weit verbreitet wie in China: Weit über 60 Millionen Elektroroller gibt es im Reich der Mitte und jedes Jahr kommen 20 Millionen dazu. Dennoch landete China nur auf Platz sieben, als McKinsey vor drei Monaten zum ersten Mal den Evi-Index exklusiv für die WirtschaftsWoche berechnete.

Der Evi ist der einzige Index weltweit, der misst, wie weit die Elektromobilität in einem Land gediehen ist. Zu diesem Zweck zählt der Index zum Beispiel, wie sich die Produktion und die Neuzulassung reiner Elektroautos sowie strombetriebener Fahrzeuge mit einem Hilfsverbrennungsmotor – sogenannte Plug-in-Hybride – entwickeln. Der Evi wird von der Unternehmensberatung McKinsey exklusiv für die WirtschaftsWoche erstellt und alle drei Monate aktualisiert.

Beim aktuellen, zweiten Evi-Index schiebt sich China auf Platz drei vor und zieht mit Deutschland gleich. Der Grund: Die chinesische Regierung hat ein üppiges Förderprogramm für den Absatz von E-Autos aufgesetzt. Absatzförderung, Batterie-Know-how, reichlich Erfahrung mit Elektromobilität und Autokäufer, die sich mehr als in jedem anderen Land für E-Autos begeistern – China hat inzwischen alles, um zum Musterland der Elektromobilität zu werden.

Noch belegen im Evi-Index jedoch die USA Platz eins, Frankreich liegt auf Platz zwei - allerdings mit verdoppeltem Abstand gegenüber der ersten Erhebung im April. Deutschland hat seine gute Position im Spitzenfeld ausgebaut und den Abstand zum Zweitplatzierten Frankreich verringert, muss sich den dritten Platz aber nun mit China teilen. Das Mittelfeld bilden Japan, Korea, Italien und Dänemark.

Exklusiv für wiwo.de analysiert McKinsey die Evi-Ergebnisse für die führenden Länder China, USA, Frankreich und Deutschland.

China

Die Überraschung der aktuellen Analyse liefert China: Das Reich der Mitte hat sich vom siebten Platz auf den dritten Platz vorgearbeitet und liegt im McKinsey-Index nun gleichauf mit Deutschland. Diese Positionierung reflektiert die deutlich verbesserten Bedingungen für die Entwicklung einer heimischen Nachfrage – als Nachfrage- und insbesondere Testmarkt für Elektromobilität.

Die chinesische Regierung hat im Juni 2010 in ausgewählten großen Städten und Regionen (Shanghai, Shenzhen, Changchun, Hangzhou und Hefei) ein Anreizprogramm für Privatkäufer aufgelegt. Dieses Förderprogramm besteht aus zwei Komponenten: Zum einen erhalten die Automobilhersteller staatliche Zuschüsse, die sie zwingend an den Kunden weitergeben müssen – mit dem Ergebnis eines reduzierten Kaufpreises. Der Käufer profitiert von durchschnittlich 4559 Euro (maximal bis zu 7000 Euro oder 60.000 RMB) Anschaffungspreisersparnis.

Damit liegt China im weltweiten Spitzenfeld - nur Dänemark, Spanien und Frankreich investieren mehr. Ein objektiveres Bild der anteiligen staatlichen Förderung ergibt sich, wenn man die absolute Anschaffungspreisersparnis ins Verhältnis zu landestypisch unterschiedlichen Parametern setzt wie der Lebensdauer der Batterie, der Kfz-Steuerersparnis, dem Durchschnittspreis von Elektrofahrzeugen und der Ersthaltedauer. Nach dieser Berechnung erhalten chinesische Privatkunden sogar die zweithöchste anteilige staatliche Förderung weltweit, hinter Dänemark.

Das private Anreizprogramm ergänzt die Fördermaßnahmen, mit denen China schon seit einiger Zeit die Elektromobilität von Regierung und regierungsnahen Institutionen gefördert hat: Die chinesische Regierung hat in insgesamt 20 Städten Pilotprojekte zum Einsatz von Elektrofahrzeugen im öffentlichen Bereich aufgesetzt. Die Förderung erstreckt sich auf Hybrid-Fahrzeuge, batterieelektrische Fahrzeuge und Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb unter der Voraussetzung, dass diese mindestens fünf Prozent (Pkw) oder zehn Prozent (leichte Nutzfahrzeuge) Treibstoffersparnis erzielen. Gefördert werden Fahrzeuge, die im öffentlichen Personennahverkehr (Stadtbusse), in Taxis, Behörden-Dienstwagen sowie in kommunalen Einrichtungen (unter anderem umweltgerechte Entsorgungsbetriebe, Post) zum Einsatz kommen.

3,3 Milliarden Euro Fördersumme bis 2015

Die Wirkung solcher Maßnahmen spiegelt sich in dem deutlich steigenden Anteil der Elektrofahrzeug-Zulassungen: Mit 926 zugelassenen Elektrofahrzeugen auf 11,2 Millionen der Gesamtzulassungen hat China den sechstgrößten Anteil von Elektrofahrzeugen an der Gesamtflotte (hinter Dänemark, Japan, Frankreich, USA und Italien) und damit auch Deutschland und Großbritannien hinter sich gelassen.

Langfristig wird China seine Position jedoch künftig nur dann weiter verbessern können, wenn neben geldwerten Anreizen auch intelligente nicht-monetäre Förderinstrumente eingesetzt werden. So hat McKinsey in ihrer Anfang 2010 veröffentlichten Studie "Electric Vehicles in Megacities" ermittelt, dass geldwerte Anreize für Elektroauto-Käufer in Shanghai zwar sehr wichtig sind. Aber die Befragung zeigte auch, dass geldwerte Anreize allein auch in Shanghai nicht das Momentum erzeugen können, das erforderlich ist, um eine relevante Marktgröße zu erreichen. So würde auch ein Kaufanreiz in Höhe von 3000 US-Dollar den Marktanteil von Elektrofahrzeugen im Jahr 2015 um gerade einmal ein Prozent erhöhen - von erwarteten fünf Prozent auf sechs Prozent.

Die Positionierung Chinas auf dem dritten Platz reflektiert aber auch die zunehmende Stärkung der heimischen Elektroauto-Anbieterindustrie. Diese profitiert von milliardenschweren staatlichen Subventionen: China hat für die nächsten fünf Jahre Förderungen, Kredite oder Bürgschaften für F&E und Produktion von Elektrofahrzeugen in Höhe von 3,3 Milliarden Euro bereitgestellt – die weltweit zweithöchste Fördersumme nach den USA.

Die chinesischen Hersteller wiederum haben massiv in den Ausbau ihrer Elektrofahrzeug-Palette investiert. So sind von den 59 von chinesischen Autoherstellern aktuell angebotenen oder angekündigten Fahrzeugmodellen bereits sieben mit elektrischem Antrieb ausgerüstet. Damit hat China den vierthöchsten Anteil (nach Spitzenreiter Deutschland, Frankreich und den USA) an Elektrofahrzeugen im Verhältnis zur Modellpalette. Wie eine Anfang 2010 von McKinsey gemeinsam mit der Stadt Shanghai veröffentlichte Verbraucherbefragung (Studie "Electric Vehicles in Megacities") gezeigt hat, dürften vor allem Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge in China auf hohe Akzeptanz stoßen. Die meisten Autokäufer sind Erstkäufer, die von ihrem Fahrzeug die volle Funktionalität inklusive großzügigem Innen- und Stauraum erwarten – kleine, wendige Elektro-Stadtautos sind für die chinesischen Erstkäufer bis auf Weiteres nicht interessant.

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