Der Wettbewerbsvorteil durch Steuererleichterungen für die Produzenten, die ihre Produkte in Brasilien entwickeln, kommt für die deutschen Autokonzerne gerade rechtzeitig: Denn der Kampf um Marktanteile nimmt deutlich an Härte zu. Asiatische Hersteller drängen in das Land: Nissan und Suzuki aus Japan, JAC Motors und Chery aus China, Ssangyong und Hyundai aus
Korea - alle eröffnen oder bauen derzeit neue Fabriken in Brasilien. Die Autobauer lockt das Marktpotenzial: Brasilien hat nach Stückzahlen gerade Deutschland als viertwichtigsten Automarkt weltweit überholt. Und die Unternehmensberatung Roland Berger erwartet, dass Brasilien schon 2015 nach den USA und China der drittwichtigste Markt der Branche sein wird. Mit einem Fahrzeug auf sechs Einwohner ist der Markt im Vergleich zu den Industrieländern noch unterversorgt.
Bis 2026 wird sich die Zahl der Pkw-Verkäufe auf 7,2 Millionen Fahrzeuge mehr als verdoppeln, schätzt der Wirtschaftsprüfer KPMG. Brasiliens Automarkt würde dann schneller wachsen als die Märkte in China oder den USA - wenn auch auf niedrigerem Niveau.
Brasiliens hohes Pro-Kopf-Einkommen lockt auch Premiumanbieter. BMW baut erstmals eine Fabrik in Südbrasilien. Jaguar Land Rover sucht nach einem Standort. Auch Mercedes denkt über eine eigene Pkw-Fabrik im oberen Segment nach.
Für die bereits lange in Brasilien ansässigen Autobauer wie die Marktführer Fiat und VW, aber auch Ford und General Motors wird das Klima rauer: Die wachsende Konkurrenz wird die Margen drücken, darüber herrscht Konsens in der Branche - auch wenn das öffentlich keiner gerne zugibt. Die seit einigen Jahren nach Südamerika drängenden Kleinwagenhersteller aus Korea, China und Japan machen ihnen den Markt im Einstiegssegment streitig - die bisherige strategische Stärke gerade der europäischen Anbieter. Auch US-Konzerne wie General Motors oder Ford sind in Brasilien mit ihren kleineren Modellen erfolgreich, die in deren europäischen Filialen bei Opel in Rüsselsheim oder Ford in Köln entwickelt wurden.
Angriff aus Asien
Die asiatischen Hersteller greifen mit preiswerteren und großzügiger ausgestatteten Modellen an. Ihr Vorteil: Sie können mit niedrigeren Kosten arbeiten als die Platzhirsche in Brasilien. Neue Fabriken auf der grünen Wiese, importierte Teile aus China und neue Mitarbeiterverträge machen sie bei den Kosten weitaus wettbewerbsfähiger als die Konzerne, die schon seit Jahrzehnten im Land sind. Zudem haben sie eine Marketingoffensive gestartet: Die chinesische Marke JAC und Hyundai aus Korea werben massiv in den populärsten Talkshows und zwischen den beliebten Telenovelas. Deren Fahrzeuge sind heute der Konsumtraum der aufsteigenden Mittelschicht Brasiliens.
In dieser Situation stießen die etablierten Autobauer wie Fiat und VW bei der Regierung auf offene Ohren, als sie Marktschutz und einen hohen lokalen Fertigungsanteil forderten. Damit konnten sie die neuen Konkurrenten erst einmal auf Distanz halten. Denn Autobauer, die erst mit der Produktion beginnen - egal, ob Premiumanbieter wie BMW oder Billigproduzenten im Einstiegssegment wie Chery -, brauchen mehrere Jahre, bis sie die geforderte Fertigungstiefe erreichen können.