Norwegen gehört zu den Vorreitern bei der Elektromobilität. Zwischen Oslo und Trondheim sind rund 32.000 Elektroautos auf den Straßen unterwegs – bei einer Gesamtbevölkerung von 5,1 Millionen Menschen. Zum Vergleich: In Deutschland waren zum 1. Januar 2014 nur knapp über 12.000 E-Autos zugelassen.
Dieser Erfolg hat einen einfachen Grund: In Norwegen werden Elektroautos vom Staat gefördert. Sei es per Steuererleichterung, kostenlosem Aufladen an öffentlichen Parkplätzen oder Vorteilen in der Verkehrsführung. So dürfen Elektroautos auch die Busspuren benutzen – in der Rush Hour ein unschätzbarer Vorteil.
Die größten Hersteller von Elektroautos in Deutschland
Ford: 59 zugelassene Elektroautos
Seit 2013 hat Ford den Focus Electric im Angebot. Doch der große Erfolg blieb dem E-Focus bislang verwehrt: In Deutschland wurden bis zum ersten Halbjahr 2014 gerade einmal 59 Fahrzeuge zugelassen.
Tesla: 638 zugelassene Elektroautos
Mit dem Roadster wurde Tesla einst als Elektropionier gefeiert, auch das aktuelle Model S sorgt für Furore. Doch der Aufschwung scheint gerade erst zu kommen: Bereits im ersten Halbjahr 2014 wurden mehr als doppelt so viele Elektroautos von Tesla verkauft als im ganzen Jahr 2013.
Mitsubishi: 926 zugelassene Elektroautos
Mitsubishi zehrt bei den Elektroautos noch von den Erfolgen des iMiev aus dem Jahr 2011. Damals konnten die Japaner mangels Konkurrenz fast 700 Elektroautos verkaufen. Doch seitdem hat das Interesse am iMiev in Deutschland stark abgenommen, weshalb bis heute nur noch knapp 200 weitere Fahrzeuge dazugekommen sind.
Citroën: 948 zugelassene Elektroautos
Wie bei Mitsubishi ist die erste Welle des Elektro-Erfolgs bei Citroën wieder abgeklungen. Kein Wunder, schließlich ist der C-Zero der Franzosen mit dem Mitsubishi iMiev baugleich. Er hatte 2012 sein bestes Jahr, danach retteten noch einige Zulassungen für das Citroën-eigene Carsharing die Statistik.
Opel: 1450 zugelassene Elektroautos
Kein Elektroauto verkaufte sich so gut wie der Opel Ampera. Leider gilt das nur für das Jahr 2012. Seitdem ging es mit den Ampera-Zulassungen bergab, von 828 im Jahr 2012 auf 335 im Jahr 2013. Seit Jahresbeginn 2014 fanden nur noch 46 Amperas einen Käufer.
Nissan: 1712 zugelassene Elektroautos
Bei Nissan sind die Zulassungszahlen für den Leaf konstanter. Nach dem Anlauf-Jahr 2012 fanden im vergangenen Jahr 855 Leafs einen Abnehmer. Im ersten Halbjahr 2014 waren es wieder knapp 400, womit das Gesamtjahr auf dem Vorjahresniveau liegen könnte.
Renault: 1801 zugelassene Elektroautos
Mit ihrer Submarke Renault Z.E. gelten die Franzosen als Vorreiter im Elektromarkt. Neben den 1532 Zoe haben seit der Erfassung 2011 auch 269 Fluence Z.E. einen Käufer gefunden. Doch der Erfolg könnte noch größer sein: Der ausgefallene Twizy taucht in der Statistik nicht auf – er zählt offiziell als Quad.
BMW: 1935 zugelassene Elektroautos
Quasi aus dem Stand schafft es BMW auf das Treppchen. Obwohl der i3 erst im November 2013 auf den Markt gekommen ist, brachte er es bis Jahrsende auf 559 Zulassungen. Bis Ende Juni 2014 kamen 1376 weitere dazu.
Volkswagen: 2050 zugelassene Elektroautos
Beim größten deutschen Autohersteller wurde die Elektromobilität lange stiefmütterlich behandelt. Doch mit dem Start des E-Up und des E-Golfs stiegen die Zulassungen rapide an. Im ersten Halbjahr 2014 lagen beide Modelle mit knapp über 500 Zulassungen fast gleichauf. Der E-Up konnte aber 2013 schon 785 Zulassungen absahnen, als der Elektro-Golf noch gar nicht auf dem Markt war.
Daimler: 3612 zugelassene Elektroautos
Die Kleinwagenmarke Smart führt Daimler an die Spitze. Die drei Zulassungen des sündhaft teuren Elektro-SLS sind vernachlässigbar, ebenso die Elektro-B-Klasse. Den Großteil holt Daimler mit dem Smart electric drive, von dem alleine 2013 fast 1900 Exemplare zugelassen wurden. Daran ist das hauseigene Carsharing Car2go nicht unschuldig.
Quelle: Statista.de, Stand 1. Halbjahr 2014
Doch genau gegen diesen Vorteil wächst der Widerstand: 85 Prozent des Verkehrs auf den Busspuren während den Stoßzeiten verursachen laut dem Norwegischen Straßenverkehrsamt inzwischen Elektroautos, was zulasten der Busse geht. „Ich bin Busfahrer und und will meine Passagiere so schnell wie möglich zum Ziel bringen. Deswegen sollen die Elektroautos die Busspuren verlassen, wo sie mir im Weg sind“, fordert etwa der Osloer Erik Haugstad gegenüber der Nachrichtenagentur „AFP“. „Die Verspätungen kosten die ganze Gesellschaft Geld. Die verlorene Zeit Tausender Passagiere wiegt schwerer als der Vorteil einiger Dutzend Fahrer von Elektroautos.“
Deutsche Großstädte sind skeptisch
Damit bestätigen die Erfahrungen in Norwegen, was auch zahlreiche deutsche Großstädte befürchten. Die Bundesregierung sträubt sich zwar gegen eine finanzielle Förderung der Elektromobilität, will es aber den Kommunen erlauben, die Nutzung von Busspuren für E-Mobile freizugeben und kostenlose Parkplätze zu reservieren. Ein entsprechendes Gesetz soll bald das Kabinett passieren und zum 1. Februar 2015 in Kraft treten.
„Das ist kontraproduktiv“, sagt Petra Rohland, Sprecherin der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Die Spuren seien grundsätzlich dazu gedacht, den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu beschleunigen. Da aber auch Fahrräder und Taxen die Spuren nutzen dürften, sei die „Obergrenze“ erreicht.
„Von der Möglichkeit, Busspuren für Elektroautos zu öffnen, wird Hamburg keinen Gebrauch machen“, teilte etwa die Innenbehörde der Hansestadt mit. „Wir sind gegen eine Freigabe der Busspuren für private E-Fahrzeuge“, sagte auch eine Sprecherin des Kreisverwaltungsreferats in München. Dies sei „problematisch“, weil die Ampelanlagen nur auf den ÖPNV eingestellt seien. „Würden zusätzliche E-Fahrzeuge auf den Spuren unterwegs sein, würde der Ablauf gestört.“ Ähnlich äußerte sich auch ein Sprecher der Stadt Stuttgart.
Kostenlos Aufladen dank niedriger Strompreise
Ob solche Maßnahmen in Deutschland den Absatz von Elektroautos stark antreiben und dem Ziel der Bundesregierung – eine Million E-Autos bis zum Jahr 2020 – näher bringt, ist äußerst fraglich. Denn der Erfolg in Norwegen begründet sich nicht in freigegebenen Busspuren, sondern ist finanzieller Natur. 48 Prozent der norwegischen Elektroauto-Besitzer gaben in einer Umfrage des Elektroautoverbandes an, dass die Hauptmotivation beim Kauf des E-Autos das liebe Geld war.
Für 27 Prozent der Befragten war der Umweltschutz besonders wichtig. Nur 12 Prozent gaben hingegen an, mit dem Elektroauto Zeit sparen zu wollen.
Norwegische E-Auto-Fahrer sparen an mehreren Stellen. Weder die Mehrwertsteuer von 25 Prozent noch die Sondersteuer für Autokäufer, deren Höhe sich nach Motorisierung und Abgaswerten richtet, wird für sie fällig. Allein diese Erleichterungen kosten den Staat laut eigener Schätzung rund vier Milliarden Kronen, also rund 500 Millionen Euro.
Geschenkter Strom
Die Osloer City-Maut von 3,30 Euro gilt nur für Benziner und Diesel. Außerdem können E-Auto-Besitzer kostenlos Strom zapfen: Da in Norwegen wegen des Überangebots an Wind- und Wasserkraft die Kilowattsunde nur rund fünf Cent kostet, wäre eine individuelle Abrechnung teurer als dieses „Geschenk“.
Diese finanziellen Anreize wirken: Allein im vergangenen Jahr hat sich der Bestand an Elektroautos in Norwegen mehr als verdoppelt. Etwa die Hälfte davon ist in Oslo unterwegs. Das Wachstum geht dabei schneller, als es die Behörden erwartet hatten. Die Förderung ist bis zum Jahr 2017 angelegt, aber auch auf 50.000 Fahrzeuge begrenzt. Diese Marke könnte bereits im kommenden Jahr fallen.
Dann müsste sich die Regierung Gedanken um ein neues Förderprogramm machen. „Wir könnten in der Zukunft Anpassungen vornehmen“, sagte die norwegische Ministerpräsidentin Erna Solberg der Zeitung „VG“. „Ich kann ihnen aber versprechen, dass es weiterhin Steuervorteile für Fahrer von Elektroautos geben wird.“
Markt ist nicht wettbewerbsfähig
Die dürften auch notwendig sein, denn selbst im international beobachteten Vorreiter-Land Norwegen ist der Markt für Elektroautos ohne Hilfen nicht überlebensfähig. „Würden die Befreiung von Sonder- und Mehrwertsteuer enden, könnte der Markt kollabieren“, warnt die Generalsekretärin des norwegische Elektroautoverbands, Christina Bu. „Es ist zu früh, die staatlichen Förderungen zu streichen. Der Markt ist noch nicht wettbewerbsfähig.“