Das zeigt schon erste Auswirkungen: Schlumberger, der weltgrößte Ausrüster für Gas- und Ölexplorationen, entlässt 9.000 Mitarbeiter. Bei dem Öldienstleister Baker Hughes müssen vorraussichtlich 7.000 Angestellte gehen. Der australisch-britische Bergbaukonzern BHP Billiton reagiert mit drastischen Maßnahmen auf den Ölpreisverfall: Bis Ende Juli soll die Zahl der Ölbohranlagen auf dem US-Festland von 26 auf 16 gekappt werden.
„So günstig wie in Saudi-Arabien können sie nirgendwo Öl fördern“, sagt Rainer Wiek, Chefredakteur des Energie Informationsdienstes (EID). Sprich: Die Saudis können sich den Preiskampf leisten, sie fördern auch bei den aktuellen Weltmarktpreisen profitabel.
Nur die sonst mehr als üppige Marge leidet. Vom Jahreshöchststand im Juni 2014 bei 115 Dollar je Barrel sind die Preise um mehr als die Hälfte gefallen, im Januar wurde die Marke von 50 Dollar pro Fass unterboten.
Obwohl Benzin und Diesel derzeit günstig sind: Der Preisverfall beim Rohöl kommt nicht 1:1 an der Tankstelle an. Dafür gibt es drei Gründe:
- Beim Tankstellenpreis sind die Einkaufskosten für das Benzin entscheidend. Benzin und Rohöl werden auf unterschiedlichen Weltmärkten mit eigenständigen Angebots- und Nachfragebedingungen gehandelt. Der Rohölpreis ist nur ein Faktor bei der Höhe des Benzinpreises
- Rohöl wird in Dollar gehandelt, das Benzin aber in Deutschland in Euro verkauft. Da der Euro gegenüber dem Dollar im vergangenen Jahr an Wert verloren hat, wurde dadurch der Preisrückgang des Öls gedämpft. Oder anders herum: Hätte der Euro nicht gegenüber dem Dollar abgewertet, wäre Benzin noch billiger gewesen
- Die Mineralölsteuer ist ein fester Betrag je Liter. Allein deshalb kann der Benzinpreis rein rechnerisch nicht wie der Ölpreis fallen
„Ein prozentualer Direktvergleich von Ölpreis und Benzinpreis führt in die Irre“, sagt Klaus Picard, Geschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbands MWV. Oder wie es ADAC-Experte Albrecht ausdrückt: „Wenn sich der Ölpreis halbiert, halbiert sich der Preis für Super nicht auch.“
Flüssiggas: Fakten über die Fracking-Alternative
In Europa wächst die Sorge, die Ukraine-Krise könnte die Versorgung mit russischem Erdgas gefährden. Daher setzen viele Länder auf verflüssigtes Erdgas, kurz LNG (Liquefied Natural Gas). Auf –160 Grad Celsius gekühlt, lässt es sich problemlos transportieren. Doch noch mangelt es an effizienten Verflüssigungsanlagen auf dem Meer und an Land sowie an Tankschiffen – und auch der Preis muss stimmen.
Riesige Bohrschiffe – größer als Flugzeugträger – holen das Erdgas aus dem Meer, verflüssigen es und pumpen es in Tanker. Eines der ersten wird in Südkorea gebaut und soll 2016 vor Australien seinen Betrieb aufnehmen.
Moderne LNG-Tanker nutzen Erdgas als Brennstoff für den Motor. Ein Schiff kostet rund 220 Millionen Dollar. Es fasst 150.000 Kubikmeter, das deckt den Jahresbedarf von 73.000 Einfamilienhäusern
Wollte Europa 2020 gänzlich auf russisches Erdgas verzichten, wären weitere 87 LNGTanker nötig. Das Problem: Nur eine Handvoll Werften weltweit baut diesen Schiffstyp.
2014: 3920 Tankschiffe
2020: 4790 Tankschiffe
237,7 Millionen Tonnen Flüssiggas wurden 2012 international gehandelt. Nur 48,4 Millionen Tonnen gingen nach Europa, fast der gesamte Rest landete in Asien. Hauptexporteure sind Katar, Algerien, Nigeria, Malaysia, Indonesien, Trinidad und Russland. Spätestens ab 2020 wollen auch.
Australien und die USA verstärkt Flüssiggas exportieren. Angaben in Millionen Tonnen pro Jahr
In rund 40 europäischen Häfen gibt es Terminals, die aus flüssigem Erdgas wieder gasförmiges machen. Deren Kapazität genügt auch für weiter steigende Importmengen. Durch Pipelines gelangt das Gas zu den Verbrauchern.
Bereits heute ist Flüssiggas in Deutschland ähnlich teuer wie russisches Erdgas.
2014
LNG: 10 US-Dollar pro Energieeinheit*
Russisches Gas: 10,9 US-Dollar pro Energieeinheit*
2020
LNG: 10-12 US-Dollar pro Energieeinheit*
Russisches Gas: 10,9 US-Dollar pro Energieeinheit*
*Million British Thermal Units, entspricht rund 293 kWh
Der Grund: Egal für welchen Betrag der Kraftstoff an der Tankstelle verkauft wird, mit jedem Liter Benzin fließen 65,45 Cent an den Staat. Beim Diesel sind es 47,04 Cent je Liter. Nur die weiteren Abgaben wie Öko- oder Mehrwertsteuer passen sich dem Verkaufspreis an. Dennoch steigt der Steueranteil am Kraftstoff mit sinkendem Tankstellenpreis – allein im Laufe des Jahres 2014 kletterte er von 59 auf 66 Prozent.
Neben den Steuern ist der Einkaufspreis der zweitgrößte Posten. Bei einem Preis von 1,249 Euro por Liter Superbenzin entfallen auf den Rohstoff selbst gerade einmal 32,7 Cent – rund ein Viertel des Gesamtpreises. Von dem Restbetrag von rund sieben Centmüssen die Konzerne die Raffiantion, Transport, Verwaltung und Vertrieb zahlen.
An Gewinn bleiben nur rund ein bis zwei Cent je Liter hängen – eine größere Marge können sich die Mineralölkonzerne und Tankstellenbetreiber kaum leisten. „Im harten Wettbewerb um jeden Kunden haben die Tankstellen die gesunkenen Einkaufskosten für Benzin voll an die Verbraucher weitergegeben“, sagt Picard.