BMW war gewarnt. Zum einen gab es bei Bayerns Vorzeige-Arbeitgeber jahrelangen Streit um die externen Mitarbeiter im Markentempel BMW-Welt. Die im Werkvertrag eingesetzten Chauffeure des unter anderem von BMW beauftragten Dienstleister Hofer PR beschäftigen bereits Rentenkasse und Staatsanwaltschaft.
Zum anderen stellte die Staatsanwaltschaft Stuttgart erst 2016 jahrelange Ermittlungen gegen den Daimler-eigenen Dienstleister MB Tech gegen Zahlung hoher Bußen ein. „Zur Abschöpfung des geschätzten wirtschaftlichen Schadens“ mussten Daimler und MB Tech 9,5 Millionen Euro an die Staatskasse zahlen, weil sie von falschen Werkverträgen bei Testfahrern profitiert hatten. Ebenso hoch waren die Nachzahlungen an die Rentenversicherung. Hinzu kamen die Lohnnachzahlungen an die nachträglich eingestellten Mitarbeiter.
Anfangs hatte es wie jetzt bei BMW nur wenige Klagen gegeben. In der Zwischenzeit erstritt aber allein der Stuttgarter Arbeitsrechtler Stefan Nägele für rund 50 Mandanten, die bei Daimler-Werkvertragspartnern arbeiteten, „Gehaltsnachzahlungen von 100 bis 1000 Euro pro Monat“, die für die Dauer von drei Jahren rückwirkend geltend gemacht wurden.
BMW versucht sich seit 2015 mit einer im Intranet abrufbaren Checkliste vor falsch angewandten Arbeits- und Vertragsverhältnissen zu schützen. Ein Konzernsprecher erklärt: „Die Checkliste ist deutschlandweit bei jedem Einkauf einer Dienstleistung anzuwenden, um zu prüfen, ob dafür Werkvertrag oder Zeitarbeit oder eine andere Lösung in Frage kommt.“ Auch in den nun strittigen Fällen wurde die Checkliste von der zuständigen Abteilungsleitung ausgefüllt. Ob und warum Angaben und Realität auseinander klafften, wird BMW-intern nun geprüft. Zu den aktuellen Fällen wollten BMW und iPS nicht Stellung nehmen.
Die Industrie- und Handelskammer München und Oberbayern warnt ihre Mitglieder vor „Scheinwerkverträgen oder dem Missbrauch von Werkverträgen“ – verdeckte Arbeitnehmerüberlassung könne „weitreichende Konsequenzen haben“. Ausgerechnet bei BMW aber, konstatiert Anwalt Lindacher, „wird bei der Anwendung von Werkverträgen nach wie vor geschlampt“.