Geplante Fahrverbote Der Diesel macht Ärger

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Ladenhüter VW

Der Verkäufer begleitet meine Ausführungen mit einem verständnisvollen Nicken. Dass die Diesel-Verkäufe dramatisch eingebrochen seien, sei trotz aller Befürchtungen nicht passiert, versichert er mir. Und auch meine Sorge um die Fahrverbote will er mir nehmen: Die Diesel-Neuwagen von VW erfüllen allesamt die strenge Abgasnorm Euro 6. Damit könne ich in jeder Stadt fahren.

Euro 6, das werden mir an diesem Tag auch noch andere Händler als Beruhigungspille für den Diesel verkaufen. Dass die Abgasnorm allerdings nur ein Placebo ist, sagt mir kaum einer. Denn die Stuttgarter Richter verhandeln über ein generelles Diesel-Fahrverbot für Baden-Württembergs Hauptstadt, worunter auch Euro 6 fallen würde – und das womöglich ganzjährig, nicht nur an Tagen mit hoher Feinstaubbelastung.

Doch so schnell lasse ich mich ohnehin nicht vom Diesel überzeugen. Ich will Alternativen. Wäre so viel Geld in ein Elektroauto nicht vielleicht besser investiert? „Das Elektroauto ist ein größeres Risiko als der Diesel“, sagt der Verkäufer. Die Technik werde ständig überholt und wer jetzt kauft, kaufe wahrscheinlich zu früh. Sehen kann man die E-Version vom Golf hier ohnehin nicht. Der Wagen sei gerade auf Testfahrt und erst morgen wieder zurück.

Bei einem anderen Händler in Frankfurt, hinter dessen Glasfassade gebrauchte Volkswagen glänzen, gibt sich der Verkäufer gegenüber dem fingierten Kunden schon etwas offener: „Natürlich gab es Einbrüche beim Verkauf und wir sind mit dem Preis auch runtergegangen. Um gut 600 Euro haben wir die Diesel im letzten Dreivierteljahr herabgesetzt.“

Und das Image des Diesels? Färbt der Skandal um die Schummelsoftware nicht auch auf den Fahrer ab, gebe ich mich besorgt. Der Verkäufer lächelt: „Getrickst haben doch alle. VW hat es eben zuerst zugegeben.“

Diese Diesel haben besonders schlecht abgeschnitten
Fiat Doblò 1.6 Multijet Quelle: Fiat
Kia Optima 1.7 CRDi ISG Quelle: Kia
Mercedes-Benz C-220 CDI T-Modell Quelle: Daimler
VW Passat 2.0 TDI BlueMotion Technology Quelle: Volkswagen
Skoda Ocatvia 1.6 TDI Greenline Combi Quelle: Skoda
BMW 118d Quelle: BMW
Renault Grand Scénic 1.6 dCi130 Quelle: Renault

Am Rand von Frankfurt, wo die graue Mainzer Landstraße ins Grüne ausläuft, turnt Mehmet Öztürk zwischen seinen Gebrauchtwagen herum. Glasfassaden und Verkäufer in Anzügen findet man an Frankfurts Peripherie nicht mehr. Zentimeterknapp parken die Wagen aller Marken aneinander, damit auch alle auf der Verkaufsfläche unterkommen.

Doch manche der Autos stehen schon länger dort, als Öztürk lieb ist. Der Verkäufer zeigt auf zwei VW Golfs und mehrere Tiguan von VW. „Die stehen schon seit Monaten hier“, sagt Öztürk, „und stehendes Geld ist schlafendes Geld.“

Welche Schadstoffe im Abgas stecken

Was Öztürk aber richtig auf Trab hält, sind die vielen Kunden, die wegen der Diesel-Abgasnormen anrufen. Der Verkäufer steht neben einem Diesel von Audi, dessen grüne Plakette an der Windschutzscheibe ihn mit als Abgasnorm Euro 4 einstuft. „Für Frankfurt reicht das. Aber es weiß eben niemand, wie das in anderen Städten weitergeht und ob man dann nicht schon Euro 6 braucht und ob das reichen wird“, sagt Öztürk.

An Dieselfahrverbote in Stuttgart oder München will er trotzdem nicht glauben: „Dann kann doch nur noch die Oberschicht Auto fahren. Was ist denn mit den Leuten, die jetzt einen Diesel haben? Und was soll man dann mit all den Diesel-Autos machen?“ Verkaufen werden Öztürk und seine Kollegen sie dann jedenfalls kaum noch können.

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