Die Enttäuschung war groß. 22 Topmanager von Volkswagen versammelten sich im Büro von Marc Trahan, Chef der Qualitätssicherung der Volkswagen Group in den USA, in Auburn Hills. Sie alle waren eigens aus Deutschland, Mexiko, Portugal und USA in die VW-Zentrale im Bundesstaat Michigan gekommen, um die Früchte ihrer Arbeit zu ernten: Ein besseres Ergebnis in der Qualitätsstudie von JD Powers.
Doch als der Konsumforscher die Zahlen präsentierte, fiel einigen die Kinnlade herunter. Probleme mit dem Seitenfenster beim Beetle, Ärger über Bluetooth bei anderen Modellen: Volkswagen rangiert wie 2011 abgeschlagen auf dem viertletzten Platz. „Das ist frustrierend“, sagte Trahan. Frustrierend, weil der VW-Manager seit Monaten mit seinem 200-köpfigen Team und Qualitäts- und Produktionsmanagern aus der ganzen Welt an dem Problem arbeitet.
Die schlechtesten Autokonzerne im US-Qualitätsranking
Seit 26 Jahren erheben die US-Konsumforscher von JD Powers die Qualität von Neuwagen in den 90 Tagen nach der Auslieferung. Dafür werden die Konstruktionsprobleme und -mängel sowie Störungen pro 100 Fahrzeuge ermittelt. Die Initial Quality Study (IQS) gilt für US-Konsumenten als Kompass bei der Kaufentscheidung.
Smart (Deutschland)
Die Kleinstwagen von Daimler liegen auf dem letzten Platz im US-Qualitätsranking. Mit 151 Beschwerden auf 100 Kleinwagen ist nur eine Marke gleich schlecht.
Fiat (Italien)
Weil der heimische Absatzmarkt schwächelt, setzen die Italiener große Hoffnung auf den US-Markt. Das schlechte Abschneiden im Ranking ist ein schwerer Schlag für die Strategie von Konzernchef Sergio Marchionne. Auch die Italiener kommen auf 151 Beschwerden auf 100 verkaufte Wagen.
Mini (Großbritannien)
Die BMW-Tochter kämpft ebenfalls mit massiven Qualitätsproblemen. 139 Beschwerden auf 100 Neuwagen sind deutlich verbesserungswürdig.
Volkswagen (Deutschland)
Groß war die Enttäuschung in der VW-Zentrale als die Ergebnisse der Studie bekannt worden. Die Qualitätsoffensive in den USA hat noch nicht gefruchtet. 124 Beschwerden auf 100 Neuwagen bescheren den Wolfsburgern einen der hinteren Plätze im Ranking.
Mitsubishi (Japan)
Die ehemaligen Partner von Daimler haben in den Staaten qualitativ abgebaut und landen mit 124 Beschwerden auf 100 Neuwagen ebenfalls weit hinten im Ranking.
Dodge (USA)
Die Chrysler-Tochter ist berühmt für ihre Pickups, aber nicht für ihre Qualität. Mit 124 Beschwerden auf 100 Neuwagen schneidet kein US-Hersteller schlechter ab.
Land Rover (Großbritannien)
Eigentlich leben die Geländewagen von ihrem Ruf gegen alle Eventualitäten gewappnet zu sein. Offenbar sehen die US-Verbraucher das anders. 119 Beschwerden auf 100 Neuwagen ist deutlich über dem Durchschnitt.
Ford (USA)
Die Traditionsmarke setzte als erste auf die Massenproduktion von Automobilen. Ihren Ruf gefährdet sie durch eine hohe Problemquote von 118 Störungen auf 100 Neuwagen.
Scion (USA)
Die US-Tochter des japanischen Toyota-Konzerns wurde erst 2003 gegründet und soll vor allem junge Kunden ansprechen. Mit 117 Beschwerden auf 100 Neuwagen liegt die Marke ebenfalls im unteren Drittel des Rankings.
Chrysler (USA)
Die Fiat-Tochter schneidet in der Bewertung der US-Konsumenten deutlich besser ab als der Mutterkonzern. Auch wenn die wirtschaftliche Krise überwunden wurden, gibt es bei der Qualität Nachholbedarf. 116 Beschwerden auf 100 Neuwagen sind immer noch mehr als der Durchschnitt.
Suzuki (Japan)
Die Zusammenarbeit mit Volkswagen haben die Japaner jüngst beendet. In den USA schneiden sie besser ab als der ehemalige Partner, allerdings immer noch schlechter als der Durchschnitt. Suzuki kommt auf eine Problemquote von 115 Beschwerden auf 100 Neuwagen.
Jeep (USA)
Die Geländewagen von Chrysler wollen vor allem das Geschäft in China ausbauen. Im Heimatmarkt wird die Qualität dieses Jahr eher schlecht bewertet. 110 Beschwerden auf 100 Neuwagen sind überdurchschnittlich viele.
Subaru (Japan)
Die Japaner fertigen mit einem eigenen Werk in den USA in Ohio. Auf die Qualitätsbewertung durch die US-Konsumenten hat das keine Auswirkungen. 109 Beschwerden auf 100 Neuwagen sind ein eher mittelprächtiges Ergebnis.
Volvo (Schweden)
Die Skandinavier leben von ihrem Qualitätsversprechen. In den USA schneiden sie allerdings schlechter ab als der Durchschnitt. Sie kommen auf 108 Beschwerden auf 100 Neuwagen.
Gute Ware lobt sich selbst, sagt man. Schlechte Ware wird bemängelt, könnte JD Powers das Sprichwort umdrehen. 50 Mitarbeiter stellen einmal im Jahr 74.000 Autofahrern bis zu 228 Fragen zu ihrem Neuwagen. Die Studie gilt in den USA als Goldstandard und beeinflusst dort das Kaufverhalten. Insgesamt verbesserte die Autoindustrie in den USA ihre Qualität um fünf Prozent. „Die Branche hat eine turbulente Zeit hinter sich und verwendet jetzt mehr Geld und Leute auf Qualitätssicherung“, sagt Dave Sargent, der die Studie leitete.
Zwar stieg die Bewertung auch für VW, aber die Konkurrenz wie Suzuki machte es deutlich besser. Das hatte VW-Manager Trahan nicht erwartet. Interne Indikatoren wie Garantieleistungen fielen um bis zu 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Eigens für VW hatte JD Powers auf Monatsbasis vorab Umfragen durchgeführt, die einen klaren Aufwärtstrend zeigten. Trahan erklärt sich das schlechte Abschneiden mit „unglücklichem Timing“ der Jahresstudie. Verschiedene Verbesserungsmaßnahmen hätten noch keine Zeit gehabt, zu greifen, sagt der VW-Manager: „Zwei Monate später, und wir hätten ganz anders ausgesehen.“
BMW holt mit großen Schritten auf
Dagegen steht BMW glänzend da, arbeitete sich im Vergleich zum Vorjahr von Platz 14 auf Rang zehn vor. Rein statistisch berichteten Amerikaner im Vorjahr 109 Probleme je 100 BMW-Neufahrzeuge, in diesem Jahr fiel der Wert auf 97. Eine besondere Genugtuung für die Münchener: Mit Riesenschritten holte man zum Erzkonkurrenten Mercedes auf, der von Platz vier auf neun abrutschte. Damit riskieren die Stuttgarter, ihre mühsam eroberte Spitzenposition im wichtigen US-Markt zu verlieren.
Auch Porsche zeigte sich von seiner besten Seite. Der Sportwagenhersteller kletterte von Platz zehn auf Platz zwei, die Zahl der Probleme je 100 Fahrzeuge fiel von 100 auf 75. Damit liegt Porsche zusammen mit Jaguar dicht hinter Spitzenreiter Lexus. Bei Audi sanken die Problemmeldungen von 113 auf 105 je 100 Fahrzeuge.
Die besten Autokonzerne im US-Qualitätsranking
Lincoln (USA)
Die Nobeltochter von Ford schneidet ebenfalls besser ab als der Mutterkonzern. Mit 107 Beschwerden auf 100 Neuwagen ist die Qualität aber immer noch weit von der Spitze entfernt.
Kia (Korea)
Die Koreaner gehören zu den am stärksten wachsenden Autokonzernen der Welt. In der Qualität schlägt sich das bisher noch nicht nieder. 107 Beschwerden auf 100 Neuwagen lassen noch viel Luft nach oben.
Hyundai (Korea)
Auch der koreanische Mutterkonzern von Kia kommt im US-Qualitätsranking auf einen Mittelfeldplatz. 107 Beschwerden auf 100 Neuwagen sind unterdurchschnittlich.
Buick (USA)
Die goldenen Zeiten der General-Motors-Tochter liegen in der Vergangenheit. Auch im US-Qualitätsranking ist die Marke Mittelmaß. 106 Beschwerden auf 100 Neuwagen sind nahe dem Durchschnitt.
Audi (Deutschland)
Von den drei deutschen Premiumherstellern schneidet die Marke aus Ingolstadt am schlechtesten ab. Das Ergebnis ist mit 105 Beschwerden auf 100 Neuwagen sogar leicht unterdurchschnittlich.
Chevrolet (USA)
International will GM die Marke massiv ausbauen. In den Augen der US-Verbraucher hat die Marke eine mittelmäßige Qualität. Sie kommt auf 100 Beschwerden auf 100 Neuwagen.
Ram (USA)
Die Chrysler-Tochter ist ein Ableger des berühmten Dodge-Modells Ram. Erstaunlicherweise schneidet die Marke im Qualitätsranking aber deutlich besser ab. 99 Beschwerden auf 100 Neuwagen reichen für das obere Drittel.
Nissan (Japan)
Mit dem Nissan Leaf gehörten die Japaner zu den ersten Autoherstellern, die in den USA ein reines Elektroauto an den Start brachten. Im Qualitätsranking verpassen sie die Top Ten mit 99 Beschwerden auf 100 Neufahrzeuge nur knapp.
GMC (USA)
Die US-Geländewagen drängen auf den europäischen Markt. Die US-Verbraucher schätzen die GM-Tochter für ihre Qualität. Sie kommt ebenfalls auf 99 Ausfälle auf 100 Neuwagen.
Mazda (Japan)
Einst führte der US-Hersteller die Japaner aus der Krise. In der Qualität führen sie mittlerweile den Retter vor. Mit 97 Beschwerden auf 100 Neuwagen verpassen sie einen einstelligen Platz nur knapp.
BMW (Deutschland)
Die Münchener gehören zu den großen Gewinnern im diesjährigen Qualitätsranking und machen vier Plätze gut. Mit 97 Problemen auf 100 Neufahrzeuge schaffen sie erstmals den Sprung in die Top Ten.
Mercedes-Benz (Deutschland)
Der große Konkurrent Mercedes gehört dagegen zu den den großen Verlierern, auch wenn der Platz in der Top Ten verteidigt werden konnte. Im Ranking rutschen die Stuttgartern mit 96 Beschwerden von vierten auf den neunten Platz ab.
Toyota (Japan)
Auch den Japanern eilt der Qualitätsruf voraus. Zurecht, wie das Ranking zeigt. 88 Probleme auf 100 Neuwagen sind ein Wert, der deutlich besser ist als der Durchschnitt.
Infiniti (Japan)
Auf dem europäischen Markt hat Nissans Nobelmarke keine Chance, in den USA kommt die Marke besser ins Rollen. 84 Probleme auf 100 Neuzulassungen sind ein Spitzenwert.
Acura (Japan)
Auch die in Europa eher unbekannte Nobelmarke von Honda schneidet im Ranking gut ab. Sie kommt ebenfalls auf 84 Probleme bei 100 Neuwagen.
Honda (Japan)
Der zweitbeste asiatische Autohersteller im Ranking ist auch einer der führenden Motorenhersteller. Die US-Verbraucher bewerten die Modelle als sehr zuverlässig. Auf 100 Neuwagen kommen nur 83 Probleme.
Cadillac (USA)
Die GM-Tochter ist der härteste Wettbewerber der Ford-Tochter Lincoln, schneidet im Qualitätsvergleich aber deutlich besser ab. 80 Ausfälle pro 100 Neuwagen sind ein Wert, mit dem Cadillac das Treppchen nur knapp verpasst.
Porsche (Deutschland)
In Zuffenhausen können die Korken knallen. Der Sportwagenbauer ist erneut die beste deutsche Marke im Qualitätsranking und verpasst die Spitze nur knapp. 75 Probleme pro 100 Neuwagen sind ein sehr guter Wert.
Jaguar (Großbritannien)
Die britische Traditionsmarke gehört mittlerweile zum indischen Autobauer Tata Motors. Auf die Qualität hat das offenbar keine Auswirkungen. 75 Ausfälle pro 100 Neuwagen reichen für einen Platz an der Spitze.
Lexus (Japan)
Die Krone im Qualitätsranking geht an die Nobeltochter von Toyota. Keine Marke schneidet bei den US-Verbrauchern besser ab. 73 Beschwerden auf 100 Neuwagen liegen deutlich unter dem Durchschnitt.
Was machen die Deutschen falsch? Laut Sargent wollen sie zu viel Technologie ins Auto packen. „Wenn man zum Umstellen der Uhr auf die Sommerzeit eine Gebrauchsanweisung braucht, läuft was falsch“, sagt der Projektleiter von JD Powers. Deutschen würde es schwerfallen, das „Deutsche“ an den Autos in Amerika zurückzufahren. Diese seien als sportlich, gut gebaut und robust gut gelitten.
„Man muss eine Balance finden“, sagt Sargent. Während Japaner und US-Produzenten mit ihren Modellen vor allem auf den US-Markt abzielen, so Sargent, sollen sie bei den Europäern für den gesamten Weltmarkt taugen.
Kritiker bemängeln den subjektiven Charakter der Studie. So können sich Amerikaner über „weiche“ Kriterien wie die Sitzeinstellung beklagen, die das Ranking genauso beeinflussen wie „harte“ Indikatoren, etwa die Pannenstatistik.
„Die Verbraucher erfinden nicht irgendwelche Probleme“, hält Sargent dagegen. „Und selbst wenn sie es tun würden: Als Autohersteller muss man darauf reagieren.“ Dem pflichtet Trahan bei: „Die Studie ist ein Standard, den wir schlagen müssen und werden.“