Geschäftsmodell der Deutschen Umwelthilfe Der Schreck der Autobosse

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Verbraucherschützer gegen Industriekonzern

Verbraucherschützer gegen Industriekonzern, diesen Kampf führt er seit Anfang der 80er Jahre. Damals entdeckte Resch am Bodensee sterbende Vögel, untersuchte die Kadaver, fand eine Verbindung zum Pflanzengift Endrin, das damals im Obstbau eingesetzt wurde. Kurzentschlossen fuhr er zur Expertensitzung der biologischen Bundesanstalt, knallte jedem Gutachter einen gefrorenen Mäusebussard in einer Plastiktüte auf den Tisch, daneben eine Flasche des Pestizids. Resch sagte: „Das genügt, um 300 Menschen umzubringen“. Wenig später war Endrin verboten – und Resch hatte seine Lebensaufgabe gefunden.

Welche Schadstoffe im Abgas stecken

Immer wieder nahm er es in den folgenden Jahren mit den Großen auf: mit BASF und Lidl, mit der Atomindustrie und den Ölkonzernen. Natürlich mit Volkswagen, Porsche und Daimler.

Dabei war Resch einst gar gern gesehener Partner der Autoindustrie. Ende der 1990er Jahre etwa organisierte er mit den deutschen Herstellern eine Kampagne für bleifreies Benzin gegen die Ölmultis. Prompt erhielt die DUH von 1995 bis 2005 den Auftrag, den Umweltbericht des DaimlerChrysler-Konzerns zu kommentieren. 6500 Euro zahlte der Autobauer dafür laut Resch jährlich, zuzüglich 40.000 Euro Sponsoring für Naturschutz-Camps für Daimler-Mitarbeiter. Tatsächlich dürfte es wohl etwas mehr gewesen sein. Etwas über eine halbe Million soll Daimler allein für „Beratungsleistungen“ zwischen 2000 und 2006 an die „Umweltschutz Service GmbH“ gezahlt haben, dazu Spenden an Reschs Global Nature Fund in gleicher Höhe.

Vor etwa zehn Jahren aber endete die Zusammenarbeit abrupt. Offizieller Grund: der Konzern habe die unzensierte Kommentierung des Umweltberichts durch die DUH verhindern wollen, habe außerdem die Kooperation als "Payroll-Beschäftigung" bewertet. Deshalb „beendete die DUH die Kooperation zum Jahresende“, sagt Resch.

Die Abgas-Tests in Deutschland und Europa

Zumindest inoffiziell dürfte auch Reschs damals frisch gestartete Kampagne für Rußpartikelfilter in Dieselfahrzeugen keine unwesentliche Rolle gespielt haben. Daimler-Chrysler jedenfalls kommentierte das Ende der Zusammenarbeit schlicht mit Reschs „irreführender“ Kritik am Umweltbericht des Unternehmens.

Danach: Funkstille. Es sollte beinahe zehn Jahre dauern, bis sich beide Seiten wieder wahrnahmen. Es war der 18. September 2015, als die Welt vom VW-Skandal erfuhr – und Jürgen Resch eine neue Schlagzeile schuf: Den „industriell-politischen Komplex“, wie er es nennt. Für ihn unterlaufen die Autokonzerne seit Jahren absichtlich Abgasvorgaben, machen falsche Angaben zum Spritverbrauch und rüsten ihre Pkw mit Schummelsoftware für die Kontrollen auf dem Prüfstand. Gleichzeitig hätte der Staat die Gesetze und Vorschriften, um eben das zu unterbinden – tut aber nichts, aus Rücksicht auf die allzu mächtige Industrie, die auch die Medien im Griff hat. Leidtragender dieser Verschwörung: die Verbraucher.

Die kürzlich bekannt gewordenen Messergebnisse des Kraftfahrt-Bundesamtes bekräftigen Resch darin. Kaum war öffentlich, dass nahezu alle deutschen Hersteller Modelle mit zu hohen Abgaswerten produzieren und hunderttausendfach Wagen zurückrufen müssen, verschickte Resch auch schon eine harsche Pressemitteilung. Ziel der Attacke diesmal: die Bundesregierung. Er forderte: „ein Ende des Schmusekurses und eine harte und konsequente Durchsetzung des geltenden Rechts.“ Und so vergeht seither kaum eine Woche, in der er nicht in irgendeiner Talkshow oder Radiosendung sitzt, zu einer Pressekonferenz lädt oder in einem Auditorium steht.

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