Ein Kenner der Fahrzeugindustrie bezeichnet das Verhältnis zu Resch als „belastet“, seine Wortwahl hält er für gefährlich: der „industriell-politische-Komplex“ etwa sei an den Sprachduktus der RAF angelehnt, die von einem „militärisch-industriellen-Komplex“ gesprochen habe. Er empfiehlt Resch daher, sprachlich „abzurüsten“. Überhaupt sei die DUH ja eine „Aktivistentruppe“, die Abmahnungen von Konzernen zu ihrem Geschäftsmodell gemacht habe. „Und was Herr Resch da über Dieter Zetsche gesagt hat – da kann man einfach nur noch den Kopf schütteln“, sagt ein Insider, der nicht in Stuttgart arbeitet, aber den Ruf der Branche insgesamt in Gefahr wähnt.
Wenn es um ihn selbst geht, ist Resch übrigens ziemlich ideologiefrei:
Dienstags fliegt er schon mal von Zürich zur Geschäftsstelle nach Berlin, zum Wochenende wieder zu seiner Familie an den Bodensee, er nimmt auch mal ein Taxi, wenns schnell gehen muss und lässt sich von Springers Auto-Bild für das „Grüne Lenkrad“ einspannen. Und auch die Umwelthilfe agiert durchaus pragmatisch, wo es ihr nützt. Um seine Finanzierung zu sichern und Projekte anzuschieben, geht Resch immer öfter Kooperationen mit der Industrie ein. Mit den Deutschen Mineralwasserbrunnen etwa stritt er für das Dosenpfand, mit Herstellern von Rußpartikel-Filtern kämpfte er für die Einführung von Umweltzonen. „Wir sind Lobby, wir sind Partei und wir schließen Zweckbündnisse“, sagte er dazu mal. Auf der Homepage der DUH heißt es: „Im Dialog mit Unternehmen und Umweltpolitikern entwickeln wir Chancen für nachhaltige Wirtschaftsweisen und umweltfreundliche Produkte“.
Ein Drittel seines 9-Millionen-Euro-Budgets kommt mittlerweile durch Partnerschaften zustande, ein weiteres Drittel machen Spenden aus, auch solche der Konzerne, die die DUH abgemahnt hat. Der Rest kommt von Stiftungen und öffentlichen Institutionen. Gut 80 Mitarbeiter werden davon bezahlt. Eine Mannschaft, mehr als doppelt so groß wie noch vor zehn Jahren. Und eine bundesweite Kampagnenmaschinerie, die Resch nüchtern-routiniert steuert. Nur dann und wann unterstützt von der tief-melancholischen Stimme von Tom Waits, den sich Resch immer dann auflegt, wenn er am Schreibtisch nicht weiterkommt.
Beim Verband der deutschen Automobilindustrie reagiert man inzwischen deutlich gelassener auf den Namen Resch. Noch vor zehn Jahren hatte der damalige VDA-Chef Bernd Gottschalk im Handelsblatt zu Protokoll gegeben: „Herrn Resch ist aus unserer Sicht eine bemerkenswerte Fähigkeit zu attestieren, die große Neigung in unserem Land zur Hysterie für seine politischen Ziele zu nutzen.
Dabei ist er, wie wir wiederholt festgestellt haben, in der Wahl seiner Mittel nicht zimperlich.“
Heute redet VDA-Sprecher Eckehart Rotter von einem „Kulturwandel“, den es beim Verband gegeben habe. „Die Zeit der ideologischen Grabenkämpfe ist vorbei. Wir sind da in keiner Art von Konfrontation.“ Tatsächlich treffen sich Autoverband und Umwelthilfe regelmäßig. Neulich erst diskutierte Resch eineinhalb Stunden lang im Deutschlandfunk mit einem VDA-Vertreter.
Noch einmal zurück in den Saal 2709 des Berliner Landgerichts in dem diese Geschichte ihren Anfang nahm. Ein paar Stunden nach Reschs Plädoyer fällt die Kammer ihr Urteil über den Brief des Daimler-Anwalts an die Umwelthilfe. Richterin Klinger verkündet: „Die Einstweilige Verfügung vom 15. Januar 2016 wird aufgehoben und ihr Erlass zurückgewiesen.“ Resch hat gesiegt, der Autokonzern hat verloren. Jedenfalls in diesem Fall. Die Hauptsache nämlich, das verrät Resch erst später am Telefon, ist noch anhängig. Doch darum geht es ihm momentan nicht: „Ich werde den Brief sofort wieder ins Internet stellen“ flötet er stattdessen. Und schiebt hinterher, ganz berauscht von seinem Erfolg: „Das war ein ganz wichtiger Sieg. Nicht nur für mich persönlich und für meinen Verband - sondern für die Gesellschaft.“
Was auch sonst. Kleiner hat es Jürgen Resch nicht mehr.