GM-Präsident Dan Ammann Der Mann hinter dem Opel-Deal

Opels Schicksal hängt an GM-Mann Dan Ammann. Für den früheren Investmentbanker zählt vor allem der Profit. Wer ist der Mann, der Opel verkauft?

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GM-Präsident Dan Ammann Quelle: dpa Picture-Alliance

Opels Zukunft frohlockt an vergangenen Montag in Rot und Weiß. Auf Hochglanz poliert, stehen der Benziner und der Diesel mitten in einem Szenerestaurant am Frankfurter Westhafen. Während halb Deutschland über den Opel-Verkauf an den französischen Konkurrenten PSA Peugeot Citroën spekuliert, bemühen sich die Rüsselsheimer um „business as usual“: Bei der Präsentation des Modells Crossland X preisen Marketingleute und Entwickler des Autos ausgiebig die Vorzüge des kompakten urbanen Geländewagens.

Der wahre Vater des neuesten Opel-Babys fehlt: Dan Ammann, Chef des Opel-Aufsichtsrats, Präsident von General Motors (GM) und damit die Nummer zwei im Konzern hinter Vorstandschefin Mary Barra. Vor fünf Jahren hat Ammann als Finanzchef eine Kooperation zwischen Opel und PSA mit eingefädelt. Der Crossland X ist deren erstes Ergebnis, die Konzerne haben sich die Kosten für Einkauf, Produktion und Logistik geteilt.

An dem Tag, als der Crossland das Licht der Öffentlichkeit erblickt, arbeitet Ammann daran, letzte Hindernisse für einen Opel-Verkauf aus dem Weg zu räumen.

Übernahme statt Allianz, Frankreich statt USA: Ammann entscheidet das Schicksal der Traditionsmarke. Ausgerechnet er: Der gelernte Banker hat keine technische Ausbildung, ist erst 44 Jahre alt und als Neuseeländer eher zufällig in der Autometropole Detroit gelandet.

Der autobegeisterte Erbsenzähler

Immerhin kann der „bean counter“ (Erbsenzähler), wie ihn GM-Ingenieure nennen, automobile Affinität nachweisen. Er besitzt eine Testfahrerlizenz für den Nürburgring, heizt gerne mit leistungsstarken Opel-OPC-Modellen über deutsche Autobahnen und investierte seinen ersten Banker-Bonus in einen Oldtimer – „glücklicherweise ein GM-Modell“, wie er sagt. Auch den Crossland ist er schon gefahren.

Wie wenig Opel noch in Opel ist
Opel Adam Quelle: Opel
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Nach elf Jahren als Investmentbanker bei Morgan Stanley stieg Ammann 2010 als Nummer zwei hinter dem damaligen Finanzvorstand bei GM ein. Der Autokonzern war damals insolvent, Ammann bewies sich als Sanierer. Sein Credo „Profit, Profit, Profit“ gilt seitdem im gesamten Konzern. Der Konzern setzt auf maximale Liquidität bei minimalen Schulden – und Investitionen in die Zukunft. 15 Milliarden Dollar sollen dafür jährlich zur Verfügung stehen.

Ammann hat versucht, Opel in die neue GM-Welt einzusortieren, mit Drohungen („Werksschließungen sind nicht auszuschließen“) und Vorschusslorbeeren („Opel ist wieder wettbewerbsfähig“). Er hat zweistellige Milliardeninvestitionen bewilligt und sich geduldig gezeigt, als Opel die Rückkehr in die schwarzen Zahlen von 2014 auf 2016 vertagte. Doch als sich abzeichnete, dass die Marke das Ziel verfehlen würde, kam die Exit-Strategie ins Spiel. Mit der Kooperation hatte Ammann schon 2012 den Grundstein für einen Verkauf an PSA gelegt.

Opels Produktionsstandorte in Europa

„Barra und Ammann setzen das um, was die Aktionäre von GM verlangen – und die haben ein knallhartes Profitinteresse. Die Aktionäre werden jetzt nervös. Opel bei GM zu halten bringt deswegen nichts mehr“, sagt Rainer Einenkel, der zehn Jahre Betriebsratsvorsitzender in Bochum war und neun Jahre im Opel-Aufsichtsrat saß. Die Ammann-Linie hätte ohnehin Folgen gehabt. „Es wäre auch unter GM nicht ohne Einschnitte weitergegangen“, sagt ein Opelaner.

Sorge um Opel-Werk Eisenach

Die Marke passt immer weniger in die geplante GM-Zukunft. Die sieht vor allem elektrisch aus. Fast die gesamte E-Technologie stammt aus Detroit, Opel war bei GM als Kompetenzzentrum für Verbrennungsmotoren vorgesehen. Durch den Abgasskandal sind die Zweifel daran gewachsen.

Ammann will weg von Verlustbringern wie dem Europa- und Russlandgeschäft, hin zu neuen Technologien. Die Branche werde sich mit elektrischen und selbstfahrenden Autos binnen fünf Jahren mehr verändern als in den vergangenen 50, sagt er. 1,5 Milliarden Dollar hat GM allein für Zukäufe im Silicon Valley lockergemacht. Allein eine halbe Milliarde investierte der Konzern in neun Prozent am Taxivermittler Lyft.

Während Ammann GM auf Zukunft trimmt, drängen Belegschaftsvertreter und Politik in Deutschland und Frankreich auf ein Weiterso. PSA-Chef Carlos Tavares spielt scheinbar mit. Er soll Kanzlerin Angela Merkel weitreichende Garantien für Opel gegeben haben. Damit bahnt sich eine Fusion zweier Unternehmen an, die wenig Kompetenz bei E-Autos und autonomem Fahren, dafür aber Überkapazitäten und hohe Kosten haben.

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Die Marke mit dem Blitz - Opel Quelle: dpa
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Opel-Kenner Einenkel rechnet mit Einschnitten. Sorgen macht er sich vor allem um den Standort Eisenach. Dort soll ab 2019 nur noch der Mokka vom Band laufen. „Doch eine ähnliche Modellreihe hat PSA bereits“, sagt er. Doppelte Produktion im gleichen Segment werde sich der Konzern dauerhaft nicht leisten können. Auch das Motoren-Werk in Kaiserslautern könnte überflüssig werden.

Ammann muss das dann nicht mehr entscheiden. Er sei „sehr bestimmt“, in dem, was er tue, und halte „sich strikt an den Plan“, urteilt ein Kollege aus dem Aufsichtsrat. Jedenfalls scheint Ammann guter Hoffnung, dass sich GM mithilfe der Frischzellenkur aus dem Valley in der neuen Autowelt gut behauptet. Der Neuseeländer hat sich dauerhaft in Detroit niedergelassen: In einer 90 Jahre alten Villa stehen ihm, seiner Frau und den zwei Töchtern auf 1400 Quadratmetern 15 Schlafzimmer, 15 Bäder, Tanzsaal und Indoor-Swimmingpool zur Verfügung. Die Garage fasst acht Autos, ist noch nicht voll, aber Ammann „arbeitet daran“, wie er sagt. Ob ein Opel zu der Sammlung gehört, ist nicht überliefert.

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