Grammer "Neuaufträge im Wert von 300 Millionen Euro fehlen"

Laut Aufsichtsratschef des Autozulieferers Grammer hat der Machtkampf mit den Investoren der Familie Hastor für eine Halbierung der Auftragseingänge im ersten Quartal gesorgt.

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Produktion beim Autozulieferer Grammer: Auftragseingang halbiert Quelle: dpa

Der Autozulieferer Grammer hat erstmals beziffert, in welchem Volumen ihm im Machtkampf mit Investoren der Familie Hastor neue Aufträge weggebrochen sind. „Im ersten Quartal haben sich unsere Auftragseingänge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum halbiert. Uns fehlen im ersten Quartal Aufträge im Wert von 300 Millionen Euro über die gesamte Produktlaufzeit“, sagte Aufsichtsratschef Klaus Probst der WirtschaftsWoche. Die Nachholeffekte seien dabei begrenzt, „denn manche Aufträge hätten im Februar vergeben werden müssen, um die Termine für die Serienanläufe einhalten zu können“.

Grund für den Auftragsrückgang sollen die Aktienkäufe von Investmentgesellschaften sein, die Mitgliedern der Familie Hastor zuzurechnen sind. Denn es waren Autozulieferer der Hastors, die im vergangenen Jahr VW im Streit nicht mehr belieferten und so die Bänder zum Stillstand brachten. Probst ist deswegen besorgt: „Wir haben von Anfang an gesehen, dass die großen Autohersteller das Investment der Familie Hastor sehr negativ betrachten. Die Einkäufer und Risikomanager der großen deutschen Autokonzerne haben Vorstand und Aufsichtsrat zum Gespräch zitiert. So emotional habe ich die Risikomanager und Einkäufer noch nie erlebt“, sagt Probst.

Der Angriff der Familie Hastor auf Grammer gefährde daher die Existenz des Unternehmens. „Meine Einschätzung ist, dass der Einstieg der Familie Hastor Grammer und vielleicht sogar Prevent die Zukunft kostet“, sagte Probst der WirtschaftsWoche. „Ich sehe eine Katastrophe auf Grammer zukommen.“

Grammer ist für die großen deutschen Automobilhersteller systemrelevant. Im Bereich Mittelkonsolen ist Grammer Probst zufolge bei manchen Baureihen der alleinige Lieferant. Es würde mehr als zwei Jahre dauern, bis ein anderer Zulieferer diese Mittelkonsolen liefern könne. „Geben die Autobauer die Beschaffung von Teilen aus nur einer Quelle auf, werden die Autos teurer und das verschlechtert die Position unserer Industrie auf dem Weltmarkt. Wenn die Hastors mit ihrem Vorhaben erfolgreich sind, dann kostet es die deutsche Automobilbranche eingespielte Konzepte und Regeln, etwa im Bereich der Beschaffung von Teilen aus nur einer Quelle“, so Probst.

Auf der Hauptversammlung am Mittwoch will die Familie Hastor Vorstands- und Aufsichtsratsposten mit Vertrauten besetzen. Einer Lösung des Machtkampfes will Probst nicht im Weg stehen: „Ich stelle mein Amt zur Verfügung, wenn dadurch eine positive Zukunft für Grammer, die Kunden und Mitarbeiter garantiert ist. Dieser Schritt allein würde das Problem zwischen Hastor und den Herstellern allerdings leider nicht lösen.“ Wer sich auf der Grammer-Hauptversammlung am 24. Mai durchsetze, sei „noch völlig offen“, sagt Probst. Doch „selbst wenn der Kontrollwechsel verhindert werden kann, ist es nur ein Etappensieg: Die Familie Hastor bleibt ja engagiert und könnte sogar nachkaufen.“

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