Hans Dieter Pötsch Volkswagen im Kreuzfeuer

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Im Aufsichtsrat ist Pötsch unumstritten


Zahlreiche Umbesetzungen – zum Teil noch Spätfolgen des Rückzugs von Ferdinand Piech und Gattin Ursula im Frühsommer 2015 – haben die stabilen Strukturen geschwächt. Das Machtgefüge bröckelt: Kurz vor der Hauptversammlung haben die Familien und Katar ihr Vorhaben gestoppt, das Land Niedersachsen mit einer Kapitalerhöhung unter die 20-Prozent-Marke zu drücken – und durch Wegfall des Vetorechts damit zu entmachten.

Das Bild eines starken Aufsichtsratsvorsitzenden, der analysiert, kontrolliert und bestimmt handelt, sieht anders aus. Auch, weil Pötsch wegen der fehlenden Einigung mit den US-Behörden in wichtigen Bereichen noch die Hände gebunden sind.

Zumindest im Aufsichtsrat und im Konzernvorstand ist Pötsch inzwischen unumstritten. Er leite die Aufsichtsratssitzungen sehr souverän, sachlich und fungiere auch dank seiner klaren Worte als professioneller Mittler zwischen den Interessensgruppen, heißt es unisono von unterschiedlichsten Mitgliedern. Wann immer in den vergangenen Monaten in den Medien an Pötsch gezweifelt wurde, es dauerte nicht lange, bis ihm namhafte Aufsichtsräte wie VW-Großeigner Wolfgang Porsche zur Seite standen.

Doch auch ein geschlossener Auftritt der Familien als wichtigste Eigentümer konnte nicht verhindern, dass institutionelle Investoren wie auch Privatanleger ihrem Unmut mit Gegenanträgen Luft machen. Aktionäre wie die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), der britische Pensionsfonds-Vertreter Hermes oder der Hedgefonds TCI wollen VW wegen der angeblich zu späten Information an die Finanzwelt zu einer unabhängigen Sonderprüfung zwingen.

Außerdem schmeckt es vielen Investoren nicht, Vorstand und Aufsichtsrat zu entlasten, wie es die Tagesordnung vorsieht. Sie fordern angesichts der Krise und des bisherigen Umgangs mit ihr das Gegenteil. Pötsch betont, man habe auch nach dem Bekanntwerden der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft vom Montag die Empfehlung, der Entlastung zuzustimmen, von zwei Anwaltskanzleien prüfen und bestätigen lassen.

Für Daniel Vos, Partner bei der Kanzlei Müller Seidel Vos, zeigt das Festhalten an dem Vorschlag „das weiterhin fehlende Verständnis des Unternehmens für die eigene Verantwortung“. Für Pötsch hingegen ist die Entlastung „ein Zeichen des Vertrauens in die Zukunft von Volkswagen“.

Immerhin einmal brandet für Pötsch Applaus auf – als er das heikle Thema der Vorstands-Gehälter anspricht. „Mir ist bekannt, dass viele von Ihnen den Beitrag des Vorstands für zu gering halten“, sagt Pötsch und erntet die uneingeschränkte Zustimmung der Aktionäre. Eine echte Lösung hat er aber auch nicht parat: Der Aufsichtsrat arbeite gemeinsam mit dem Vorstand an den Veränderungen des Konzerns. „Dazu gehört auch, dass wir die Vergütung des Vorstands auf den Prüfstand stellen“.

Immerhin: Im vergangenen Jahr erhielt der Aufsichtsrat keine variable Vergütung, erklärt Pötsch. Macht nur 700.000 statt zwölf Millionen Euro.

Bislang muss Pötsch erklären, beschwichtigen, um Vertrauen werben. Die Aufgaben eines Reformers sehen anders aus.

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