ICCT-Studie Top-Verbrauch dank geschönter Ausrollwerte

Eine Studie des International Council on Clean Transportation unterstreicht den Einfluss der sogenannten Ausrollversuche auf die offiziellen Angaben zu Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß von Neufahrzeugen.

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Wird der Fahrwiderstand für den Labortest zu niedrig angegeben, reduziert sich der Kraftstoffverbrauch sowie die CO2-Emissionen. Quelle: dpa

Die offiziellen Angaben zum Kraftstoffverbrauch und zum CO2-Ausstoß von Neuwagen weichen immer mehr von den realen Werten ab. Etwa ein Drittel dieser Abweichungen geht in Europa auf eine systematische Ausnutzung von Gesetzeslücken im Rahmen der sogenannten Ausrollversuche durch die Fahrzeughersteller zurück. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der unabhängigen Forschungsorganisation International Council on Clean Transportation (ICCT).

Der ICCT

Die Studie konzentriert sich auf Tests, die genutzt werden, um die Schwungmasse, sowie Reibungs- und Luftwiderstand eines Autos auf einer Teststrecke zu ermitteln. Um diese Fahrwiderstände zu messen, wird der Wagen auf einer abgesperrten ebenen Strecke beschleunigt und anschließend ausrollen gelassen (daher der Begriff “Ausrollversuch”).

Die hieraus abgeleiteten Parameter werden anschließend verwendet, um bei den vorgeschriebenen Kraftstoffverbrauchs- sowie Emissionstests im Fahrzeuglabor die Straßen-Fahrwiderstände per Computer zu simulieren.
"Die aus den Ausrollversuchen berechneten Fahrwiderstände haben einen erheblichen Einfluss auf die offiziellen Verbrauchs- und CO2-Werte, da sie bestimmen, wie viel Energie das Fahrzeug während des Tests im Labor aufwenden muss", erklärt der ICCT.

Wird der Fahrwiderstand für den Labortest zu niedrig angegeben, so reduziert sich der Kraftstoffverbrauch sowie die CO2-Emissionen des Testfahrzeugs – allerdings lediglich im Rahmen des offiziellen Labortests, nicht im realen Straßenbetrieb. Eine besondere Bedeutung kommt den Ausrollversuchen ferner zu, da sie in der Regel lediglich einmal für die Neuauflage eines Fahrzeugmodells durchgeführt und anschließend nicht wiederholt oder von unabhängiger nachgeprüft werden.

Anstieg der CO2-Emissionen der betrachteten Fahrzeuge, wenn offizielle durch realistische Angaben zu Fahrwiderständen ersetzt werden. Quelle: Presse

Die ICCT-Studie untersuchte die Daten zu den Fahrwiderständen von 29 Pkw der Modelljahre 2009 bis 2012, für welche Messungen unabhängiger Testlabore vorhanden waren. Für 19 der 29 betrachteten Pkw war es zudem möglich, die offiziellen Angaben zu Fahrwiderständen mit denen der unabhängigen Labore zu vergleichen. Für Fahrzeugmodelle, welche auch in den USA im Handel erhältlich sind, wurden die offiziellen Fahrwiderstände laut EU-Test zudem mit dem entsprechenden Wert laut US-Test verglichen.
Für alle 19 untersuchten Fahrzeuge lagen die offiziellen Fahrwiderstände unter den von unabhängigen Laboren ermittelten Werten. In der Folge lag der offizielle Kraftstoffverbrauch sowie der offizielle CO2-Wert – allein zurückzuführen auf unrealistische Angaben zum Fahrwiderstand – zwischen 0,7 % und 14,5 % niedriger als wenn unter realen Bedingungen getestet.

Im Durchschnitt über alle betrachteten Fahrzeuge betrug der auf die Fahrwiderstände zurückzuführende Unterschied 7,2 %. Damit erklären unrealistische Fahrwiderstände etwa ein Drittel der beobachteten Diskrepanz zwischen offiziellen und realen Verbrauchs- und CO2-Angaben für Neuwagen. Im Vergleich hierzu lag der Einfluss von offiziellen und realen Angaben zu Fahrwiderstand in den USA bei lediglich 1,8 %.

"Die während des Genehmigungsprozesses gemessenen Angaben zum Fahrwiderstand eines Fahrzeugs sind in der EU derzeit nicht öffentlich zugänglich. Während die entsprechenden Ergebnisse der Ausrollversuche in den USA im Internet für jeden Bürger verfügbar sind, werden sie in der EU als streng vertraulich eingestuft und sind nur in begründeten Ausnahmefällen und für einzelne Fahrzeuge von den Behörden zu erhalten, was eine Überprüfung der offiziellen Fahrwiderstände von Seiten Dritter nahezu unmöglich macht", so der ICCT.

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