Jaguar, Bentley, Mini und Co. Der deutsche Erfolg der britischen Autoindustrie

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Atmende Fabrik

Manche Briten wie der inzwischen gefeuerte BBC-Starmoderator Jeremy Clarkson mochten über die Germans und ihren Erfolg spotten. Doch ohne die Investitionen etwa von BMW, die Rede ist von insgesamt 2,4 Milliarden Euro, hätte sich der Mini nie so zur Absatzrakete entwickelt. Der seit 1. März amtierende Mini-Chef Sebastian Mackensen übernimmt ein top geführtes Haus.

Im vergangenen Jahr verkaufte die BMW-Tochter mehr als 300.000 Exemplare, zwölfmal so viel 2001, dem Jahr, in dem der Mini neuer Prägung auf den Markt kam. Das schafften die Deutschen nicht nur mit den ihnen zugeschriebenen Tugenden wie Ingenieurkunst und Organisationstalent, gepaart mit Finanzkraft. Nachdem sie das Auto bei Technik und Komfort auf den neuesten Stand gebracht hatten, bauten sie die Modellpalette massiv aus.

Jaguar Land Rover in Zahlen

Im Hauptwerk Oxford laufen die zweitürigen Varianten Hatch, Cabrio, Roadster und Coupé vom Band. Swindon westlich von London liefert Komponenten, Hams Hall bei Birmingham baut Motoren. Der Absatz der rund 20.000 Euro teuren Winzlinge läuft so gut, dass die Bayern die mehrtürigen Modelle Countryman, Clubman und Paceman beim österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna und neuerdings auch bei dem niederländischen Auftragsfertiger Nedcar montieren lassen.

„Das lässt uns atmen“, sagt der für Mini zuständige BMW-Vorstand Peter Schwarzenbauer. Mit der jüngsten Investition in Oxford sei die Maximalkapazität von 260.000 Stück erreicht. „Wir brauchen zusätzliche flexible Produktionskapazität. Das moderne niederländische Werk bietet logistische Vorteile durch seine Nähe zu unserem britischen Produktionsdreieck. Das ist und bleibt aber das Herz der Mini-Produktion“.

Die wichtigsten Auto-Produktionsstandorte in Großbritannien

Für die Region und ihre Gemeinden ist das deutsche Engagement ein Segen. 18.000 Menschen arbeiten im Vereinigten Königreich allein für BMW. Hinzu kommen Zulieferer und Dienstleister, die mehr als 46.000 Mitarbeiter beschäftigen.

Ebenfalls auf Wachstumskurs ist die Luxus-Marke Rolls-Royce, die seit 2000 zu BMW gehört. Unter dem Deutschen Torsten Müller-Ötvös entsteht derzeit in Bognor Regis in der Nähe von Goodwood, eine halbe Autostunde von der südenglischen Hafenstaat Portsmouth, ein neues Technologie- und Logistikzentrum. Das Stammwerk in Goodwood platzt aus allen Nähten. Seitdem Müller-Ötvös 2010 die Geschicke des Nobelkarossenherstellers lenkt, hat sich der Absatz auf mehr als 4000 Fahrzeuge pro Jahr vervierfacht. Mit dem neuen, über 300.000 Euro teuren sportlichen Luxusgeländewagen namens Cullinan wollen die Deutschen das Absatzvolumen bis 2019 fast verdoppeln – und die Ertragslage nochmals deutlich verbessern.

Boliden aus Britannien

Ähnlich rasant entwickelt sich die einstige Rolls-Royce-Schwestermarke Bentley, die seit 1998 zu Volkswagen gehört und es bereits auf fünfstellige Absatzzahlen bringt – dem alten und neuen Chef Wolfgang Dürheimer sei Dank. 2014 lieferte das Werk in Crewe 45 Kilometer südwestlich von Manchester knapp 11.000 Fahrzeuge aus und der deutschen Konzernmutter einen operativen Gewinn von 168 Millionen Euro.

Lamborghini baut SUV in Italien
Die VW -Sportwagentochter Lamborghini will den Markt für Geländewagen aufmischen. Vorstandschef Stephan Winkelmann kündigte am Mittwoch im Beisein von Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi in Rom den Bau eines Luxus-SUV an, der 2018 zu den Händlern rollen soll. Luxuriöse Geländewagen sind derzeit vor allem in den USA und Asien stark gefragt. Erstmals wurde der Geländewagen von Lamborghini vor drei Jahren als Studie mit dem Namen Urus auf der Automesse in China einem größeren Publikum vorgestellt (im Bild). Zuletzt war spekuliert worden, er könnte bereits 2017 auf den Markt kommen. In der Branche wird vermutet, dass sich der Lamborghini-SUV die Plattform mit dem Audi Q7, dem VW Touareg und dem Porsche Cayenne teilen soll, von denen VW im vergangenen Jahr fast 200.000 Stück verkauft hat. Quelle: REUTERS
Lamborghini rechnet mit einem jährlichen Verkauf von rund 3.000 Exemplaren seines Luxus-SUVs. Dadurch würde sich der Absatz von zuletzt 2.530 Fahrzeugen mehr als verdoppeln. Bislang baut Lamborghini zwei Sportwagentypen – den Huracan als Nachfolger des Gallardo und den Aventador. In die Erweiterung seines Werks in Sant'Agata Bolognese und die Entwicklung des Geländewagens steckt Lamborghini nach eigenen Angaben einen hohen dreistelligen Millionenbetrag. Dadurch sollen bis zu 500 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. Insgesamt beschäftigt die Marke mit dem Kampfstier im Logo rund 1.100 Mitarbeiter, die meisten davon in seinem Stammwerk in Norditalien. Im Gegenzug für die Investition soll Lamborghini bis zu 90 Millionen Euro an Steuervergünstigungen und anderen Subventionen erhalten. Quelle: dpa
Das Lambo-SUV könnte laut den Experten von IHS Automotive aber nur zum Teil in Italien gefertigt werden. Im slowakischen Werk in Bratislava konzentriert der VW-Konzern die Fertigung der großen Luxus-SUVs, wie etwa dem Porsche Cayenne, Audi Q7 oder Bentley Bentayga. Beim Lamborghini könnte es ähnlich laufen wie bei Cayenne und Bentayga: In Bratislava wird die Karosserie gefertigt, zur Endmontage werden die Autos dann in das jeweilige Werk der Marke gebracht. Bei Bentley könnte der Bentayga bereits bald Zuwachs erhalten. Im Interview mit dem britischen Fachmagazin "Autocar" sagte Rolf Frech, Entwicklungschef der Nobelmarke, dass die Entwicklung eines weiteren SUV-Modells durchaus im Bereich des Möglichen liege. " Autocar"  spekuliert, dass sich die Bentley-Designer dabei am BMW X6 orientieren könnten. Eine endgültige Entscheidung sei jedoch noch nicht gefallen, betonte Frech. Quelle: AP
Bentley-Chef Wolfgang Dürheimer will von dem SUV rund 3.000 Fahrzeuge pro Jahr verkaufen – zum fürstlichen Preis von mindestens 200.000 Euro. Extrawünsche bei Lack, Leder oder sonstiger Ausstattung treiben den Preis weiter nach oben. Quelle: dapd
Bislang hat Bentley nur diese schemenhafte Aufnahme des SUV-Modells veröffentlicht, das „Bentayga“ heißen wird. Das gaben die Briten im Januar auf der Automesse in Detroit bekannt. Ebenso das Datum für den Marktstart: Die Serienversion wird erstmals auf der IAA im Herbst diesen Jahres gezeigt, 2016 soll der Bentayga dann bei den Bentley-Händlern stehen. Quelle: Bentley Motors Limited
Einen Ausblick auf die SUV-Vorstellungen der Briten gab die Studie EXP 9F, den Bentley 2012 auf den Automessen in Genf und Peking zeigte. Das kantige und etwas unproportioniert wirkende Design polarisierte – und das vollkommen bewusst: Bentley wollte provozieren und so die Medien und potenzielle Kunden dazu antreiben, ihre eigenen Vorstellungen von einem Bentley-SUV kundzutun. Quelle: REUTERS
Im vergangenen September kam vom Vorstand die Produktionsfreigabe – allerdings mit einem entschärften Design. Die Front wird sich – wie auf dem sandigen Foto zu erkennen – am typischen Vier-Augen-Gesicht der Marke orientieren. Die gesamte Linienführung wird wohl deutlich filigraner ausfallen. Für den standesgemäßen Vortrieb soll der aus dem VW-Konzern bekannte W12-Motor sorgen, der in dem SUV bis zu 610 PS leisten könnte. Quelle: Bentley Motors Limited

VW hat für umgerechnet 54,7 Millionen Euro im Bentley-Stammwerk Crewe ein neues Forschungs- und Entwicklungszentrum errichtet. Das Geld soll in kürzester Zeit der 600 PS starke sportliche Ultra-Luxusgeländewagen mit einem 12-Zylinder-Motor einspielen. Von dem Boliden will VW im kommenden Jahr 3000 Fahrzeuge verkaufen. Insgesamt steckt VW zwischen 2014 und 2016 rund 1,15 Milliarden Euro in seine britische Luxusmarke Bentley in Großbritannien.

Wohl am spannendsten verläuft die Wiederbelebung bei Aston Martin, der urbritischsten aller Autoschmieden. In den Sechzigerjahren schmückten die Sportwagen die James-Bond-Filme. Unvergesslich, wie Sean Connery alias MI6-Agent 007 im Dienste seiner Majestät 1964 in „Goldfinger“ aus einem Aston Martin DB5 Raketen abfeuerte und sich unliebsamer Beifahrer per Schleudersitz entledigte. Doch der Ruhm währte nicht lange. In den Siebzigerjahren drohte die Pleite. Die Kultmarke wechselte mehrfach den Besitzer.

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