Jaguar, Bentley, Mini und Co. Der deutsche Erfolg der britischen Autoindustrie

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Court für Ausländer

Im Jahr 2000 übernahm der ehemalige BMW- und Porsche-Manager Ulrich Bez die Leitung. Er päppelte Aston Martin wieder auf und führte den Sportwagenhersteller zurück in den Motorsport. Seit 2013 sitzt Bez im Aufsichtsrat, Chef ist seitdem der frühere Rover- und Infiniti-Ingenieur Andrew Palmer.

Alles schien gut, doch dann zeigte sich, dass die enormen Entwicklungskosten für umweltverträglichere Motoren und eine neue Fahrzeugplattform die kleine Marke mit ihren 4000 verkauften Autos 2014 völlig überforderte. Vor zwei Jahren hat sich deshalb Daimler mit fünf Prozent an Aston Martin beteiligt, größte Anteilseigner sind der italienische Finanzinvestor Investindustrial sowie die kuwaitischen Investorengruppen Dar und Adeem.

Neuzulassungen in Deutschland 2014

In Stuttgart wird nicht ausgeschlossen, dass die Schwaben eines Tages stärker einsteigen. Aston-Martin-Chef Palmer erklärte Ende März, er werde die Produktpalette für Märkte außerhalb Europas erweitern. Im Fokus stehen zunächst China und der Mittlere Osten.

Die Briten und ihre Regierung stört es nicht, dass die heimische Autoindustrie nach ihrem beispiellosen Niedergang in den Siebzigerjahren nun unter ausländischer Führung wieder auflebt. Denn London setzt auf die Stärkung der Industrie in einem Land, dessen Wertschöpfung zu 75 Prozent auf Dienstleistungen basiert. Dazu bieten die Briten wie beim Tennisturnier von Wimbledon ausländischen Playern gern den Court.

Fortbildungskurse sollen Fachkräfte liefern

Deutsche Autobauer könnten darüber zufrieden sein, fänden sie auf der Insel in ausreichendem Umfang die nötigen Fachkräfte. Daran hapert es in der einstigen Wiege der Industrialisierung aber sehr. VW und BMW bleibt deshalb nur, Techniker und Ingenieure aus anderen Teilen Europas über den Ärmelkanal zu holen. Auf der Insel selbst versuchen sie, durch betriebliche Fortbildungskurse das Defizit zu beseitigen.

Produktion der in Großbritannien gefertigten Automarken

Hauptkritikpunkt ist das schlechte Niveau der britischen Schulabgänger. Eine dreistufige Ausbildung etwa wie im deutschen Handwerk vom Lehrling über den Gesellen bis zum Meister gibt es nicht. Hinzu kommt, dass technische Berufe und Handwerker im Königreich wenig Prestige genießen, die Begabtesten ziehen in die City. „Ein Ingenieur hat in Deutschland einen ähnlich guten Status wie ein Arzt, hier in Großbritannien gilt das nicht“, sagt Paul Willis, VW-Chef in Großbritannien.

Seit Jahren kämpft der Verein German Industry UK, der in Großbritannien den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) repräsentiert, vergeblich um die Verbesserung der beruflichen Bildung auf der Insel. Eine im Januar veröffentlichte Umfrage ergab wieder einmal ernüchternde Resultate: Die Mehrheit der deutschen Firmen muss aufwendiges Training anbieten, um neue Mitarbeiter auf ein akzeptables Niveau zu bringen; die Lage sei heute schlechter als vor fünf Jahren, heißt es.

Positiv schlagen für deutsche Unternehmen dagegen die niedrige Körperschaftsteuer von 20 Prozent und steuerliche Anreize für Forschung und Entwicklung zu Buche, von denen auch Bentley und Rolls-Royce mit ihren Entwicklungszentren profitieren dürften. Denn die sogenannte Patentbox ermöglicht es Firmen, die Abgaben auf Gewinne aus Patenten in Großbritannien ab 2017 auf zehn Prozent zu senken.

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