Jaguar I-PACE Jaguars Antwort auf Tesla

Jaguar hat sein erstes Elektroauto enthüllt – zumindest die Studie. 2018 soll er auf den Markt kommen und mit einem günstigeren Preis gegen den Tesla X antreten. Vorangetrieben hat ihn ein deutscher Ingenieur.

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Ein Blick in den Elektro-Jaguar
Dass er irgendwann kommt, war klar: der erste rein elektrisch angetriebene Jaguar. Das Wann und Wie waren aber noch offen. Bis jetzt: Auf der LA Auto Show haben die Briten den I-PACE vorgestellt, der einen Ausblick auf das 2018 erscheinende Serien-Elektroauto geben soll. Quelle: Jaguar Land Rover
Ähnlich wie die Allrad-Modelle von Tesla wird der I-PACE von zwei Elektromotoren angetrieben, je einer an der Vorder- und Hinterachse. Auf die exorbitanten Leistungsdaten eines Tesla Model X mit bis zu 700 PS verzichtet Jaguar. Beim I-PACE sind es "nur" 400 PS. Quelle: Jaguar Land Rover
Doch auch das reicht immer noch für eine rasante Beschleunigung: Aus dem Stand knackt das Elektro-SUV die 100-km/h-Marke nach 3,7 Sekunden – nur 0,3 Sekunden langsamer als ein Jaguar F-Type SVR. Nur ist der 575-PS-Sportwagen nicht nur deutlich teurer als der I-PACE, sondern bietet auch nur zwei Personen Platz. Quelle: Jaguar Land Rover
In dem SUV, das am Ende rund 70.000 Euro kosten soll, können hingegen bis zu fünf Personen mitfahren. Ob es die futuristischen freischwebenden Sitze allerdings auch in das für 2018 angepeilte Serienmodell schaffen, darf angezweifelt werden. Quelle: Jaguar Land Rover
Dass der erste Elektro-Jaguar ein SUV wird, kommt nicht von ungefähr: Das SUV-Segment boomt weltweit. Davon profitiert nicht nur die Schwestermarke Land Rover – von dem seit Früjahr erhältlichen SUV F-Pace hat Jaguar bereits über 50.000 Exemplare verkauft. Quelle: Jaguar Land Rover
Dazu kommt, dass sich in dem hohen Boden einer SUV-Karosserie die Batterien einfacher unterbringen lassen als etwa bei einer Limousine – zwei Fliegen mit einer Klappe also. Aus diesen Gründen setzt etwa auch Daimler bei seinem in Paris vorgestellten Elektro-Konzept auf eine SUV-Basis. Quelle: Jaguar Land Rover
Tesla hat vorgemacht, dass umweltfreundliche Autos nicht zwingend nach öko aussehen müssen – Toyota hat mit dem Hybridpionier Prius oder dem Brennstoffzellenauto Mirai stets einen anderen Kurs gefahren. Der im Geheimen von Jaguar-Chefdesigner Ian Callum gezeichnete I-PACE könnte aber auch die Studie für ein 500-PS-SUV-Coupé mit Benzinmotor sein. Quelle: Jaguar Land Rover

In den Milk Studios am Rande von Hollywood finden normalerweise Modeschauen statt. Der britische Premiumautohersteller Jaguar hat sie am Montagabend kalifornischer Zeit in eine virtuelle Erlebniswelt umgebaut, den Auto-Show-Room der Zukunft. Gezeigt wird der I-PACE, der allererste elektrifizierte Jaguar. In der realen Welt gibt es nur ein einziges Modell des Stromers. In der virtuellen wird die Konzeptstudie des Mix aus Gelände-und Sportwagen zeitgleich zur Europa-Premiere nach London gebeamt.

Beim Überstülpen der HTC Vive Datenbrille baut sich zunächst das Lenkrad auf, dann das Cockpit mit seinem 12-Zoll-Touchscreen, die Karosserie – durch die Scheiben sieht man die Szenerie, der berühmte Strand von Venice Beach.

In Los Angeles, ganz real vor Ort, schwärmt sein Initiator, der deutsche Ingenieur Wolfgang Ziebart, ganz klassisch über die technischen Werte des I-PACE. Das Luxus-SUV mit dem großzügigen Panoramaglasdach sprintet raubkatzenwürdig mittels zweier Elektromotoren mit 400 PS innerhalb von vier Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h.

Sowohl Elektromotoren als auch die 90 Kilowattstunden (kWh) Lithium-Ionen Batterie hat Jaguar Land Rover (JLR) selbst entwickelt. „Nur so mussten wir keine Kompromisse eingehen“, behauptet Ziebart, der Leiter der technischen Entwicklung von JLR und preist das verzögerungsfreie Ansprechen der Motoren an sowie die mindestens 500 Kilometer Reichweite nach dem neuen europäischen Fahrzyklus (NEFZ). „Wir haben das Auto auf einem weißen Blatt Papier konzipiert.“

Serienmodell kommt frühestens 2018

Im April vergangenen Jahres war Ziebart als Technikvorstand von JLR zurückgetreten. Doch dem Unternehmen blieb der 66-jährige Manager erhalten, arbeitete unter größter Geheimhaltung von seinem Wohnort Starnberg aus mit Jaguar Designdirektor Ian Callum und Baureihenleiter Ian Hoban an dem elektrischen Geländewagen.

An dessen Vorder-und Hinterachse sind je ein Elektromotor angebracht. Ihre 400 PS erzeugen im Duett ein Drehmoment von 700 Nm, genau wie der Sportwagen Jaguar F-Type SVR. Der hat noch 175 PS mehr und schafft es aus dem Stand innerhalb von 3,7 Sekunden auf 100 km/h, kaum merkliche 0,3 Sekunden schneller. Der I-PACE wird ab 70.000 Euro erhältlich sein – den stärksten F-Type gibt es ab 138.400 Euro.

Bis der erste elektrische Jaguar über die Straßen rollt, werden jedoch noch mindestens anderthalb Jahre ins Land gehen. Das Serienmodell des I-PACE soll im nächsten Jahr vorgestellt werden. Die Markteinführung des fünfsitzigen Wagens ist für 2018 geplant, wahrscheinlich in der zweiten Jahreshälfte.

Eine Menge Zeit also für Tesla Motors, mit dessen wesentlich größerem SUV Tesla X die Briten konkurrieren. Dessen Model 90D wird im NEFZ mit einer Reichweite von 489 Kilometer angegeben. Das Topmodel von Tesla, der P100D, schafft die 100 km/h ebenfalls in vier Sekunden, mit Beschleunigungsupgrade sogar innerhalb von 3,4 Sekunden.

Auch bei Jaguar bleibt die Ladezeit die Schwachstelle

Ziebarts Ehrgeiz war es, ein echtes Langstreckenauto zu entwickeln. Doch auch der I-PACE leidet an der derzeit größten Schwachstelle von Lithium-Ionen-Akkus. Je höher die Reichweite ist, desto länger die Ladezeit. Um auf 500 Kilometer Reichweite zu kommen, muss das Auto mindestens zwei Stunden Strom tanken. Allerdings wird diese Zeit nur an einer öffentlichen Säule mit 50-kW-Gleichstrom erreicht.

In der Realität wird der Wagen eher in der heimischen Garage über Nacht an der Steckdose hängen. Ziebart sieht das nicht als Problem. Denn im Alltag, so erwartet er, werden die meisten Besitzer in der Regel nur 50 Kilometer pro Tag zurücklegen. Das Auto müsste also nur einmal in der Woche aufgeladen werden.

Jaguar hofft auf den Evoque-Effekt
Jaguar F-Pace Quelle: Jaguar Land Rover
Jaguar F-Pace Quelle: Jaguar Land Rover
Jaguar F-Pace Quelle: Jaguar Land Rover
Jaguar F-Pace Quelle: Jaguar Land Rover
Jaguar F-Pace Quelle: Jaguar Land Rover
Jaguar F-Pace Quelle: Jaguar Land Rover
Jaguar F-Pace Quelle: Jaguar Land Rover

Jaguar braucht mehr elektrifizierte Modelle. Nicht nur, um Elon Musk und den traditionellen Konkurrenten BMW, Audi und Mercedes Paroli zu bieten.

Sondern auch um die Auflagen der EU beim CO2-Flottenausstoß zu erfüllen und damit die ab 2021 fälligen Strafabgaben zumindest zu minimieren. Bislang kommt nur der Jaguar XE in der Einstiegsversion dem von Brüssel verordneten Ziel von 95 Gramm pro Kilometer mit 99 Gramm nahe. Alle anderen Modelle liegen weit darüber, der Flottenverbrauch von JLR beträgt derzeit 178 Gramm pro Kilometer, selbst die deutsche Premium-Konkurrenz liegt dank kleinerer Modelle deutlich darunter.

Und das sind nur die offiziellen Werte, an denen Prüfer bereits zweifeln, nicht nur an denen von JLR, sondern quer durch die Branche. Der Leichtbau in Aluminium, wo die Briten Vorreiter sind, hilft etwas. Da Kleinwagen in der Marke derzeit keine Option sind, bleibt nur der Ausgleich der Schadstoffwerte durch Elektrofahrzeuge.

Britische Autos und ihr unrühmliches Ende

Bis auf das Manko mit dem Flottenverbrauch, als Luxus-und Sportwagenhersteller unvermeidlich, läuft bei JLR momentan alles rund. Acht Jahre ist es her, seit Ford notgedrungen den britischen Autohersteller für 2,3 Milliarden Dollar an den indischen Tata-Konzern verscherbeln musste. Mit einem weinenden Auge zwar. Doch den Amerikanern ging es damals finanziell sehr schlecht. Tata hat davon profitiert.

Unter der Führung des deutschen Automanagers Ralf Speth haben die Briten vieles richtig gemacht. Die Nachfrage nach Jaguar und Land Rover ist so hoch wie nie. Das Unternehmen ist nach der globalen Finanzkrise regelreicht aufgeblüht. Seit 2009 hat sich der Absatz mehr als verdoppelt.

Jaguar Land Rover in Zahlen

Jaguar ist zwar eine Nischenmarke geblieben, mit maximal vier Prozent Marktanteil im Premiumsegment. Die niedrigen Stückzahlen und damit verbundenen Kostennachteile in der Produktion haben die Briten bislang jedoch nicht gebremst. Mit dem im Mai vorgestellten F-PACE, dem allerersten Geländewagen von Jaguar, haben sie einen weiteren Bestseller im Programm. Weltweit wurde der SUV bereits mehr als 50.000 Mal verkauft. Mittlerweile gibt es Wartezeiten von sechs Monaten, weil die Produktionskapazitäten im englischen Solihull nicht ausreichen.

Speth ist bereits dabei, die Fertigung auszuweiten – nicht zuletzt um ab 2018 die Nachfrage nach dem I-Pace befriedigen zu können. Denn nur wenn der elektrifizierte Luxus-SUV auch ausgeliefert wird, kann er zum Senken des Flottenverbrauchs zum Stichjahr 2021 beitragen.

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