Ist Winterkorns Rücktritt jetzt eine klare Botschaft für die Verbraucher in den USA oder in Deutschland?
Frank Roselieb: Amerikaner sind in der Art, wie sie kommunizieren – auch gegen ausländische Firmen – wesentlich aggressiver. Da helfen klare Botschaften oder ein Mea culpa auf die Dauer nicht so viel. Eine solche Krise auf dem US-Markt muss man einfach durchstehen. Man darf aber auch nicht vergessen, dass der Dieselmarkt in den USA für Volkswagen nicht wirklich wichtig ist. Auf dem US-Automarkt gibt es, glaube ich, rund drei Prozent Dieselanteil. Bei uns in Europa sind es gut 50 Prozent.
Die Erklärungen zu Winterkorns-Rücktritt
„Ich bin bestürzt über das, was in den vergangenen Tagen geschehen ist. Vor allem bin ich fassungslos, dass Verfehlungen dieser Tragweite im Volkswagen Konzern möglich waren.
Als Vorstandsvorsitzender übernehme ich die Verantwortung für die bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten bei Dieselmotoren und habe daher den Aufsichtsrat gebeten, mit mir eine Vereinbarung zur Beendigung meiner Funktion als Vorstandsvorsitzender des Volkswagen Konzerns zu treffen. Ich tue dies im Interesse des Unternehmens, obwohl ich mir keines Fehlverhaltens bewusst bin.
Volkswagen braucht einen Neuanfang – auch personell. Mit meinem Rücktritt mache ich den Weg dafür frei.
Mein Antrieb war es immer, dem Unternehmen, vor allem unseren Kunden und Mitarbeitern zu dienen. Volkswagen war, ist und bleibt mein Leben.
Der eingeschlagene Weg der Aufklärung und Transparenz muss weitergehen. Nur so kann wieder Vertrauen entstehen. Ich bin überzeugt, dass der Volkswagen Konzern und seine Mannschaft diese schwere Krise bewältigen werden."
Quelle: VW
Was muss VW also stattdessen in den USA machen?
Sie müssen dort eher Lobbyarbeit betreiben, sich außergerichtlich mit den ganzen Klägern einigen. Da herrscht eher das Prinzip „Augen zu und durch“, wogegen in Deutschland schon einiges zu erklären ist. Hier haben ja auch nahezu alle europäischen Länder gesagt, dass sie nochmal genau nachmessen wollen. Wichtig ist also eine zweigeteilte Kommunikation: In den USA Ruhe bewahren und Geld zahlen und in Deutschland relativ intensiv kommunizieren und Messverfahren ändern.
Was halten Sie beide von der Krisenkommunikation von Michael Horn, Chef von Volkswagen USA, der bei der Vorstellung des neuen Passats in New York sagte, dass das Unternehmen Mist gebaut hat? Ist diese humorige Art ein guter Weg?
Frank Roselieb: Das war ein recht spontanes Statement. Er hat im Englischen ja gesagt: „We totally screwed it up“. Eigentlich eine relativ flapsige Bemerkung nach dem Motto „Wir haben es total verbockt“ und das war eigentlich genau die richtige Botschaft. Es war souverän, aber mit einem gewissen Augenzwinkern, was in der Situation auch durchaus erlaubt ist.
Hans Mathias Kepplinger: Das ist indiskutabel. Entweder ist es ein ernster Fall, dann kann er keine Sprüche darüber machen, oder es ist kein ernster Fall, dann muss er die Vorwürfe zurückweisen oder relativieren. Dass er auch noch die Konzernzentrale unterlaufen hat, indem er vorprescht ist, ist ebenfalls völlig indiskutabel.