Krisenkommunikation Es wird Jahre dauern, bis VW zur Ruhe kommt

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Winterkorn will von den Manipulationen nichts gewusst haben

Sehen die Unternehmen denn bewusst weg oder sind sie tatsächlich blind? Winterkorn will von den Manipulationen ja nichts gewusst haben...

Hans Mathias Kepplinger: Meine Erklärung ist: zum Teil sehen sie es nicht; zum Teil will niemand der Beelzebub sein,  der an einer Sache rührt, die alle lieber vergessen würden.  Der jüngste Fall ist der Skandal um die Steuerhinterziehung von Hoeneß. Er wusste ja – oder konnte ahnen – dass das Steuerabkommen mit der Schweiz scheitern würde. Deshalb hätte er seine Selbstanzeige in großer Ruhe vorbereiten können. Auch er hat aber erst im letzten Moment unter größtem Zeitdruck gehandelt und folglich schwerwiegende Fehler gemacht.


Stimmen zum Abgas-Skandal bei VW

Sollte denn jedes Unternehmen den Ernstfall vorbereiten, auch wenn es keine offensichtlichen Leichen im Keller hat?

Man kann es im Detail nicht planen, aber wenn ich Unternehmen berate, dann lautet einer meiner Ratschläge:  man sollte im kleinen Kreis immer wieder ein Gedankenspiel spielen – das kann auch anonym geschehen – und prüfen, wo im Unternehmen ein skandalfähiges Versagen vorliegt. In einem großen Unternehmen muss man davon ausgehen, dass es skandalfähige Dinge gibt. Die Idee, dass das Leben immer regelgerecht verläuft, ist naiv. Und deshalb muss in einem geeigneten Umfeld in regelmäßigen Abständen geprüft werden, was eine solche skandalfähige Regelabweichung sein könnte.  

Der VW-Abgas-Skandal im Überblick

Wenn es zum Skandal kommt, was muss ein Unternehmen dann tun?

Erster Punkt: Der Vorstandsvorsitzende muss so schnell wie möglich an die Öffentlichkeit gehen. In Fällen, in denen das nicht geschehen ist, eskalierten Skandale. Ein Beispiel ist der Ortho-Nitroanisol-Unfall der bei der Hoechst AG 1993. Er hat sich auch deshalb zum Skandal entwickelt, weil der Vorstandsvorsitzende  medial nicht präsent war.

Zweiter Punkt: Der Vorstandsvorsitzende darf nichts sagen, was man gegen ihn oder das Unternehmen verwenden kann, wie etwa der Satz aus Winterkorns Videobotschaft, dass „Manipulation“ bei Volkswagen nie wieder vorkommen darf.

Drittens: Der Sprecher, also in dem Fall der Vorstandsvorsitzende, muss sich auf den Kern des Problems beziehen und darf keine allgemeinen Erklärungen über das Unternehmen abgeben. Das Problem muss schließlich  eingehegt und  nicht ausgeweitet werden.

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