Kritik an BMW Was Trumps Strafzölle für deutsche Autobauer bedeuten

Wer gehofft hatte, dass Donald Trump als Präsident von seiner Parole „America first“ abrückt, wurde eines Besseren belehrt. Was Trumps Attacke auf BMW wegen deren Mexiko-Plänen für die Branche bedeutet.

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Was bedeutet Trumps Protektionismus gegen deutsche Autobauer. Quelle: REUTERS

Das war deutlich: In einem Interview macht Donald Trump keinen Hehl daraus, wie sehr Amerika für ihn an erster Stelle kommen wird. Der erneute Rundumschlag traf dieses Mal auch ein deutsches Unternehmen, nämlich BMW. In einem langen Interview der „Bild“-Zeitung und der Londoner „Times“ umriss der künftige US-Präsident die Leitlinien seiner Wirtschaftspolitik. Dabei ging es wieder um ein zentrales Thema seines Wahlkampfs – den Import aus Mexiko. Bislang hat er sich an einheimischen Branchengrößen wie Ford und General Motors ausgelassen. Spätestens jetzt ist klar: Deutsche Autobauer hat er ebenfalls im Visier.

Was hat Trump konkret gesagt?

„Sie können Autos für die USA bauen, aber sie werden für jedes Auto, das in die USA kommt, 35 Prozent Steuern zahlen“, sagte Trump. „Was ich damit sage, ist, dass sie ihre Fabrik in den USA bauen müssen – es wird für sie viel besser sein und für unsere Bemühungen.“

Auf die Frage nach Plänen von BMW, 2019 eine Fabrik in Mexiko zu eröffnen, sagte Trump: „Sie sollen nicht ihre Zeit und ihr Geld verschwenden – es sei denn sie wollen in andere Länder exportieren. (...) Ich würde BMW sagen, wenn sie eine Fabrik in Mexiko bauen und Autos in die USA verkaufen wollen ohne eine 35-Prozent-Steuer, dann können sie das vergessen.“

Marktanteile der Autohersteller in den USA

Was ist neu an diesen Aussagen?

Neu ist, dass Trump ein deutsches Unternehmen direkt angegriffen hat. Dass der künftige US-Präsident sich auf die Fahnen geschrieben hat, Politik für die US-Industrie zu machen und Jobs ins Land zu holen, dürfte sich in der deutschen Autoindustrie spätestens seit den direkten Attacken auf General Motors oder Toyota herumgesprochen haben. Dabei hatte Trump – sowohl im Wahlkampf als auch nach der Wahl – immer wieder mit hohen Strafzöllen gedroht. Nach der Dauerkritik hatte Ford angekündigt, die Pläne für ein neues Werk in Mexiko zu streichen.

Warum hat Trump ausgerechnet BMW erwähnt?

Ganz einfach: Weil er von "Bild"-Herausgeber Kai Diekmann direkt danach gefragt wurde. Es hätte also auch andere deutsche Autobauer treffen können, die in Mexiko aktiv sind.

Wie reagiert BMW?

BMW zeigt sich unbeeindruckt von der Aufforderung Trumps, seine Fertigungspläne in Mexiko aufzugeben. „Das Werk in Mexiko produziert für den Weltmarkt BMW 3er und wird 2019 fertiggestellt sein“, sagte Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich der WirtschaftsWoche in einem Gespräch am Rande der Tech-Konferenz DLD.

In München dürfte Trump aber dennoch für Verwirrung gesorgt haben. Noch in der vergangenen Woche hatte BMW-Vertriebschef Ian Robertson gesagt, dass er keine besondere Unsicherheit bezüglich der Androhungen Trumps sehe. In Mexiko werde der 3er für den nordamerikanischen Markt gefertigt. Wo der Wagen letztendlich verkauft werde, werde sich zeigen, so der Manager.

Was sagen die Börsen?

Was reagiert hat, ist die BMW-Aktie: Aktuell liegt der Verlust bei 1,3 Prozent. Nach der erneuten Androhung von Strafzöllen haben auch die Papiere von Daimler und Volkswagen im frühen Handel bis zu 1,6 Prozent verloren.

Die US-Werke der deutschen Autokonzerne

Hat Trump auch andere deutsche Autobauer erwähnt?

Ja – und er hat ihnen unfaires Verhalten vorgeworfen. So stehe in manchen Straßen der USA vor jedem Haus ein Mercedes-Benz. Das beruhe aber nicht auf Gegenseitigkeit. „Wie viele Chevrolets sehen Sie in Deutschland? Nicht allzu viele, vielleicht gar keine, man sieht dort drüben gar nichts, es ist eine Einbahnstraße.“ Er sei zwar für Freihandel, aber nicht um jeden Preis: „Ich liebe den Freihandel, aber es muss ein kluger Handel sein, damit ich ihn fair nenne.“

Stimmt Trumps Vergleich mit Chevrolet?

Richtig ist, dass man in Deutschland immer weniger Chevrolets sieht: Im offiziellen Fahrzeugbestand listet das Kraftfahrtbundesamt noch 244.448 Chevrolets mit deutschem Kennzeichen – weniger als VW pro Jahr an neuen Golfs in Deutschland verkauft. In der Neuzulassungsstatistik des KBA taucht Chevy gar nicht mehr auf. Aus genau jenem Grund, aus dem auch Trumps Vergleich hinkt: 2013 hat General Motors freiwillig den Rückzug Chevrolets aus Europa angekündigt, um den Töchtern Opel und Vauxhall mehr Raum zu lassen. In den Jahren zuvor hatte Chevrolet mit einer Billig-Strategie und Opel-Technik den Rüsselsheimern Marktanteile streitig gemacht.

BMWs Pläne in den USA und Mexiko

Was würde ein solcher Einfuhrzoll bewirken?

Er würde die Produktion in Mexiko und den Import in die USA unwirtschaftlich machen. Das lässt sich auch an dem Aufwand abschätzen, den andere Unternehmen wegen geringeren Einführzöllen auf sich nehmen. Ein Beispiel ist die sogenannte „Chicken Tax“: Seit einem Handelskonflikt in den Sechzigerjahren – ausschlaggebend waren die namensgebenden Billighühnchen – galt in den USA ein Einfuhrzoll von 25 Prozent auf landwirtschaftliche Produkte. In vielen Bereichen wurde das inzwischen wieder aufgehoben, nur nicht im Automobilsektor, wo es leichte Nutzfahrzeuge und Transporter betrifft.

Da auf Autoteile aber nur ein Einfuhrzoll von 2,5 Prozent fällig wird, nimmt zum Beispiel Daimler derzeit noch die für den US-Markt gedachten Sprinter nach der Fertigung in Düsseldorf wieder auseinander, verschifft die Teile in die USA und setzt sie dort erneut zusammen. Auch wenn dieser aufwändige Prozess auf die Marge geht, ist er immer noch günstiger als der 25-prozentige Einfuhrzoll.

Wie ist BMW in den USA aufgestellt?

BMW betreibt ein großes Werk in Spartanburg, South Carolina. Dort sind nach Angaben von BMW direkt und indirekt 70.000 Menschen beschäftigt. Im vergangenen Jahr hat BMW dort 411.000 Autos gebaut. In Spartanburg laufen – mit Ausnahme des kompakten X1, der für Europa gedacht ist und in Leipzig gefertigt wird – sämtliche Fabrikate der X-Baureihen vom Band. 70 Prozent der Fahrzeuge gehen in den Export – also auch jeder X5, der über deutsche Straßen fährt, wurde in den USA gebaut. Damit gehöre BMW zu „den führenden Exporteuren“ der USA.

Derzeit erweitern die Münchner das Werk, damit dort künftig auch der X7 gefertigt werden kann – ein übergroßes SUV mit sieben Sitzen, das speziell für den US-Markt entwickelt wurde. Mit der Erweiterung löst Spartanburg das Stammwerk im bayerischen Dingolfing als größtes BMW-Werk der Welt ab.

Was für Pläne hat BMW in Mexiko?

Ab 2019 sollen in San Luis Potosí Exemplare der 3er-Serie gefertigt werden – für den gesamten Nafta-Raum. In den USA ist der 3er die absatzstärkste Baureihe der Münchner – bei einem Gesamtabsatz von 313.176 Fahrzeugen 2016 verkauften sie 70.458 Exemplare des 3er und 35.763 Fahrzeuge des technisch eng verwandten 4er. Für die beiden Baureihen sind das aber verhältnismäßig schlechte Zahlen, im Vergleich zu 2015 ist das rund ein Viertel weniger.

BMW gibt die jährliche Produktionskapazität mit bis zu 150.000 Einheiten an. In dem Werk, das etwa eine Milliarde Dollar gekostet haben soll, werden „mindestens“ 1500 neue Arbeitsplätze entstehen. Für den Standort San Luis Potosí waren laut einer BMW-Mitteilung zum Spatenstich im vergangenen Sommer Kriterien wie das solide Zulieferer-Netz, die qualifizierten Arbeitskräfte vor Ort sowie die technische und soziale Infrastruktur entscheidend. In San Luis Potosí hätte auch das neue Ford-Werk entstehen sollen, das der Konzern inzwischen auf Eis gelegt hat.

Wie es um den US-Automarkt steht

Wie sieht es bei den anderen deutschen Autobauern aus?

Laut der Schätzung des VDA haben die deutschen Konzerne im vergangenen Jahr 850.000 Autos in den USA gefertigt – knapp dreimal so viele wie noch 2010. Zudem sei mehr als die Hälfte davon zum Export bestimmt, unter anderem nach Asien und Europa.

Mercedes-Benz hat ein Auto-Werk in Tuscaloosa, Alabama, Volkswagen fertigt den US-Passat und bald das große SUV Atlas in seinem Werk in Chattanooga, Tennessee. Die VW-Tochter Audi hat kein Werk in den USA. Die Ingolstädter haben kürzlich ein Werk in Mexiko eröffnet, wo das SUV Q5 für den Weltmarkt gefertigt werden soll.

Produktionskapazitäten deutscher Autobauer in Nordamerika 2000-2025

Neben Audi und dem Angriffsziel BMW sind aber auch Daimler und Volkswagen in Mexiko aktiv: Die Stuttgarter bauen zusammen mit Nissan ein Werk für Kompaktwagen, das 2018 eröffnen soll. VW betriebt bereits seit Jahrzehnten ein Werk im mexikanischen Puebla, das für den nordamerikanischen Markt fertigt. In Puebla laufen unter anderem das wichtige US-Modell Jetta vom Band, aber auch preiswertere Modelle für den mexikanischen Markt.

Wie steht es um den US-Automarkt?

Vorläufig überraschend gut. Dank starker Verkaufszahlen im Dezember hat der US-Automarkt ein weiteres Jahr mit einem Absatzrekord geschafft. Hohe Nachfrage nach SUV und Pick-up-Trucks sorgte für einen überraschend starken Jahresabschluss. Laut Daten des Fachblatts „Automotive News“ wurden in den USA 2016 17,54 Millionen Neuwagen verkauft. Das entspricht einem Plus von 0,3 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert. Im Dezember schaffte die Branche ein Absatzplus von 3,0 Prozent auf 1,69 Millionen Fahrzeuge. Die Erwartungen der Analysten wurden damit übertroffen. Für 2017 sagen Experten jedoch schwächere Zahlen voraus – der von Billigsprit und niedrigen Zinsen befeuerte Boom könnte sich dem Ende neigen.

Ein gemischtes Bild ergibt sich in den USA bei den deutschen Autobauern. Volkswagen konnte im Dezember den zweiten Monat in Folge deutliche Zuwächse verbuchen, verlor aber im Gesamtjahr wegen des Diesel-Verkaufsstopps in der Summe 7,6 Prozent beim Absatz. Audi schaffte im Dezember ein Verkaufsplus von 13,7 Prozent und wurde auf Jahressicht rund vier Prozent mehr los. Porsche setzte im Gesamtjahr 4,9 Prozent mehr ab.

Weiter schwer tut sich hingegen BMW mit einem Minus von 5,4 Prozent im Dezember und 9,7 Prozent im Gesamtjahr (inklusive der Marke Mini). Auch Oberklasse-Konkurrent Daimler musste mit 4,8 Prozent weniger verkauften Mercedes-Benz-Fahrzeugen im Dezember Abstriche machen. Im Gesamtjahr gab es ein Mini-Plus von 0,1 Prozent.

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