Lamborghini Huracan im Test Sportbomber für den Alltag

Der neue Lamborghini Huracan ist ein Sportwagen der alten Schule. Ganz ohne Turbolader bietet er Leistung satt: 610 PS aus zehn Zylindern. Doch der Purismus und Leistungshunger stellte die Ingenieure vor Probleme, die sie nur noch mit erheblichem Aufwand lösen konnten.

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Foto des Lamborghini Huracán Quelle: Lamborghini

Giftgrün, knallgelb, leuchtend orange: Die Orgie aus schreienden Farben der siebziger Jahre  stehen dem flachen Sportwagen ganz prima. Dazu passt der aufdringlich laute Sound des Zehnzylinder-Motors.

Der Lamborghini Huracan ist nagelneu - aber dennoch eine vom Aussterben bedrohte Spezies. Sein Zehnzylinder-Motor mit 610 PS vertraut auf die schiere Kraft von 5,2 Liter  Hubraum. Es gibt keine Turbolader, keine Kompressoren oder ähnlich neumodisches Zeug. Markenzeichen aller Lamborghini ist ein sogenannter Saugmotor, der die Luft ansaugt und in die Zylinder presst ohne sie vorher in einem Turbolader vorzuverdichten. Der hat normalerweise den Vorteil, dass Turbomotoren einen besseren Wirkungsgrad, bessere Abgaswerte und moderatere Verbräuche haben. Doch Saugmotoren haben kein Turboloch, gelten als zuverlässiger, weil sie weniger Einzelteile haben und sind einfacher zu warten. Deswegen setzt die Sportwagenschmiede Lamborghini aus dem italienischen Sant’Agata Bolognese zwischen Bologna und Modena auf diese Triebwerke.

Wenn, ja wenn da nicht die lästige Abgasgesetzgebung wäre. Die macht den Saugmotoren das Leben immer schwerer. Nur noch mit allerlei Tricks erreichen sie aktuelle  Abgasnormen wie die EU 6, die für alle vom 1.

Technische Daten  Lamborghini Huracan LP 610-4

Motor

V10-Benziner

Hubraum (cm3)

5204

Leistung in PS (KW) bei U/min-1

610 (449) bei 8250

Höchstgeschwindigkeit (km/h)

325

Beschleunigung 0-100 km/h (sek.)

3,2

Getriebe

7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe

Antrieb

Allradantrieb

Treibstoffsorte

Super Plus

Verbrauch EU-Drittelmix (l/100 km)

12,5

Länge (mm)

4459

Breite (mm)

1924

Höhe (mm)

1165

Gewicht, Herstellerangabe (kg)

1422

Preis:                             

ab 201 700 Euro 

September 2015 zugelassenen Autos gilt. Natürlich erfüllt der Huracan bereits die strengere EU 6-Norm, aber das schafften die Ingenieure nur mit viel Aufwand. Sie kombinierten beispielsweise gleich zwei Systeme, die den Treibstoff in die zehn Zylinder einspritzen: Eine Direkteinspritzung und eine sogenannte Multipointeinspritzung mit mehreren Ventilen pro Zylinder. Normalerweise reicht Fahrzeugen ein Einspritzsystem völlig aus.

Doch wenn die nächste strengere Stufe der Abgasvorschriften in Europa oder anderswo kommen sollte oder Städte gar emissionsfreies Fahren in der Stadt fordern, ist die Existenz des klangvollen Konzerts aus zehn Zylindern extrem bedroht. Das weiß natürlich auch Lamborghini-Chef Stephan Winkelmann: „Wenn es soweit ist, werden wir entsprechend reagieren könnwen“. Da Mutter Audi in Ingoldstadt mehrere Optionen beispielsweise in Richtung mehr Elektrifizierung zur Verfügung hat, dürfte relativ schnell eine Lösung parat stehen – etwa in Form einer stärkeren Elektrifizierung. „Aber wir wollen in diesem Bereich keine Vorreiter sein“, verspricht Winkelmann allen Lamborghini-Fans, denen schon bei der Vorstellung von elektrifizierten Lambos der Gasfuß zuckt.    

Die Hälfte aller seit der Gründung des Unternehmens im Jahr 1963 verkauften Lamborghini waren Gallardo. Nach zehn Jahren ist  der Bestseller im vergangenen Jahr in Rente gegangen. Nun startet in diesem Jahr sein Nachfolger, der Huracan. Und der kann laut Lamborghini-Chef Stephan Winkelmann natürlich alles besser: „Der Huracan ist der beste Lamborghini aller Zeiten“, verspricht er. Das kann man getrost der üblichen PR-Lyrik zurechnen.

Der Huracan kann auch ganz entspannt

Foto des Lamborghini Huracán Quelle: Lamborghini

Genauso wie das Versprechen des Lamborghini-Chef-Designers Filippo Perini, der bei der Vorstellung des Wagens auf beeindruckende Weise mal eben ein paar Linien auf schlichtes weißes Papier zeichnete, die sich am Ende auf wundersame Weise zu einem Sportwagen zusammenfügten. Daraus leitete Perini ab, dass das Design des Huracan „pur“ und alles an der Form „der Funktion geschuldet sei“. Doch dazu passen beispielsweise die modischen Bügelfalten auf der Fronthaube kaum dazu. Aber was soll´s. Es sieht immer noch nach etwas Besonderem aus. 

Tatsache ist aber, dass der Huracan etwas gefälliger werden sollte. Nicht nur das Design, sondern auch die Technik.  Der Sportwagen erhielt beispielsweise zum ersten Mal ein Doppelkupplungsgetriebe von Mutter Audi, das wie gewohnt nahezu perfekt funktioniert und den Huracan in 3,2 Sekunden ruckfrei von Null auf 100 Kilometer pro Stunde beschleunigt. Im Vorgänger Gallardo war noch ein sequenzielles Getriebe verbaut, das bei jedem Gangwechsel kurz verzögerte.

„Das gesamte Jahr ist schon in trockenen Tüchern“

Nicht nur der Zehnzylindermotor, sondern auch das Doppelkupplungsgetriebe wiegen schwer. Weil die Konkurrenz wie Porsche GT3 oder der Ferrari 458 aber jeweils um die 1400 Kilogramm auf die Waage bringen, durfte auch der Lamborghini nicht wirklich schwerer werden. Leichtbau mit Aluminium und Carbon halfen, das Gewicht auf 1422 Kilogramm zu drücken.

Das sind aber nicht die einzigen Veränderungen mit der der italienische Sportwagen Huracan eine breitere Kundschaft ansprechen möchte: Es gibt zum Beispiel einen Fahrmodusschalter am Lenkrad, der sich in die Stufen „Sport“, „Corsa“ und „Strada“ einstellen lässt. In den ersten beiden Modi ist der Huracan der wilde Stier, laut, hart und ungestüm, gerne auch auf der Rennstrecke. Im Modus „Strada“ kann der Fahrer sich alltagstauglich, entspannt und sogar mit komfortablem Federweg auf der Königsallee in Düsseldorf oder auf dem Kurfürstendamm in Berlin bewegen.

Wie fährt er sich denn nun? So laut, so schnell, so faszinierend, dass der Autor sich auf der Rennstrecke in einer zu schnell genommenen Kurve blitzschnell um die eigene Achse drehte und danach erst Mal für drei Runden den Gasfuß zügelte.

Mehr als 2100 Exemplare des Vorgängers Gallardo verkaufte Lamborghini im vergangenen Jahr noch. Vom Huracan, der ab 201 700 Euro zu kaufen ist, sollen es nach der Vorstellung des Lamborghini-Chef Winkelmann gerne einige mehr werden. 

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