Mit deutschem Know-how Qoros - wie gut kann made in China sein?

Weil ihm der Ruhestand zu langweilig war, entschied sich der Ex-VW-Manager Steinwascher mit Ende 60 nochmals zu einem großen Abenteuer. Er will mit Qoros eine chinesische Automarke zum Erfolg führen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Ex-VW-Manager Volker Steinwascher (mitte) will mit Qoros eine chinesische Automarke zum Erfolg führen. Quelle: REUTERS

In der Vergangenheit wurden über chinesische Autos viel gelacht. Sie versagten gnadenlos beim europäischen Crashtest NCAP. An eine erfolgreiche Expansion nach Deutschland war für Marken aus dem Reich der Mitte nicht zu denken. Das soll sich - geht es nach dem Willen von Volker Steinwascher - ändern. Noch nicht heute, aber in einer nicht allzu fernen Zukunft. Der ehemalige VW-Manager tritt bescheiden auf. Vor den Journalisten, die sich auf dem CAR Symposium in der Congress Halle in Bochum versammelt haben, spricht er mit leiser Stimme. Steinwascher ist über 70. Er hätte sich in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden können. "Aber", scherzt er, "nachdem ich vier Wochen lang Golf gespielt hatte, habe ich mich entsetzlich gelangweilt."

Ist der Qoros ein Kracher oder ein Blindgänger?
Chinesische Autos haben in Deutschland einen lausigen Ruf. Kollabierende Karossen bei Crashtests von ADAC bis NCAP fuhren bislang alle Bemühungen chinesischer Autobauer, hierzulande Fuß zu fassen, im wahrsten Sinn des Wortes bereits im Ansatz vor die Wand. Der "Landwind" ging 2005 erst gar nicht in den Verkauf, der "Brilliance" überlebte ab 2008 kaum ein ganzes Jahr. Was bislang sonst von chinesischen Auto-Bändern rollt, kann allenfalls als dreiste Design-Kopie von sich reden machen. Nun wird ab 2014/15 Qoros den nächsten Versuch starten, die Autos aus dem Reich der Mitte in unseren Breiten zu etablieren ... Quelle: Presse
QorosDer chinesische Autohersteller stellt den Qoros 3 in seiner Fließheck-Variante vor. Neu sind hier die geänderte C-Säule, das verlängerte Dach und die neugestaltete Heckpartie. Auch die Frontseite des Modells weist Neuerungen auf: Nebelscheinwerfer und eine geänderte Stoßstange. Bereits bekannt ist der 1,6-Liter-Vierzylinder wahlweise mit oder ohne Turboaufladung. Quelle: Presse
Chef ist der Chinese Guo Qian (re.). Als Vizechef agiert Volker Steinwascher (mi.), bis 2005 Vice Chairman von VW in America. Das Design in München und Shanghai leitet Gert Volker Hildebrand (li.), der schon das Design für den Mini verantwortete. Damit ist der Anspruch der neuen Marke klar: Man will mit einem sehr eigenständigen Design eine anspruchsvolle Kundschaft erreichen, die großen Wert auf Sicherheit, Komfort und modernste Technik legt. Quelle: Presse
Mit Volker Steinwascher haben die Chinesen eine weise Personalentscheidung getroffen. Der Ex-Manager von VW muss als Unruheständler niemandem mehr etwas beweisen und kann mit sportlichem Elan das Projekt zum Erfolg führen. Seine Devise für die technische Ausrichtung der neuen Marke könnte unter der Überschrift stehen: "Keine Antworten auf Fragen suchen, die niemand gestellt hat." Also kein Overengineering betreiben, wie das deutsche Marken gerne zelebrieren. Dass preiswerte, sichere, zeitlos gezeichnete und sauber gefertigte Autos immer noch ein gültiges Erfolgsmodell im Autobau sind, beweist zum Beispiel Skoda mit seiner beeindruckenden Entwicklung. Bei den Tschechen funktioniert die Autowelt ohne Schickimicki, Firlefanz und dem immer wieder beschworenen "Premium-Charakter". Quelle: Presse
Qoros aus China plant, alle sechs Monate ein neues Modell folgen zu lassen und arbeitet mit anerkannten Spezialisten wie Magna Steyr, Bosch, Continental und TRW zusammen. Um den neuen Limousinen, Kombis und SUV der Mittelklasse Formen zu verleihen, die auch in Europa gegen den starken Wettbewerb bestehen können, wurde Gert Hildebrand engagiert. Der 59-jährige Designer war nicht zuletzt für die Formsprache von Mini verantwortlich. Die neuen Modelle von Qoros sollen mit "German Sophisticated Design" überzeugen. Dafür arbeiten drei Teams in München, Graz und Shanghai mit insgesamt 75 Spezialisten bereits unter Hochdruck. Quelle: Presse
Die Scheinwerfer mit LED-Tagfahrlicht reichen weit in die Seite hinein, unterstreichen so ebenfalls die Breite, aber auch den langen Radstand und die kurzen Überhänge. Quelle: Presse
Die Bedienung von Fahrzeug und Infotainment soll nach Apple- und Smartphone-Art über ein Acht-Zoll-Touchscreen gesteuert werden. Das System verbindet den ersten Qoros mit dem Internet. Es können zum Beispiel Servicetermine verabredet, im Falle eines Unfalls ein automatischer Notruf abgesetzt und eine Point-of-Interest-Suche ausgelöst werden. Die Verkehrsinformation erfolgt in Echtzeit. Dieses Paket soll bei allen weiteren Modellen als Standard eingesetzt werden. Quelle: Presse

Und so stürzte er sich in das wohl größte Abenteuer, das man als deutscher Automobil-Manager wagen kann. Er wurde Chef des chinesisch-israelischen Jointventures Qoros. Ziel: Eine chinesische Automarke, die mit europäischen Modellen mithalten kann. Der Name soll für Q wie Qualität und das chinesische Wort für "im Chor singen, eine Einheit bilden" stehen.

Die Mittel, die Steinwascher für die Herkulesaufgabe zur Verfügung stehen, sind eher bescheiden. 2,57 Milliarden US-Dollar. "Für alles", wie Steinwascher sagt. Aufbau der Organisation, Bau der Werke, Marketing und Vertrieb. Wann und ob sich Qoros eines Tages ohne die Zuschüsse der Shareholder, dem chinesischen Autobauer Chery und dem Industriekonglomerat Israel Corporation, lässt er bewusst offen. Eins nach dem anderen ist Steinwaschers Devise.

Größte ausländische Autohersteller in China

Den ersten Erfolg hat die aktuell 2200 Mann starke Qoros-Truppe bereits in der Tasche. Der Qoros Q3 holte beim europäischen Crashtest 5 Sterne. Seither beobachten auch die europäischen Automobilhersteller, was Steinwascher aus dem Boden stampft.

Der Großangriff auf den europäischen oder gar deutschen Markt ist für den Qoros-Chef noch kein Thema. In der Slowakei hat im November der erste und einzige Qoros-Händler auf nicht-asiatischem Bodens eröffnet. Das soll es vorerst gewesen sein: "Ich will meine Leute nicht in den Wahnsinn treiben", sagt Steinwascher, "wir müssen erstmal den chinesischen Markt bedienen. Und der ist groß". Ziemlich groß sogar. Mit derzeit 16.3 Millionen Neuwagen ist China der größte Automarkt weltweit. Bis 2025 - so die Prognose des CAR Center of Automotive Research der Uni Duisburg-Essen - sollen es 35 Millionen sein. China wird dann 30 Prozent des gesamten Welt-Neuwagen-Markts ausmachen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%