Mittelstand und Großkonzerne Wo deutsche Autozulieferer nachsitzen müssen

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Die Margen der Autozulieferer werden sinken

Eigentlich hatten sich die deutschen Autohersteller auf einen Massenmarkt mit E-Autos erst gegen Ende des nächsten Jahrzehnts eingestellt. Dies wird von immer mehr Experten nun deutlich früher erwartet.

Der Druck wird auch an einer anderen Stelle größer: der Ertragslage. „Wir erwarten für die Automobilzulieferindustrie im Jahr 2017 einen erneuten Rekordumsatz in Deutschland in Höhe von 78,9 Milliarden Euro“, sagt der Commerzbank-Experte. „Aufgrund hoher Investitionskosten und eines verstärkten Wettbewerbs gehen wir ab 2018 von einer gedämpften Ertragslage aus.“

Und auch davon werden nicht alle Unternehmen gleich stark betroffen sein. Die 25 größten der 624 Unternehmen, die 2016 in der Branche aktiv waren, erwirtschaften 50,2 Prozent des Gesamtumsatzes der Branche – obwohl sie nur 4,0 Prozent der registrierten Firmen ausmachen. Auch die Gewinne geraten unter Druck: Allgemein geht die Commerzbank davon aus, dass die Ebit-Margen von derzeit 4,1 Prozent auf durchschnittlich 3,4 Prozent sinken werden.

Unternehmenskonzentration in der Zuliefererindustrie

Die Investitionskosten ergeben sich zum einen aus dem Aufwand für Forschung und Entwicklung – jeder der Megatrends für sich ist kostspielig. Daneben sind auch hohe Investitionen in die Produktion selbst notwendig. Teils wegen vernetzten Industrie-4.0-Anwendungen, teils wegen der Standorte. Die Autobauer fertigen stärker als das gesamte verarbeitende Gewerbe in den Absatzmärkten selbst – ein Trend, der in den vergangenen Jahren sogar noch zugenommen hat.

Für einige Zulieferer ist das eine Herausforderung. „Die großen Zulieferer haben mit dem Trend zu einer lokalen Produktion kein Problem, weil sie in den meisten Märkten ohnehin bereits vertreten sind“, sagt Studienautor Perlewitz. „Für einige Mittelständler ist eine solche Investition eine große Zukunftsfrage.“

So wichtig ist die Autoindustrie für Deutschland

Ein mögliches Szenario: Ein Autobauer eröffnet ein neues Werk, zum Beispiel in Russland. Der Autobauer würde gerne auch dort mit seinen etablierten Lieferanten zusammenarbeiten. Doch nur für einen Kunden ein Produkt zu fertigen, ist vielen Mittelständlern kaufmännisch zu riskant. „Oft ist aber die Anfrage eines Autobauers, für ihn in einem Markt zu produzieren, der Anlass um dort eine Produktion für mehrere Kunden aufzubauen“, sagt Perlewitz.

Verstärkt wird dieser Trend von den modernen Baukasten-Strategien. Bauteile werden nicht mehr nur in einem Modell oder den Modellen einer Plattform eingebaut, sondern werden in ganz unterschiedlichen Fahrzeugen eines Konzerns eingesetzt. „Wenn sie eine Chance haben wollen, mit Branchengrößen wie VW oder Daimler im Geschäft zu bleiben, müssen sie global liefern können“, so der Commerzbank-Experte. „Und auf drei Kontinenten für einen Baukasten Teile zu liefern, klappt nur mit lokaler Produktion.“

Da die Teile dann millionenfach verwendet werden, sei das gute Qualitätsmanagement der deutschen Unternehmen ein Wettbewerbsvorteil gegenüber der ausländischen Konkurrenz. Allgemein gibt sich Perlewitz wenig besorgt, da die Unternehmen seit der Krise ihre Hausaufgaben gemacht hätten und nun aus einer Position der Stärke den Wandel anstoßen können.

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