Moia-Chef Ole Harms Was VW mit Moia vorhat

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„Es gibt kein 'One size fits all'“

Zurzeit beschränken sich die Mobilitätsdienstleistungen deutscher Autobauer vor allem auf das Carsharing. Die Free-Float-Konzepte funktionieren nur in wenigen Großstädten. In wie vielen deutschen Städten wollen Sie aktiv werden?
Mobilitätsangebote müssen immer für jede Stadt individuell entwickelt werden. Da gibt es kein „One size fits all“. Bei unseren On-demand-Angeboten geht es in erster Linie weniger um die Größe der Stadt, sondern um Kenngrößen wie die Bevölkerungsdichte, Mobilitätsströme und den Bedarf. Also um Fragen, wie kompakt sind die Zentren in einer Stadt? Wo wollen beispielsweise Pendler hin oder Menschen, die abends ausgehen?

Das klingt so, als ob es nur in wenigen Ballungszentren funktionieren kann.
Nicht unbedingt. Nachfrage entsteht aus den unterschiedlichsten Nutzungsfällen. Wenn wir feststellen, dass es in einer Stadt genügend Nachfrage für das Angebot gibt, lohnt es sich. Es ist ein Charakteristikum der Internet-Angebote, dass der Kunde „instant access“ will. Also muss das Shuttle in wenigen Minuten da sein. Das funktioniert aber nur, wenn es auch genügend Möglichkeiten gibt, andere Fahrgäste mitzunehmen. Pauschal kleine Städte auszuschließen, wäre aber falsch. Es hat nicht nur mit der Größe zu tun. In Deutschland gibt es sicher eine Menge Städte, in denen es funktionieren wird.

Warum nutzen Sie Carsharing?

Eine wichtige Eigenheit von Internetdiensten wie Netflix oder Spotify ist, dass die Kunden eine niedrige Zahlungsbereitschaft haben – am ehesten noch in einem günstigen Abo. Wie verdient man damit Geld?
Am Ende ist die Profitabilität, auf die Sie anspielen, eine Resultante aus der Auslastung. Was wir mit unseren Services erreichen wollen, ist Mobilität in Städten zu demokratisieren, also mehr Leuten Mobilität verfügbar machen. Und das geht über den Preis. Wenn es nichts kosten würde, würde die ganze Welt Taxi fahren. Die individuelle Fahrt von Haustür zu Haustür ist natürlich sehr bequem, aber das kann sich nicht jeder leisten. Deshalb wollen wir Angebote schaffen, die zwischen dem Taxi oder dem eigenen Auto und dem ÖPNV liegen – die Preise sollen aber näher am öffentlichen Nahverkehr sein. Um dann damit profitabel zu sein, brauchen wir die richtigen Algorithmen, um die notwendige Auslastung in den Fahrzeugen zu erreichen.

Wie lange gibt VW-Chef Matthias Müller Ihnen Zeit, bis Sie schwarze Zahlen schreiben müssen?
Wir wollen ein profitables Geschäftsfeld schaffen. Volkswagen hat ein langfristiges Bekenntnis zu Moia gegeben, deshalb liegt der Fokus nicht darauf, kurzfristig Geld verdienen zu müssen. Zu Beginn sind unsere KPI ganz andere, etwa Reichweite, Nutzerzahlen, Kundenzufriedenheit. Wir stehen vor großen Anfangsinvestitionen, das soll aber natürlich in einem funktionierenden Geschäftsmodell aufgehen. Eine Jahreszahl kann ich aber hier jetzt nicht nennen.

Sie sitzen nicht in Wolfsburg, sondern Berlin. Kann Berlin mit seiner viel gelobten Start-up-Szene Vorreiter für ganz Deutschland sein oder ist und bleibt es eine eigene Welt?
Wir sind nach Berlin gegangen, weil wir die urbane Mobilität verändern wollen. Berlin soll bis 2025 auf vier Millionen Einwohner wachsen, das war eigentlich für 2035 vorhergesagt. Man sieht dort täglich den Wandel und den Drang der Menschen in die Stadt. Das sollen auch unsere Mitarbeiter spüren, die unterschiedlichen Mobilitätsangebote nutzen und so Tag für Tag Erfahrungen sammeln. Der zweite Punkt: Berlin ist eine der wenigen richtig internationalen Großstädte in Europa. Wir haben den Anspruch, ein internationales Team aufzubauen – viele Mitarbeiter haben einen internationalen Hintergrund. Und die wollen auch in einer internationalen Stadt leben. Das ist der entscheidende Punkt für uns, nicht unbedingt die Start-up-Szene. Die entwickeln sich auch in Hamburg oder München.

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