Eine mächtige Villa mit eigenem Park, ein Weinkeller mit mehr als 600 erlesenen Positionen und dann dieser Name: Es gab keinen besseren Rahmen als die Villa Hammerschmiede im badischen Pfinztal. Porsche-Chef Wendelin Wiedeking – Lebensmotto: „no risk, no fun“ – war schon früher Gast in dem noblen Hotel, dessen Gebäude jahrzehntelang der Industriellendynastie Krupp gehörte.
Am 21. und 22. Februar 2008 rückte eine Gesellschaft an, um an einem wahren Hammer zu schmieden: dem riskanten Plan von „Paris“ (Porsche), mindestens drei Viertel von „Venedig“ (Volkswagen) zu schlucken. Als „Pfinztal-Runde“ sollte das Treffen später Eingang in die Akten der Staatsanwaltschaft Stuttgart finden.
Früh war den Beteiligten klar, was bei diesem Projekt auf dem Spiel steht. Man drehe das „größte Rad der Firmengeschichte“ und ein „bedeutendes in der deutschen Industriegeschichte“, so steht es in den Notizen eines Porsche-Beraters, die der Staatsanwaltschaft Stuttgart in die Hände fielen.
An diesen beiden milden Februartagen nun zerbrechen sich die Mitglieder der Pfinztal-Runde über einen Punkt besonders die Köpfe: Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, sein Finanzchef Holger Härter und die Anwälte der Großkanzlei Freshfields wollen an die Kasse von VW heran. Aber wie?
Selbst wenn Porsche seinen Anteil an VW von seinerzeit 30 auf 51 Prozent der Stammaktien aufgestockt hätte, würde Porsche nur Dividenden kassieren können. Für einen Gewinnabführungsvertrag, mit dem das anteilige VW-Jahresergebnis nach Stuttgart geleitet werden kann, bräuchte Porsche 75 Prozent und eine Änderung des VW-Gesetzes, laut dem das Land Niedersachsen (20 Prozent der Stammaktien) diese Gewinnabführung verhindern konnte.
Keine zwei Wochen später, am 3. März 2008, beschließt der Aufsichtsrat von Porsche, dass der Vorstand die Beteiligung an VW auch auf über 50 Prozent ausbauen darf – und zwar ohne Beschränkung nach oben. Finanzvorstand Härter spricht in der Aufsichtsratssitzung davon, dass „am Ende des Übernahmeprozesses die faktische Integration von VW“ stehe.
Als ein Aufsichtsrat aus der Familie Porsche/Piëch fragt, ob die Beteiligungserhöhung auch eine Übernahme von 100 Prozent einschließe, bejaht der Porsche-Vorstand das – schränkt aber ein, dass „in der heutigen Sitzung nur über eine Erhöhung auf 50,1 Prozent bis 74,9 Prozent abgestimmt“ werde. Doch diese Beschränkung auf 74,9 Prozent findet später im Aufsichtsratsbeschluss keinen Niederschlag.
Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart leitet aus den Erkenntnissen über die Pfinztal-Runde und jener Aufsichtsratssitzung vom 3. März den Verdacht ab, „dass die Absicht der Übernahme und des entsprechenden Beteiligungsaufbaus auf über 75 Prozent bereits zu diesem Zeitpunkt konkret gefasst war“.
In ihrer Entscheidung vom 18. August dieses Jahres argwöhnen die Richter, Porsche habe den Beschluss, über 75 Prozent zu gehen, möglicherweise „lediglich der Kommunikationsstrategie wegen“ nicht ins Protokoll geschrieben – um die Übernahmeabsicht öffentlich weiter dementieren zu können. Öffentlich gab Porsche erst im Oktober 2008 bekannt, 75 Prozent an VW zu wollen.
Prozess erzwungen
Noch im April 2014 sah es das Landgericht Stuttgart als unwahrscheinlich an, dass Härter und Wiedeking gelogen und so den Aktienkurs von VW manipuliert hätten. Doch nun zwingt das OLG Stuttgart das Landgericht, die Anklage gegen Wiedeking und Härter wegen Verdachts aus Marktmanipulation zuzulassen.
Der Prozess wird voraussichtlich im Frühjahr beginnen. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart forciert jetzt auch ihre Ermittlungen gegen die Porsche-Aufsichtsräte, unter ihnen die Vertreter der Eignerfamilien, Ferdinand Piëch und Wolfgang Porsche, wegen möglicher Beihilfe. Sie prüft nun sogar, ob es noch zu weiteren Straftaten gekommen ist.
Dass nach mehr als sechs Jahren noch mal Schwung in die Sache kommt, liegt an neuen Dokumenten, Gutachten und Aussagen. So hat eine Mitarbeiterin des Landeskriminalamts in Stuttgart im Kreditbetrugsprozess gegen Finanzvorstand Härter erklärt, dass Porsche zusammen mit der Salzburger Porsche GmbH, die den Familien Porsche und Piëch gehört, bereits im September 2008 über VW-Aktien und -Optionen im Umfang von 76 Prozent verfügt habe.
Mit dem Rückenwind aus den Ermittlungen rechnen sich Hedgefonds, die Porsche auf 1,8 Milliarden Euro Schadensersatz verklagen, bessere Erfolgschancen aus. Sie meinen, dass Porsche Investoren im Oktober 2008 belogen habe. Die Klage wird ab Dienstag, 14. Oktober, vor dem Landgericht in Hannover verhandelt. Bislang hatten alle Zivilkläger ihre Prozesse sämtlich verloren. Doch das Blatt könnte sich nun wenden.
Ein Blick zurück: 2008 waren bereits früh Gerüchte aufgekommen, dass Porsche eine Dreiviertelmehrheit bei VW anstrebe. Doch Wiedeking dementierte fleißig, mindestens fünfmal. Erst am 26. Oktober 2008 meldete er, dass man bei VW 2009 auf 75 Prozent gehen wolle, „um damit den Weg für einen Beherrschungsvertrag frei zu machen“. Weit entfernt schien das Ziel nicht: Porsche besitze 42,6 Prozent der VW-Stammaktien und 31,5 Prozent Optionen auf VW, „was in der Summe einen Betrag von 74,1 Prozent ergibt“.
Mit der Mitteilung stoppte der Porsche-Vorstand den für das Unternehmen als Inhaberin von VW-Optionen extrem gefährlichen Kursverfall der VW-Aktie. In diesem Finanzkrisen-Oktober 2008, kurz zuvor war Lehman pleitegegangen, hatte sich der VW-Kurs binnen einer Woche von 400 auf 210 Euro fast halbiert. Jetzt aber erkannten Hedgefonds, die mit Aktien zockten, die sie sich nur geliehen hatten und zurückgeben mussten, dass VW-Aktien extrem knapp würden – und kauften in Panik. Deshalb schoss der VW-Kurs zeitweise auf über 1000 Euro (siehe Chart Seite 88).
Mit der Pressemitteilung ließ Porsche nach monatelangen Dementis die Katze aus dem Sack und löste so die heftigste Kursexplosion der deutschen Börsengeschichte aus. Aber nicht nur das OLG hat erhebliche Zweifel, dass der darin verkündete Beschluss, über 75 Prozent zu gehen, wirklich erst am 26. Oktober fiel.
Im Sommer über 75 Prozent?
Die Mitarbeiterin des Landeskriminalamts in Stuttgart sagte im Frühjahr 2013 bei jenem Prozess gegen Finanzvorstand Härter aus, bei dem es um Kreditbetrug zulasten der BNP Paribas ging, Porsche habe am 16. September 2008 gemeinsam mit der Salzburger Porsche GmbH direkt mehr als 35 Prozent der VW-Stammaktien und über Optionen noch einmal mehr als 40 Prozent gehalten.
Diese Position habe sich seit Juli 2008 kaum noch verändert. Die Porsche Automobil Holding SE, die heute 50,73 Prozent der VW-Stammaktien und 32,2 Prozent des Eigenkapitals hält, will dies auf Nachfrage der WirtschaftsWoche nicht kommentieren.
Neue Fragen nach der Rolle von Ferdinand Piëch
Die Vorgänge werden Fragen nach der Rolle von VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch auf, dem Oberhaupt der zweiten Porsche-Familie.
- Porsche-Vorstände und -Aufsichtsräte hätten demnach gewusst, dass sie nicht nur über Optionen verfügten, die ihnen Anspruch auf Geld verbrieften, sondern im Ergebnis auch Zugriff auf die VW-Aktien hatten, die sich die Banken ins Depot gelegt hatten, um die Optionsgeschäfte mit Porsche abzusichern. Porsche hat stets bestritten, dass man auf die Aktien Zugriff hatte. Die Optionen „vermittelten keinen Anspruch auf Lieferung physischer Aktien“, heißt es in einer Stellungnahme gegenüber der WirtschaftsWoche. Wie dies zur Aussage von Wolfgang Porsche passt, der explizit von einem Zugriff auf die Aktien spricht, wollte die Porsche SE nicht erklären.
- Hinzu kommt: Wenn das Porsche-Spitzenpersonal wusste, dass es Zugriff auf so viele Aktien hatte, musste es zwangsläufig auch gewusst haben, dass am 26. Oktober 2008 nur noch wenige Aktien am Markt verfügbar waren und die Pressemitteilung ein Rattenrennen unter den Hedgefonds auslösen konnte. Die hatten auf einen sinkenden Aktienkurs spekuliert, indem sie geliehene Aktien verkauften. Irgendwann wollten sie diese billiger zurückkaufen und an den Verleiher zurückliefern. Doch jetzt wurden die Stammaktien knapp. Um ihre Leihgaben zurückgeben zu können, kauften sie praktisch jede verfügbare Stammaktie auf – die Hedgefonds verloren Milliarden. Porsche sagt dazu, dass die Pressemitteilung nicht schuld am Kursverlauf gewesen sei. Es seien genug Aktien verfügbar und Panikkäufe nicht nötig gewesen. „Das zeigt sich auch daran, dass alle Leerverkäufer ihre Positionen schließen konnten.“
- Wenn die Aussage von Wolfgang Porsche richtig sein sollte, dann wäre auch Ferdinand Piëch, der damals sowohl bei Porsche als auch bei VW im Aufsichtsrat saß und von nichts gewusst haben will, im Bild über die Geschäfte gewesen. Dann wäre er verpflichtet gewesen, „den VW-Aufsichtsrat hierüber zu informieren“, sagt Thomas Möllers, Jura-Professor an der Universität Augsburg. „Der Umstand, dass ein Aktionär Zugriff auf mehr als 70 Prozent der Aktien hat, kann einen Anleger in seiner Entscheidung für oder gegen eine Aktie wesentlich beeinflussen“, sagt er. „Die Information wäre damit veröffentlichungspflichtig gewesen.“ Piëch gab hierzu keine Stellungnahme ab.
Wer wann wie viel gewusst hat, vor allem aber, ob die Porsche-Spitze den Aktienmarkt durch Falschmitteilungen manipuliert hat – das beschäftigt Hans Richter seit fünf Jahren. Früh um sieben sitzt der Oberstaatsanwalt am Schreibtisch in einem Hinterhofbau des Stuttgarter Justizgebäudes, und dann interessiert ihn nur noch ein Fall: Porsche. Seine Pensionierung hat er verschoben, um die Ermittlungen noch zu Ende zu bringen. Er ließ durchsuchen, befragte Zeugen, wertete Festplatten aus – bis er sich nach vier Jahren sicher war: Die Herren haben manipuliert.
Jetzt wird neu ermittelt
Und dann die Demütigung: Ende April 2014 hielt das Landgericht Stuttgart seine Belege nicht mal für gut genug, um überhaupt einen Prozess zu eröffnen. Richter, der nach einer Fußverletzung auf Krücken durchs Büro schlich, schien keine Lust mehr auf seinen Job zu haben. Die Akte Porsche drohte geschlossen zu werden.
Das war Mitte August.
Inzwischen geht Richter wieder aufrecht durch die Gänge des Justizgebäudes. Die Krücken sind verschwunden, er strahlt Optimismus aus, einer der hartnäckigsten Staatsanwälte der Republik ist wieder obenauf. Den Stimmungswandel verursacht hat der besagte Beschluss des OLG Stuttgart vom 18. August. Es hält Richters Beweise immerhin für so gut, dass es das Landgericht nun zwingt, über die Anklage gegen Wiedeking und Härter zu verhandeln. Jetzt hat Richter sogar Lust, die Ermittlungen noch auszuweiten.
Am 2. September setzte Richter seine Unterschrift unter eine Verfügung, die für Wiedeking und Härter noch Folgen haben könnte: Die Staatsanwaltschaft leitet ein neues Ermittlungsverfahren zur Pressemitteilung ein. Sie prüft, ob Wiedeking und Härter die Optionsstrategie vorsätzlich unvollständig und damit irreführend dargestellt haben.
In der Pressemitteilung ist nur von Kaufoptionen (Calls) die Rede. Tatsächlich aber hatte Porsche auch Millionen von Verkaufsoptionen (Puts) begeben. Die Vermutung: Wenn Marktteilnehmer von denen gewusst hätten, hätten sie die Porsche-Strategie erkennen können und ihre eigenen Positionen nicht panisch aufgelöst. Die Porsche SE argumentiert, das Unternehmen sei nicht verpflichtet gewesen die Put-Optionen zu veröffentlichen.
Fest steht: Nach dem Kursverfall in den Tagen vor dem 26. Oktober wackelte der auf acht Optionsstrategien aufgebaute Übernahmeplan. Härter und Wiedeking gerieten gleich mehrfach unter Druck.
- Wäre der VW-Kurs im Oktober 2008 von 210 auf 75 Euro gefallen, so wie es nach Auflösung aller Optionsgeschäfte Anfang 2010 passierte, hätte Porsche aus 60,9 Millionen Optionen 1,8 bis 3,7 Milliarden Euro verloren.
- Hinzu kamen Risiken aus den rund 90 Millionen mit Kaufoptionen kombinierten Puts, die Porsche bei einem VW-Kurs von unter 120 Euro zu Ausgleichszahlungen an die kanadische Maple Bank verpflichtet hätten. Bei einem VW-Kurs von 75 Euro hätte der Betrag in die Milliarden gehen können. Die Porsche SE sagt dazu, es sei keine Kursentwicklung zu erwarten gewesen, „die für Porsche hätte gefährlich werden können“.
- Porsche hatte zu den stimmberechtigten Stammaktien auch VW-Vorzugsaktien gekauft. Deren Kursrutsch hatte Porsche im Oktober bereits mehr als eine Milliarde Euro Verlust gebracht. Die Porsche SE gibt hierzu keine Stellungnahme ab.
Laut Staatsanwaltschaft hätten sich aus den von Porsche bis Oktober 2008 erworbenen Optionen „im Falle eines Kursverfalls der Volkswagen-Aktie zu diesem Zeitpunkt Zahlungsverpflichtungen in einer Größenordnung ergeben, die die liquiden Mittel Porsches um ein Vielfaches überstiegen“.
Die Porsche SE bestreitet das, lässt allerdings die Frage offen, welche Belastungen das Unternehmen hätte verkraften können. Fraglich ist auch, ob Porsche im Herbst 2008 finanziell in der Lage war, VW-Aktien zu kaufen. Härter selbst sagte in dem gegen ihn gerichteten Kreditbetrugsprozess, dass 19 Milliarden Euro, die er für die Finanzierung der 75 Prozent benötigt hätte, nicht zu bekommen waren. „Viele Banker haben mir gesagt: Herr Härter, stellen Sie die Kreditgespräche zurück. Das macht im Moment keinen Sinn.“
Vorwurf der Marktmanipulation
Beteiligte Banker berichten, dass Kredite zu dem Zeitpunkt ausgeschlossen waren und sie dies dem Porsche-Finanzvorstand auch mitgeteilt hätten. Härter gab hierzu gegenüber der WirtschaftsWoche keine Stellungnahme ab. Vonseiten der Porsche SE heißt es: Härter und Wiedeking seien im Oktober 2008 zuversichtlich gewesen, den Kauf weiterer VW-Aktien finanzieren zu können.
Die bereits erworbenen VW-Aktien seien lastenfrei gewesen und hätten als Sicherheit für weitere Kredite verwendet werden können, genauso wie das operative Geschäft von Porsche. „Die in der Pressemitteilung angekündigte Zielsetzung betraf zudem das Jahr 2009 und stand unter dem ausdrücklichen Vorbehalt dann stimmender wirtschaftlicher Rahmenbedingungen“, so die Porsche SE.
Neben dem bereits angeklagten Vorwurf, das Verschleiern der Übernahmeabsicht stelle eine Marktmanipulation dar, könnte auch eine bewusst irreführende Pressemitteilung für sich noch eine weitere Marktmanipulation darstellen – und in einer Nachtrags-Anklage münden. Gegen weitere Mitarbeiter und den Aufsichtsrat mit Piëch und Wolfgang Porsche wird die Staatsanwaltschaft in dieser Sache allerdings nicht ermitteln, Vorwürfe gegen sie seien bereits verjährt.
Neue Investorenklage
Hauptbeschuldigte im Strafverfahren wegen Verschleierung der Übernahmeabsicht bleiben Wiedeking und Härter. Richter forciert aber auch die Ermittlungen gegen Piëch und Wolfgang Porsche sowie alle weiteren damaligen Porsche-Aufsichtsräte wegen Beihilfe. Ende Oktober läuft die Frist der Verteidiger für ihre Stellungnahmen ab, bis Jahresende will Richter dann über eine Anklage entscheiden.
An der Börse haben einige noch eine Rechnung mit der früheren Porsche-Spitze offen. „Finanzvorstand Härter hat gesagt, dass er VW nicht übernehmen will, aber gleichzeitig das Gegenteil gemacht“, beklagt ein Top-Manager einer deutschen Fondsgesellschaft. Als der VW-Kurs explodierte, machte die Aktie zeitweise ein Viertel der Dax-Kapitalisierung aus.
Weil sie wegen strenger Anlagegesetze gar nicht so viel VW kaufen durften, hinkten Fonds dem Dax hinterher. Indexfonds wiederum, die den Dax nachbilden, mussten auch dessen Verzerrung abbilden und waren deshalb gezwungen, Aktien auch zu extremen Preisen nachzukaufen. So wurden auch ganz normale Anleger geschädigt. Erst am 3. November 2008 deckelte die Deutsche Börse das VW-Gewicht im Dax auf zehn Prozent.
Am meisten bluten mussten US-Hedgefonds. Einer ihrer Anwälte spricht jetzt von einem „der größten Raubzüge aller Zeiten“. Porsche habe den VW-Kurs mithilfe der Mitteilung vom 26. Oktober nach oben manipuliert und in einer Art Kartell den Kurs gemacht und die Hedgefonds in die Ecke gedrängt. Die Porsche SE bestreitet das.
Die Entscheidung des OLG, dass Härter und Wiedeking vor Gericht müssen, könnte strafrechtlich ein Wendepunkt sein. Einer Schadensersatzklage von Hedgefonds, über die am Dienstag der kommenden Woche vor dem Landgericht Hannover verhandelt wird, könnte sie Auftrieb geben. Die Fonds, unter ihnen die Branchengrößen Elliott und Perry Capital aus New York, fordern von Porsche und von Ferdinand Piëch sowie Wolfgang Porsche insgesamt 1,8 Milliarden Euro Schadensersatz.
Die Elliott-Anwälte von der Frankfurter Kanzlei Broich wollen einen Fehler der vorherigen Kläger, die alle gescheitert waren, vermeiden. Die Elliott-Zivilklage beim Landgericht Hannover konzentriert sich auf die Pressemitteilung vom 26. Oktober, denn an den beiden Folgetagen haben alle Hedgefonds aufgrund der Porsche-Mitteilung VW-Aktien gekauft. Vorherige Kläger hatten ihr Schadensersatzbegehren dagegen darauf gestützt, dass Porsche Anleger über viele Monate getäuscht habe. Für die Hedgefonds ist es über einen so langen Zeitraum aber nahezu unmöglich, nachzuweisen, dass sie aufgrund von Porsches möglichen Täuschungsmanövern an der Börse gehandelt haben.
Dritte Generation
Formal scheiterte Porsches Übernahmeversuch – trotz des zwischenzeitlich so segensreichen und so heftig umstrittenen Kursanstiegs der VW-Aktie. Die Kosten waren zu hoch. Die Familien Piëch und Porsche verkauften das Auto-Geschäft von Porsche an VW. Mit dem Erlös zahlte die Holding ihre Kredite für die VW-Aktien zurück und konnte so ihren VW-Anteil von mehr als 50 Prozent behalten. Die restlichen Optionen wurden aufgelöst. Die Familien sind damit wie gewünscht Großaktionäre von VW geworden. Die VW-Aktionäre retteten Porsche – und machten die Familien Piëch und Porsche reicher als zuvor.
„Die erste Generation baut auf, die zweite erhält, meine Generation ist die dritte, die ruiniert normalerweise“, sagte Clan-Oberhaupt Ferdinand Piëch 2010 dem Publizisten Stefan Aust in die Kamera und fügte hinzu: „2008 hätten wir es fast hingebracht.“
Doch das Spiel ist ja noch nicht aus.