Neue Konzepte Wie das Autohaus der Zukunft aussieht

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Die Vertragshändler sind ein Auslaufmodell

Klar ist damit aber auch, dass der heute übliche Vertragshändler vielerorts zum Auslaufmodell wird. „Das Drehen einzelner Stellschrauben reicht nicht. Es geht um nichts weniger als die Daseinsberechtigung des Autohandels“, sagt Patrick Bendfeld, Referent beim Zentralverband des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes ZDK. Für ihn steht die Branche vor dem größten Umbruch in ihrer Geschichte. Das Internet ist nur einer der Treiber. Dazu kommen das Überangebot an Modellen sowie die immer noch schwache Nachfrage in Deutschland.

Den Händlern sind die Zigtausenden Eigenzulassungen der Hersteller ein Dorn im Auge. Durch sie schaffen die Marken den Sprung in publikumswirksame Statistiken. Aber eben diese Tageszulassungen direkt vom Hersteller fluten den Markt und verderben die Preise. So rechnet sich das Geschäft mit den Neuen für die Händler kaum noch.

Diese Automarken haben die ältesten Kunden
Platz 9Die jüngste Kundschaft hat der Automobilhersteller Mini. Im Schnitt sind seine Kunden 45,5 Jahre alt - und stehen damit trotzdem schon etwa 20 Jahre vor der Rente. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom Institut Center Automotive Research (CAR) sieht ein Hauptproblem, mit dem deutsche Hersteller zu kämpfen haben, in sogenannten taktischen Zulassungen. Diese machten 2013 rund 30 Prozent aller Neuwagenkäufe aus - ein neuer Rekord. "Wenn jüngere Menschen Neuwagen kaufen, dann immer stärker als Tageszulassungen und junge Dienstwagen", so Dudenhöffer. Quelle: AP
Platz 8Smart-Kunden sind im Schnitt jünger als 50 Jahre - der Automobilhersteller landet damit im Ranking auf dem achten Platz. Beim Kauf eines neuen Smart sind Kunden demnach 49 Jahre alt. Der Vergleich zeigt jedoch auch hier steigende Alterstendenzen, 2009 waren Smart-Kunden noch durchschnittlich 47, 3 Jahre alt. Dudenhöffer glaubt daher, nur eine größere Zuwanderungswelle könne den Automarkt in den nächsten zehn Jahren auf seinem heutigen Niveau halten. Quelle: dpa
Platz 7Immerhin jünger als der Durchschnitt aller Autokäufer (52,2 Jahre) sind die Kunden von BMW. Sie sind im Schnitt beim Kauf eines Neuwagens 51,8 Jahre alt. Zusammen mit den Marken Smart und Mini gehört BMW damit zu den "jüngsten" deutschen Automarken, doch auch hier geht der Trend in Richtung älterer Kundschaft. Ferdinand Dudenhöffer sieht das Hauptproblem der Autobauer in erster Linie in ihren Verkaufskonzepten. Die Ideen, noch mehr PS, noch mehr Hochwertigkeit und Perfektion anzubieten, gehe an potentiellen jungen Autokäufern vorbei, meint der Automarkt-Experte. Quelle: obs
Platz 6Ford-Kunden sind im Durchschnitt 52,4 Jahre alt und damit mehr als drei Jahre älter als noch 2009. Dass sich zunehmend ältere Menschen für Neuwagen interessieren, und die jüngere Kundschaft eher auf die Suche nach Gebrauchtwagen geht, erklärt sich Ferdinand Dudenhöffer so: "Die Autobauer selbst fördern den Trend, dass sich junge Menschen weniger für Neuwagen interessieren, dass die Emotion des individuellen Autos verloren geht, und dass man statt auf Emotion auf Schnäppchen schaut." Preissenkungen nähmen die Hersteller nur sehr ungern vor. Quelle: REUTERS
Platz 5Im Schnitt 52,6 Jahre alt sind Kunden beim Kauf eines Audi, so das Ergebnis der Studie. Eine große Rolle beim Kauf spiele immer auch der Preis, so ein Sprecher der Gebrauchtwagen-Plattform "Mobile.de". Die versucht das steigende Alter der Autokäufer damit zu erklären, dass jüngere Autokäufer nicht unbedingt billigere Neuwagen, sondern eher Gebrauchtwagen suchen. Audi landet im Ranking der beliebtesten Gebrauchtwagen auf dem vierten Platz. Quelle: REUTERS
Platz 4Wer sich einen Porsche kauft, ist im Schnitt 52,8 Jahre alt und auch damit noch älter als der Durchschnitt der Neuwagenkäufer. Bei Porsche stieg das Alter der Kunden seit 2009 sogar um drei Jahre, auch hier spielt der Preis eine große Rolle. Insgesamt stieg das durchschnittliche Alter von Kunden beim Neuwagenkauf im Vergleich zum Vorjahr um 0,3 Jahre, im Vergleich zum Jahr 1995 um 6,1 Jahre. Quelle: REUTERS
Platz 3Auf dem dritten Platz im Ranking landet VW. 53,1 Jahre alt sind die Kunden des deutschen Automobilherstellers im Schnitt beim Kauf ihres ersten Neuwagen. Wie schon bei Opel stieg das Alter der Kunden in den vergangenen Jahren um zwei Jahre an. Als mögliche Gründe nennt die Studie auch die demografische Entwicklung in Deutschland. Dudenhöffer betont außerdem, "mehr taktische Zulassungen, weniger Interesse am Auto in Großstädten und weniger Fahrzeugmodelle, die Lebenseinstellungen zum Ausdruck bringen" treibe das Alter der Kunden in die Höhe. Quelle: dpa

Viele Autohäuser müssen ihr Geld mit Reparaturen und Wartung verdienen, um das Neuwagengeschäft zu subventionieren. „Wenn das Service-Geschäft nicht wäre, wären 80 Prozent der Händler heute schon pleite“, sagt Willi Diez, Professor und Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) im schwäbischen Geislingen.

Doch auch dieses Standbein wackelt. Denn die Wartungsintervalle werden immer länger, die Kundenkontakte seltener und damit die Anlässe weniger, jemanden persönlich zu einem Verkaufsgespräch zu bekommen. „Am Ende wird sich der Handel völlig neu erfinden müssen“, prophezeit ZDK-Funktionär Bendfeld. Autohändler müssten zu umfassenden Mobilitätsberatern werden und neue Erlösquellen wie Carsharing erschließen.

Händler sind Marionetten der Hersteller

Noch steht dem die Konstruktion des hiesigen Autohandels im Wege. Die Krux liegt darin, dass die Händler auf dem Papier zwar selbstständige Unternehmer sind, in Wirklichkeit aber über weite Strecken wie Marionetten der Hersteller handeln müssen, die sie mit Vorgaben einengen. So geben Hersteller genau vor, wie viel Fläche der Händler zur Präsentation der Modelle zur Verfügung stellen muss oder wie die Übergabe an den Kunden abzulaufen hat.

Das schlägt direkt auf die Ausgaben für Baumaßnahmen und Personalschulung nieder. Erfüllt der Händler die Vorgaben nicht, bekommt er nicht den vollen Bonus. Und die Boni werden immer wichtiger. „Vor zehn Jahren noch betrug der Anteil der Boni an der Händlermarge von 17 Prozent zwei Prozentpunkte. Heute sind es acht Prozentpunkte“, sagt IFA-Chef Diez.

Die beliebtesten Neuwagen-Modelle 2013
SUV Nissan Qashqai Quelle: AP
Großraum-Van VW-Touran Quelle: AP
VW-Touran Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
SUV CX-5 von Mazda Quelle: dapd
Ford Fiesta Quelle: dpa
Ford Kuga Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Opel Corsa Quelle: obs

Geht es nach dem Händlerverband ZDK, braucht es ein neues Vertriebsmodell mit sogenannten Kommissionsagenten: Der Händler kauft dem Hersteller die Autos nicht mehr ab, sondern verkauft diese nur in dessen Namen. Der Hersteller gibt den Preis vor, der Händler darf selbst keine Rabatte gewähren – die Rabattschlacht hätte ein Ende.

Der Händler erhält für seine Verkaufsleistung, für die Kundenpflege und Probefahrten ein Entgelt. Der Hersteller trägt das Preisrisiko, der Händler gibt sich dafür exklusiv der einen Marke hin.

Kleine Importmarken buhlen um Händler in guten Lagen

Das könnten sich aber nur die starken Automarken leisten, meint Diez. Marken mit ein, zwei oder drei Prozent Marktanteil in Deutschland sind froh, überhaupt Händler in guten Lagen für sich zu gewinnen. In diese Kategorie fallen nach aktueller Statistik des Kraftfahrtbundesamts etwa Honda, Mazda, Kia, Citroën oder Fiat.

Das Beratungshaus PwC geht davon aus, dass bis 2020 von den aktuell 7800 Händlern in Deutschland nur 4500 übrig bleiben. Gleichzeitig wächst der Internet-Handel. Mobile.de etwa, das bei Gebrauchtwagen nahezu alle Händler im Lande und bei Neuwagen rund die Hälfte zu seinen Kunden zählt, meldet für seine Web-Site einen rasanten Anstieg der Nutzer, die Neuwagen suchen: binnen eines Jahres von 2,9 auf 4,0 Millionen.

Die Zahl der sofort verfügbaren Fahrzeuge hat sich auf 150.000 mehr als verdoppelt. Langfristig will mobile.de-Geschäftsführer Malte Krüger 30 Prozent des Umsatzes über Neuwagen erzielen.

Die bekannten Hersteller fahren aber erst einmal auf ihre neuen Erlebnis-Schuppen in prominenter Lage ab. Audi-Vertriebs- und Marketing-Chef Luca de Meo wird jedenfalls nicht müde, seine schier unglaubliche Geschichte aus der Audi-City in London zu erzählen: „Ein Herr kam herein, um nach dem Weg zum nächsten Zigarrenladen zu fragen. Er blieb zwei Stunden und ging als neuer Besitzer eines R8.“

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