Neuer VW-Aufsichtsratschef Wer ist Hans Dieter Pötsch?

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„Ein idealer zweiter Mann, aber kein Chef“

Der Job als Mann im Hintergrund scheint Pötsch zu liegen, denn seine Erfolge in Wolfsburg sind unbestreitbar – im Gegensatz zu seinem Wirken in Baden-Württemberg, wo er zuvor mit durchwachsenem Erfolg mehrere Unternehmen geleitet hatte. Er sei ein idealer zweiter Mann, aber eben kein Unternehmenschef, berichteten frühere Weggefährten aus der Zeit in Baden-Württemberg.

Von 1991 bis 1995 leitete der Österreicher die Geschäfte des Industriemaschinenherstellers Traub AG aus Reichenbach an der Fils. Ein Jahr nach Pötschs Abgang musste das Traditionsunternehmen Insolvenz anmelden. Aktionäre warfen dem Management wiederholt vor, Bilanzen geschönt zu haben – auch als Pötsch noch die Verantwortung hatte. „Trotz intensiver Bilanzkosmetik sieht Traub seit langem alt aus“, hieß es etwa bei einer Hauptversammlung. Von Pötschs Management angestoßene Übernahmen des Werkzeugmaschinenbauers Heckert Chemnitzer und der Maschinenfabrik Berthold Hermle AG hatten Traub in eine finanzielle Schieflage gebracht, Bankschulden von über 260 Millionen Mark lasteten auf dem Unternehmen.

Die Traub-Insolvenz beobachtete Pötsch aus dem rund 50 Kilometer entfernten Bietigheim-Bissingen, wo er inzwischen Vorstandsvorsitzender des Anlagenbauers und Autozulieferers Dürr war. Auch hier kaufte er kräftig zu – etwa Alstom Automation, den Darmstädter Messtechnik-Konzern Carl Schenck oder Premier Manufacturing aus den USA. Letztgenanntes Unternehmen hat Dürr 2005 wieder verkauft.

Premier und Schenck waren für sich genommen jeweils größer als Dürr. Mit den Übernahmen – die Begleiter aus dieser Zeit „zum Teil nicht zukunftsfähig“ nennen – wuchs die Dürr-Gruppe von rund 3.000 auf über 12.000 Mitarbeiter. Doch an anderer Stelle blieb das Wachstum aus: Der Aktienkurs der Dürr AG sank unter der Führung von Pötsch von umgerechnet rund 17 Euro auf unter 9 Euro – erst mit einem radikalen Kurswechsel nach dem Weggang Pötschs und auch seines Nachfolgers Stephan Rojahn konnte Dürr wieder zulegen.

Die geschäftlichen Entwicklungen von Traub und Dürr sind natürlich nicht alleine Pötsch anzulasten. Dennoch lief, wenn er eine tragende Rolle innehatte, nicht alles rund. Bleibt für die 600.000 VW-Angestellten und unzähligen Kleinaktionäre zu hoffen, dass es dieses Mal mit Hans Dieter Pötsch an der Spitze besser läuft.

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